von Peter Sommeregger
Nach dem frühen, tragischen Tod des Tenors Fritz Wunderlich 1966 war die Musikwelt auf der Suche nach einem Sänger, der diesen Ausnahmekünstler hätte ersetzen können. Es dauerte viele Jahre, bis wieder ein lyrischer Tenor heranwuchs, der an Schönheit des Timbres und technischer Brillanz an Wunderlich heranreichte.
Der 1960 in Darmstadt geborene Uwe Heilmann, ausgebildet in der Laubacher Knabenkantorei, schwankte anfangs noch zwischen einer Karriere als Profi-Fußballer und einer musikalischen Laufbahn. Nach der Entscheidung für Letzteres hatte er bereits mit 21 Jahren erste, aushilfsweise Auftritte am Landestheater Detmold, immerhin in Rollen wie Tamino und Don Ottavio. Der Dirigent Wolfgang Gönnewein verpflichtete ihn 1985 an das Stuttgarter Opernhaus, wo er zuerst in kleineren Rollen auftrat, dann aber als Tamino seinen Durchbruch erlebte.
In der zweiten Hälfte der 1980er Jahre entwickelte sich seine Karriere rasant, Gastspiele führten ihn nach München, zur Wiener Staatsoper und zu den Salzburger Festspielen. Gefragt war er vor allem mit seinen Mozart-Partien Tamino, Belmonte und Don Ottavio. Als Belmonte trat er 1990 auch an der Metropolitan Opera New York auf. Bei den Ludwigsburger Festspielen war er als Max in Webers „Freischütz“ zu erleben, davon existiert auch ein Video. Auch als Konzert- und Liedersänger machte er sich schnell einen Namen. Ich erinnere mich noch gut an einen „Messias“ in der Mozart-Bearbeitung in München, Ende der 1980er-Jahre.
Zu diesem Zeitpunkt wurde er bereits für zahlreiche Plattenaufnahmen eingesetzt. Seine Mozart-Partien nahm er mit Georg Solti (Tamino), Christopher Hogwood (Belmonte, Titus) und den Ottavio mit Barenboim und Abbado auf. Seine hinreißende Interpretation von Schuberts „Schöner Müllerin“ spielte er mit James Levine am Flügel ein. Seine vielleicht beste Aufnahme sind die „Great Sacred Arias“, unter niemand Geringerem als Peter Schreier mit dem Gewandhausorchester Leipzig aufgenommen. Hier kann Heilmann alle Register seiner technisch hervorragend gebildeten Stimme ziehen und verbreitet eine Stunde lang betörenden Wohlklang. Es verwundert nicht, dass diese CD antiquarisch zu hohen Preisen gehandelt wird.
Mitte der Neunzigerjahre brach eine unerwartete Katastrophe über den Sänger herein: nicht operable Missbildungen an den Stimmbändern zwangen Heilmann, seine Karriere aufzugeben. Es ist kaum zu ermessen, wie schwer das einen Künstler treffen muss, der den Gesang zu seinem Lebensinhalt gemacht hat, und der auf dem Höhepunkt einer internationalen Karriere steht.
Uwe Heilmann hat diese Sinnkrise nicht nur bewältigt, er hat für sich einen neuen Weg gefunden, weiter mit Musik leben zu können, indem er in der Heimat seiner Ehefrau, der japanischen Sopranistin Tomoko Nakamura, die er im Stuttgarter Ensemble kennenlernte, als Chorleiter und Gesangspädagoge tätig ist. An der Internationalen University of Kagoshima hat er eine erfolgreiche Lehrtätigkeit entwickelt, die ihm nach eigener Aussage tiefe Befriedigung verschafft. Seine Schüler sängen nun gleichsam an seiner Stelle, sie dahin geführt zu haben, tröstet über den Verlust der eigenen Stimme.
Heilmanns zahlreiche Einspielungen sind teilweise noch heute in den Katalogen zu finden, jedem Freund klassischen Gesangs seien sie ans Herz gelegt. In den bald 25 Jahren, seit denen Heilmanns Stimme verstummt ist, habe ich keinen Mozart-Tenor erlebt, der an ihn heranreichen würde. Am 7. September konnte er seinen 60. Geburtstag feiern. Dazu sei ihm mit aller Herzlichkeit gratuliert!
Peter Sommeregger, 8. September 2020, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at
Lieber Peter,
es freut mich, dass wenigstens sich irgendwer medial an Uwe Heilmann erinnert. Ich habe ihn oft bei Aufnahmesitzungen in Wien erlebt und mich mit ihm sehr nett unterhalten. Schade, was mit seiner Stimme passiert ist.
Auch ich habe immer wieder gesagt, dass er ein legitimer Wunderlich-Nachfolger ist.
Schade um ihn als Sänger!
Aber die Tondokumente erinnern immer an seine tatsächliche Größe.
