Elbphilharmonie: Maestro Mariss Jansons begeistert zum 75. Geburtstag mit Strauss

Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks, Mariss Jansons, Elbphilharmonie, Hamburg

Foto: Dittus (c)
Elbphilharmonie Hamburg
, 13. Januar 2018
Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks
Mariss Jansons, Dirigent
Richard Strauss, Also sprach Zarathustra / Tondichtung frei nach Friedrich Nietzsche op. 30
Sergej Prokofjew, Sinfonie Nr. 5 B-Dur op. 100
Zugabe: Peter I. Tschaikowsky, Panorama aus: Dornröschen / Ballett op. 66

von Sebastian Koik

Da geht die Sonne auf, da lacht das Herz! Wenn ein Konzert schon nach wenigen Sekunden Gänsehaut beim Zuhörer auslöst und ihn überwältigt, dann ist es gut möglich, dass gerade Also sprach Zarathustra von Richard Strauss ertönt. Und wenn die Musik einen vom ersten Ton an so kraftvoll packt, dann steckt da wohl ein Spitzenorchester dahinter. So eines ist das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks, das den Ruf des besten Rundfunkorchesters der Welt hat!

Das Orchester arbeitet seit seiner Gründung im Jahre 1949 durch Eugen Jochum ununterbrochen mit sehr hochklassigen Chefdirigenten zusammen. Auf Jochum folgten Rafael Kubelik, Sir Colin Davis, Lorin Maazel … und seit 2003 Mariss Jansons. Weitere wichtige heutige Partner des Orchesters sind Riccardo Muti, Bernard Haitink, Sir Simon Rattle, Esa-Pekka Salonen, Andris Nelsons und Yannick Nézet-Séguin.

Das Arbeitsspektrum des Orchesters ist groß, von sehr viel Neuer Musik über Klassik bis hin zu Alter Musik, einem Bereich, in dem die Musiker regelmäßig mit Experten der historischen Aufführungspraxis wie Sir John Eliot Gardiner, Giovanni Antonini und Thomas Hengelbrock zusammenarbeiten.

Kurzum: Seit ihrer Gründung vor knapp siebzig Jahren musiziert dieses Orchester mit den allerbesten Leuten am Pult zusammen. Und das hört man!

Das Wunderbarste an der Musik ist ihre absolute Gegenwart. Sie ist im Moment, und nur der Moment zählt. Beim aufmerksamen Hören von guter Musik gibt es keine Vergangenheit und keine Zukunft.

Doch um diese Momente zu kreieren ist Vergangenheit notwendig. So braucht jeder Instrumentalist neben Talent viele tausende Übungsstunden, um Meisterschaft zu erlangen. Und bei einem großen und hochkomplexen Klangkörper wie einem Symphonieorchester verhilft die gemeinsame Vergangenheit mit großen Meistern zu reifem Klang und Klasse.

Und diesen reifen Klang, diese Klasse zeigt das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks in Also sprach Zarathustra in Vollendung.

Alles, was die große und abwechslungsreiche Komposition ihnen abverlangt, zeigen die Musiker in Perfektion und vollendeter Schönheit. Die große Besetzung spielt herrlich knackig, frisch, zärtlich, dramatisch und mit faszinierender musikalischer Spannung. Jedes einzelne Rädchen des hochkomplexen Klangkörper-Uhrwerks Symphonieorchester arbeitet für sich genommen exzellent – und das Ineinandergreifen der vielen, vielen Einzelteile wird zum Wunder.

Die riesige Streicherbesetzung klingt großartig, das Blech und die Holzbläser begeistern mit Präzision und Schönheit. Der Konzertmeister spielt auf seiner Geige groß auf. Das ist ganz groß. Die Gäste aus dem Süden der Republik lassen hier nichts zu wünschen übrig.

Selbiges gilt für den ersten Satz aus Sergej Prokofjews 5. Sinfonie nach der Pause. Die Musiker überzeugen mit Schärfe, Biss, Dramatik und einem gewaltigen, ja monströsen Satzfinale. Vor allem die Dringlichkeit in der Musik begeistert.

Doch ab dem zweiten Satz lässt das Orchester nach, Der Klangkörper ist nicht mehr ganz im Fluss, spielt unrunder. Im dritten und vierten Satz gibt es Licht und Schatten. Streckenweise bekommt man das Gefühl, dass die Musiker das Stück nicht wirklich durchgängig schätzen. Beim Strauss-Stück zuvor war Begeisterung und Liebe für die Musik zu sehen, zu spüren, zu hören. Bei der Prokofjew-Sinfonie hingegen scheint das Orchester seine Lieblingsstellen zu haben, in denen es glänzt, und bei dem Rest fehlen dann die entscheidenden Prozent an Hingabe und Präsenz, um auf hohem Niveau voll zu überzeugen.

Beim großen Finale zum Schluss sind die Musiker wieder voll da und brillieren. Hier hat die Musik dann auch Kraft, reißt mit, während zuvor immer mal Spannung und Präzision fehlten und das Werk ein wenig zu belanglos erklang.

Der Applaus zum Schluss ist dann zwar auch lang, aber nicht wirklich besonders intensiv und begeistert. Es ist ein nur durchschnittlicher Elbphilharmonie-Applaus. Bei ihrem ersten Besuch in Hamburgs neuem Musiktempel am 20. Mai 2017 war der Applaus sehr viel lauter und größer, mit Bravo-Rufen und Jubel.

Dass das Orchester zu allergrößter Klasse fähig ist, bewies es im ersten Teil mit dem Zarathustra und über weiteste Strecken bei ihrem ersten Besuch. Man wünschte sich, dass Maestro Jansons sich ein anderes zweites Stück als „Geburtstagsständchen“ ausgesucht hätte.

Mariss Jansons feierte an diesem Abend in Hamburg in seinen 75. Geburtstag am 14. Januar hinein. Möge er in Gesundheit sehr alt werden und Hamburg noch häufig besuchen.

Sebastian Koik, 14. Januar 2018,
für klassik-begeistert.de

Foto: Daniel Dittus

Ein Gedanke zu „Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks, Mariss Jansons, Elbphilharmonie, Hamburg“

  1. Sehr guter Bericht! Auch wir hatten den Eindruck, dass die die 5. Sinfonie von Prokofjew nach der Pause deutlich gegenüber der Strauss-Tondichtung im ersten Teil abfiel. Besser hätte u. E. die 1. Sinfonie von Prokofjew gepasst oder die Veranstalter hätten „Zarathustra“ nach der Pause bringen müssen. Ansonsten ein tolles Orchester, beeindruckend ist besonders der Dirigent Mariss Jansons.
    Maria und Rüdiger Schmidt

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