Max Emanuel Cenčić. Foto: Lukasz Rajchert
Wenn man heute die beständig wachsende Barockmusik-Szene, speziell die der Barock-Oper näher betrachtet, so kommt man an einem Namen nicht vorbei: Max Emanuel Cenčić.
von Peter Sommeregger
Der in Zagreb geborene, inzwischen längst als Wiener eingebürgerte Sohn eines Musiker-Ehepaares war schon vom Elternhaus her für eine musikalische Laufbahn programmiert. Ersten Gesangsunterricht erhielt er von seiner Mutter und trat mit sechs Jahren in einer Fernsehshow mit der Arie der Königin der Nacht auf. Mit zehn Jahren wurde er Mitglied der berühmten Wiener Sängerknaben, wobei er bereits solistische Aufgaben übernahm. Georg Solti wählte ihn als ersten Knaben in seiner Zauberflöten-Einspielung von 1991. Aufgrund seiner speziellen Ausbildung konnte er auch nach seinem Stimmbruch weiterhin als Knaben-Sopran und Mezzosopran ein entsprechendes Repertoire singen.
Ab dem Jahr 2001 trat er als Countertenor sowohl in Konzerten als auch in Barockopern auf. An zahlreichen Opernhäusern machte er mit seiner agilen Stimme von großem Umfang Furore und entwickelte sich schnell zu einem Star der barocken Szene. Zahlreiche CD-Einspielungen von kompletten Opern aber auch Konzertprogramme mit Kompositionen verschiedener barocker Komponisten trugen zu Cenčićs wachsender Popularität bei.
Seit einigen Jahren ist er als künstlerischer Leiter der Produktionsfirma „Parnassus Arts Productions“ tätig, wo er seine Kreativität im Aufspüren vergessener Werke und Förderung junger Sänger einsetzen kann. Aus dem Sänger Cenčić ist längst ein innovativer Mentor der Barockszene geworden, ohne dass seine stimmliche Potenz darunter gelitten hätte.
Es darf nicht verwundern, dass sich Barockopern immer größerer Beliebtheit erfreuen. Über die letzten Jahrzehnte hat sich eine neue Kultur der Countertenöre entwickelt, die fast nahtlos die seinerzeitige Tradition der Kastraten übernommen hat. Schlanke, agile Stimmen machen heute wieder Aufführungen von Werken möglich, die von Sängern der Werke Wagners, Verdis oder Puccinis nicht befriedigend gesungen werden könnten. Die barocke Szene hat sich sozusagen ihren eigenen Stil und das nötige Personal zurückgeholt.
Vermehrt tritt Cenčić auch als Regisseur auf: Der bisher spektakulärste Coup gelang ihm mit der ersten Saison des Festivals Bayreuth Baroque, als er im Corona-Sommer 2020 allen Widerständen zum Trotz Aufführungen der Oper „Carlo il Calvo“ von Nicola Porpora zustande brachte. In seiner witzig originellen Regie tummelte sich die Crème junger Countertenöre und Sopranistinnen und machte diese unbegreiflicherweise Jahrhunderte lang vergessene Oper zum Ereignis der Saison. Dass Cenčić dafür aktuell den Ehrenpreis der Deutschen Schallplattenkritik erhielt, ist eine längst fällige Anerkennung für seine unermüdliche Kreativität.
Bayreuth Baroque geht in die zweite Saison, auf das Programm darf man gespannt sein, ebenso auf bereits angekündigte Produktionen in Paris und Saaremaa. Gespannt darf man auch auf den geplanten Mitschnitt des „Carlo il Calvo“ sein, der für diesen Sommer vorgesehen ist.
Auch an dieser Stelle herzlichen Glückwunsch an Max Emanuel Cenčić und alle guten Wünsche für die Weiterentwicklung von „Bayreuth Baroque“!
Peter Sommeregger, 30. März 2021, für
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Der gebürtige Wiener Peter Sommeregger (Jahrgang 1946) besuchte das Humanistische Gymnasium. Er wuchs im 9. Gemeindebezirk auf, ganz in der Nähe von Franz Schuberts Geburtshaus. Schon vor der Einschulung verzauberte ihn an der Wiener Staatsoper Mozarts „Zauberflöte“ und Webers „Freischütz“ – die Oper wurde die Liebe seines Lebens. Mit 19 Jahren zog der gelernte Buchhändler nach München, auch dort wieder Oper, Konzert und wieder Oper. Peter kennt alle wichtigen Spielstätten wie die in Paris, Barcelona, Madrid, Verona, Wien und die New Yorker Met. Er hat alles singen und dirigieren gehört, was Rang und Namen hatte und hat – von Maria Callas und Herbert von Karajan bis zu Riccardo Muti und Anna Netrebko. Seit 26 Jahren lebt Peter in Berlin-Weißensee – in der deutschen Hauptstadt gibt es ja gleich drei Opernhäuser, die er auch kritisch rezensiert: u.a. für das Magazin ORPHEUS – Oper und mehr. Buchveröffentlichungen: „‘Wir Künstler sind andere Naturen’. Das Leben der Sächsischen Hofopernsängerin Margarethe Siems“ und „Die drei Leben der Jetty Treffz – der ersten Frau des Walzerkönigs“. Peter ist seit 2018 Autor bei klassik-begeistert.de.
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