„The Art of Jakub Józef Orliński“: der Abend mit diesem polnischen Ausnahmesänger möge keine Ende nehmen

The Art of Jakub Józef Orliński, Michał Biel, Klavier  Staatsoper Hamburg, Großes Haus, 29. April 2024

https://www.jakubjozeforlinski.com/

Zugabe! Zugabe! Zugabe! Möchte man auch jetzt rufen. Das Erlebnis dieses Abends sollte bestenfalls immer weitergehen.  Also, schnell nach Hause, die Anlage angeschmissen und weiter hineingetaucht – zumindest digital – in die Welt, die Musik, die wunderschönen Legatobögen des Stimmwunders Jakub Józef Orliński.

The Art of Jakub Józef Orliński
Michał Biel – Klavier

Staatsoper Hamburg, Großes Haus, 29. April 2024

von Iris Röckrath

Große Spannung ist zu spüren schon vor Beginn des Liederabends in den Foyers der ausverkauften Staatsoper. Das bunt gemischte Publikum, quer durch alle Gesellschaftsschichten, wartet gespannt auf „seinen Star“.

Anscheinend trifft der 1990 geborene Opus-Klassik-Preis-Gewinner 2023 durch seine Präsenz auch im Internet genau den Nerv der Zeit. Er soll mehrere Hunderttausend Social Media-Follower haben. Allein seine spezielle Version des Cold Song von Purcell wurde auf YouTube über 2 Mio. Mal geklickt. Er singt dieses Stück nicht, sondern er „performt“ es mit einem Zittern in der Stimme, dass es einem beim Zuhören fröstelt.

Auf der ansonsten leeren Staatsopernbühne laden zwei riesige Blumengestecke in frühlingshaften Farben ein, sich auf den Abend einzustimmen. Mittig steht ein Flügel und im Hintergrund prangt in großen Lettern auf tiefblauem Vorhang der Titel des Abends „The Art of Jakub Józef Orliński“.

Leichten Schrittes, gut gelaunt und charmant lächelnd erscheinen die Protagonisten des Abends und werden vom Riesenjubel des Publikums empfangen. Auf dem Programm stehen u.a. Lieder aus Orlińskis Heimat. Mit der Auswahl der ‚Songs‘, die von Liebe, Sehnsucht, Trauer, Melancholie und Hoffnung erzählen, möchte der gebürtige Warschauer aufmerksam machen auf Lieder von weitgehend unbekannten polnischen Komponisten, die ursprünglich gar nicht für Countertenorstimmen geschrieben wurden. Ein Ausflug in 4 Stücke aus Henry Purcells Kompositionen (inclusive des Cold Song) rundet das Programm ab.

Nach dem ersten Stück aus dem Spätbarock begrüßt Orliński das Publikum mit einem lockeren „Hallo, wie geht’s?“, um dann ins Englische zu wechseln. Die Zuhörer und Zuhörerinnen danken ihm für jedes Augenzwinkern, dass er ihnen zuwirft,  für jede (auch die kleinste) körperliche Geste mit Jubel. Es liegt eine knisternde Spannung im Saal. Und Orliński spielt damit, er scheint es zu lieben, er ist auf eine unaufdringliche, nette Art DER charming Boy des Abends  und dass er Barock Groovy findet, wie anlässlich der Preisverleihung des OPUS gesagt, das spürt das Publikum mit jedem Ton.

Orlińskis Stimme verfügt über einen einzigartigen Klang. Er führt sie instrumental mit Leichtigkeit, er kann Pianissimotöne langsam anschwellen lassen, auf einem Ton stehen lassen und wieder zum Piano zurückgehen und damit Gänsehautmomente erzeugen. Er verfügt über eine fundierte Tiefe und über eine strahlende runde satte Höhe und alles klingt irgendwie spielerisch und ganz selbstverständlich und leicht. Koloraturen sind ein Kinderspiel für ihn. Es ist einfach eine große Freude, diesem fantastischen Sänger und seinem einfühlsamen virtuosen Liedbegleiter am Klavier zuzuhören und zuzusehen.

Semele, 2023, J. J. Orlinski © M. Rittershaus

Nach dem Hallelujah von Georg Friedrich Händel gibt es kein Halten mehr auf den Sitzen. Ein Jubelsturm bricht auf die beiden Künstler los. Das begeisterte Publikum der Staatsoper erklatscht sich noch 4 Zugaben inklusive einem Rückwärtsradschlag. Diesen Abend werden alle, die ihn erleben durften, noch sehr lange in Erinnerung behalten.

Am Ende der Aufführung konnte man sich die neueste CD-Einspielung im Foyer kaufen und auch signieren lassen.

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