von Peter Sommeregger
Frida Weber wird am 16.11.1890 in Krakau als Kind einer wohlhabenden jüdischen Familie geboren. Bereits mit 17 Jahren ist sie Studierende am berühmten Stern’schen Konservatorium in Berlin. Ihr Gesangslehrer ist der berühmte Tenor Nikolaus Rothmühl. 1912 schließt sie ihr Studium ab, aber bereits aus dem Jahr 1911 existieren Künstlerpostkarten von ihr.
Details über den Beginn ihrer Karriere sind nicht bekannt. Nach ihrer Heirat mit dem Sänger Alexander Flessburg ist sie hauptsächlich für Rundfunk und Schallplatte tätig, häufig im Duett mit ihrem Ehemann. In den Jahren 1928 bis 1932 entstehen zahlreiche Schallplatten, bevorzugt Operetten und populäre Schlager der Zeit, aber die Sängerin nimmt auch einige Arien aus Opern auf.
Nach 1933 endet ihre Karriere jäh, als Jüdin wird sie mit einem Auftrittsverbot belegt. In dieser Zeit scheitert ihre Ehe mit Alexander Flessburg, wann sie geschieden wird, ist nicht mehr festzustellen. Eine gemeinsame Tochter, Ruth, wird rechtzeitig in die Schweiz geschickt und entgeht so dem nationalsozialistischen Regime.
Nach Kriegsausbruch muss die Sängerin als Löterin in einem Rüstungsbetrieb arbeiten. Alexander Flessburg stirbt 1942, mit nur 59 Jahren. Wie weit Frida Weber zumindest zeitweise durch die Ehe mit ihm geschützt war, ist nicht mehr festzustellen. Bis Ende 1942 kann Frida Weber noch unter eingeschränkten Bedingungen in Berlin leben. In der Nacht vom 18. zum 19. Januar 1943 wird sie, mit anderen Hausbewohnern, von der Gestapo aus ihrer Wohnung in der Hektorstraße 3 abgeholt. Am 29. Januar wird sie mit dem 27. Osttransport ins Lager Auschwitz deportiert und wohl nach ihrer Ankunft ermordet.
Die Tochter, Ruth Flessburg, kehrt nach Kriegsende nach Deutschland zurück. Es bedarf langer und komplizierter Nachforschungen, bis sie Gewissheit über das Schicksal ihrer Mutter erhält. Vermögen und Besitztümer waren ohnehin von den Behörden eingezogen worden.
Am 8. Mai 2012, also fast 70 Jahre nach ihrer Deportation, wird ein Stolperstein zum Gedenken an die Sängerin vor ihrem Wohnhaus in der Hektorstraße verlegt, gestiftet wird er von der Frida-Leider-Gesellschaft.
Parallel dazu wird nach Aufnahmen der Sängerin gesucht, eine Auswahl ihrer zahlreichen Aufnahmen auf Schellackplatten wird für eine CD-Produktion restauriert. Diese erscheint auf dem Label der Frida-Leider-Gesellschaft, und ist bis heute lieferbar. Sie macht die technisch gut gebildete Stimme der Sängerin wieder erlebbar. Die Opernsängerin kann Frida Weber selbst beim Singen von Schlagern nicht verleugnen, selten hat man diese leichte Musik technisch so vollendet gehört.
Stolperstein und CD sind als Tribut an ihre Kunst, aber auch als Mahmal für ihr grausames Schicksal gedacht.
Peter Sommeregger, 15. Mai 2024, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at
Sommereggers Klassikwelt (c) erscheint jeden Mittwoch.
Der gebürtige Wiener Peter Sommeregger (Jahrgang 1946) besuchte das Humanistische Gymnasium. Er wuchs im 9. Gemeindebezirk auf, ganz in der Nähe von Franz Schuberts Geburtshaus. Schon vor der Einschulung verzauberte ihn an der Wiener Staatsoper Mozarts „Zauberflöte“ und Webers „Freischütz“ – die Oper wurde die Liebe seines Lebens. Mit 19 Jahren zog der gelernte Buchhändler nach München, auch dort wieder Oper, Konzert und wieder Oper. Peter kennt alle wichtigen Spielstätten wie die in Paris, Madrid, Verona, Wien und die New Yorker Met. Er hat alles singen und dirigieren gehört, was Rang und Namen hatte und hat – von Maria Callas und Herbert von Karajan bis zu Riccardo Muti und Anna Netrebko. Seit 26 Jahren lebt Peter in Berlin-Weißensee – in der deutschen Hauptstadt gibt es ja gleich drei Opernhäuser, die er auch kritisch rezensiert: u.a. für das Magazin ORPHEUS – Oper und mehr. Buchveröffentlichungen: „‘Wir Künstler sind andere Naturen’. Das Leben der Sächsischen Hofopernsängerin Margarethe Siems“ und „Die drei Leben der Jetty Treffz – der ersten Frau des Walzerkönigs“. Peter ist seit 2018 Autor bei klassik-begeistert.de.