Herbert Hiess
Hier ist Uwe Heilmann aus Kagoshima. Ich freue mich sehr, dass noch jemand an mich denkt. Vielen Dank an euch. Damals dachte ich nicht, dass mein Singen besonders war, aber wenn ich heute mit diesem Abstand die Aufnahmen höre, freue ich mich doch sehr und denke nun „nicht schlecht, war ich das wirklich?“ Arigato an euch, sayonara Uwe
Lieber Herr Heilmann,
es freut mich sehr, dass Sie der Artikel erreicht hat. Für mich sind Sie nach Wunderlich der bedeutendste lyrische Tenor, ihre Aufnahmen sind ein Muss für jeden Melomanen!
Herzliche Grüße nach Japan.
Peter Sommeregger
Hallo Uwe,
absolut einzigartig, was Du da als Tenor geleistet hast, ich habe davon erst vor einigen Jahren via Internet erfahren und mir sofort 2 CD’s gekauft, die ich natürlich x-mal gehört habe. Grandios. Sehr schade, dass deine Sängerkarriere nicht länger gedauert hat. Aber sie war großartig. Aus Frankfurt grüßt Dich dein alter Freund und Sangeskollege bei der Laubacher Kantorei
Stephan „Schnief“ Schulz
Hallo Uwe,
hier ist Günter Litzner, Dein Schulkamerad! Erik Fischer und ich planen ein Klassentreffen! Wir wollten vor 2 Jahren schon ein Treffen planen, ist aber wegen der Pandemie ausgefallen! Wie ich sehe bist in Japan zuhause! Melde Dich mal ob Du Interesse hast an einem Treffen!? Freue mich sehr von Dir zu hören oder zu lesen.
Beste Grüße Günter
hallo manta,
ich erinnere mich noch wie wir in laubach am sportplatz zusammen standen,
und du mich fragtest klaus zehnkämpfer, fussballer oder sänger
du hast dich für den richtigen weg entschieden
klaus bartsch
Lieber Uwe
Einen herzlichen Gruß von einem alten Laubacher Schul- und Musikfreund. Deine Aufnahmen sind wirklich sehr berührend.
Liebe Grüße von Klaus Kamlah
Mich freut das auch! Lustige Koinzidenz: Kürzlich schrieb mir ein ehemaliger Schüler von Uwe Heilmann, André Fritzemeier, der mir interessante Dokumente über ihn zuspielte und mich wissen ließ, dass Heilmann wiederum Meister-Schüler von Elisabeth Schwarzkopf war. Wusste ich gar nicht.
Kirsten Liese
Natürlich erinnern wir uns an Dich. Auch Helmut Wildhaber – selbst tenoraler Kammersänger – schwärmt heute noch immer von Dir. Und Gottseidank wurde viel von der DECCA festgehalten; angefangen vom Tamino über Jaquino bis hin zu Monsieur Vogelsang. Konnte das meiste live hören bei den Aufnahmen – jedes Mal eine Freude zu hören.
Herbert Hiess
Lieber Uwe Heilmann,
hier grüsst Sie der jetzt 95-jährige ehemalige Lehrer Ulrich Kammer aus Laubach. Ich bedauere immer noch, Sie im Sommer 2014 nicht getroffen zu haben, als Sie nach Ihrem Kurs in Bredelar in die Laubacher Kirche kamen. Vielleicht gelingt es mir, Sie doch noch zu treffen, wenn Sie wieder einen Sommerkurs in Deutschland leiten.
Ihre Studio-Aufführungen von Haydns Schöpfung und Bachs Weihnachtsoratorium habe ich mit Bewunderung gesehen und gehört. Großartig, mit welchem musikalischen und stimmlichen Niveau auch Ihre studentischen Solisten auftreten!
Herzliche Grüsse aus Laubach von Ulrich Kammer
Lieber Herr Dr. Kammer,
wie schön, dass sich inzwischen auch frühere Weggefährten von Uwe Heilmann zu Wort melden! Ich hoffe, Herr Heilmann besucht die Seite wieder einmal und liest Ihren schönen Kommentar!
Beste Grüße
Peter Sommeregger
An Uwe Heilmann:
Hallo Uwe,
Hier dein Cousin Wolfgang Günther aus Darmstadt. Bin auf dieses Forum aus Zufall gestoßen, als ich über dich recherchiert habe.
Falls du diese Zeilen liest, melde dich doch mal. Wir hätten uns wohl viel zu erzählen. Kannst mich auf der Emailadresse
erreichen.
Wolfgang Günther
Grossartige Interpretation von Orfeo in der Aufnahme mit Cecilia Bartoli. Welche wunderbare Stimme, mit der sie so unendlich viele Emotionen ausdrückt. Wir sind begeistert und danken Ihnen, lieber Herr Heilmann.
Ulrich Troehler
Hab’ ihn 1989 in Stuttgart im Freischütz gehört. Gibt ein interessantes Portrait von ihm beim SWR und einen tollen „Feuerreiter“ in der Meisterklasse von Elisabeth Schwarzkopf.
Hartmut Funke