Eine Coverversion kann eine Hommage sein, eine aufregende Neuinterpretation – oder eigene Ideenlosigkeit kaschieren. Manchmal möchte ein Musiker auch einfach seine Virtuosität beweisen, sein Ego streicheln, aus einer Schublade ausbrechen oder sich eine neue Zielgruppe erschließen. Wenn sich Klassik und Rock begegnen, kann das Ergebnis faszinieren – oder grausen.
von Gabriele Lange
Als ich die erste Coverversion eines klassischen Stücks hörte, war ich neun oder zehn Jahre alt und konnte sofort mitsingen. Oft genug lief Miguel Rios‘ pathetischer „Song of Joy“ ja im Radio und im Fernsehen. Dass die Melodie eigentlich von einem Herrn namens Beethoven stammte, wurde gelegentlich in der Anmoderation erzählt. Die Neunte stand dann bald neben Adamo und Alexandra im Plattenregal meiner Eltern. Einige Jahre später war ich alt genug, um mir Kubricks „Clockwork Orange“ anzusehen. Darin gab es nicht nur eine „klassische“ Einspielung der Sinfonie zu hören, sondern auch die brutal effektive Synthesizer-Version von Wendy Carlos. (Auch Purcells „Music for the Funeral of Queen Mary“ wurde hier übrigens faszinierend neu interpretiert.) Der teuflisch begabte Ritchie Blackmore von Deep Purple nahm sich noch mehr Freiheiten mit Beethovens Motiv und entwickelt daraus mal eben ein Gitarrensolo (ab Min 3:00). Nach einem Purple-Konzert war ich übrigens einige Tage lang fast so taub wie Beethoven. Aber das ist ein anderes Thema. „Frau Lange hört zu (14): Nicht immer „A Song of Joy“ …“ weiterlesen