Bericht von den Trompeten- und Hornworkshops beim 72. Festival junger Künstler Bayreuth
Bild: Das Blechbläserensemble des Festivals junger Künstler Bayreuth beim Konzert in Speinshart unter der Leitung von Professor Otto Sauter. Foto: Thomas Janovsky ©
von Jolanta Łada-Zielke
Das 72. Festival junger Künstler Bayreuth ist der Ort, wo das musikalische junge Herz der Stadt schlägt. In diesem Jahr kamen zu der größten Probebühne der Jugend der Welt 400 junge Künstler aus über 20 Nationen. Aufgrund der zahlreichen Flugausfälle konnten nicht alle kommen, die es wollten. Diejenigen, die es schafften, nahmen an 13 Workshops, 7 Diskussionen und Vorträgen sowie 60 Konzerten und anderen Kulturevents teil.
Unter den Dozenten gastierten in Bayreuth diese weltberühmten Musiker: der Trompeter Professor Otto Sauter sowie Hornist und Dirigent Professor Dariusz Mikulski von der Musikhochschule Lodz. Die beiden leiteten Meisterkurse sowohl für einzelne Studenten als auch für ein Blechbläserensemble. Neben dem Unterricht versuchten die Dozenten, den Jugendlichen Richard Wagner, sein Leben und Werk näher zu bringen.
Professor Otto Sauter war hier zum ersten Mal, und die Atmosphäre des Festivals hat ihm sehr gut gefallen. Er ist dafür bekannt, dass er die Proben seines Ensembles um sechs, oder manchmal sogar um fünf Uhr morgens beginnt. Der Grund dafür sind seine Gewohnheiten während seiner Ausbildung. „Als ich in Paris meinen ersten Unterricht hatte, wohnte ich in Saint Denis“, so Professor Sauter. „Wir haben um 23 Uhr aufgehört, und mein Professor sagte: Wir fangen morgen früh um acht an, und du bereitest diese und diese Etüde sowie dieses Konzert vor. „Herr Professor, ich fahre zwei Stunden zu meinem Wohnort!“ antwortete ich. „Was willst du?“, fragte er. „Du hast die ganze Nacht!“ Erst später hat er mir erklärt, dass das nur ein Test war. Auch meine Studenten sind zunächst überrascht, wenn ich sie für fünf Uhr morgens zum Unterricht rufe. Aber ich selbst schlafe nur drei Stunden pro Tag und fange jeden Tag um zwei Uhr oder halb drei an.“
Ein solch früher Anfang verlängert die Übungszeit. Ich fragte Professor Sauter, ob es bei so wenig Schlaf wirklich gut funktioniert. „Das Trompete-Spielen ist wie ein Hochleistungssport, sagt Professor Sauter. „Beim Klavier-Spielen muss man die Tasten drücken. Wenn man das nur beim Trompetenspiel macht, kommt nichts heraus. Das ist unser Körper, der jeden Ton erzeugt. Man muss den Atem, die Lippen, die Zunge kontrollieren. Ich brauche vier Stunden der Aufwärmung, um in der Lage zu sein, die Literatur einwandfrei einzustudieren“.
Als Solist spielt Professor Sauter fast nur Barockmusik. Er verfügt über eine große Sammlung von rund eintausend Werken aus dem Barock und der Frühklassik, die man seit ihren Uraufführungen nie aufgeführt hat. Er komponiert ebenfalls für Trompete. Während des letzten Musikfestivals in Danzig, wohin er auf Einladung des Intendanten des Baltic Philharmonic Orchestra Roman Perucki kam, hat er zwei seiner eigenen Werke präsentiert.
Die Teilnehmer des Workshops bereiteten Stücke für unterschiedliche Besetzung der Blechbläserinstrumente vor, unter anderem mit Beteiligung der polnischen Mezzosopranistin Aleksandra Gudzio, Absolventin der Musikhochschule in Poznan. Die Sängerin trug zwei Arien aus Händels Opern vor: „Lascia ch’io pianga“ und „Desterò dall’empia Dite“ aus der Oper „Amadigi di Gaula“. „Die menschliche Stimme hat wegen des gemeinsamen Atemsystems am meisten mit Blasinstrumenten zu tun“, sagt Aleksandra. „Auch hier arbeiten das Zwerchfell, die Zwischenrippenmuskulatur und die gesamte Bauchkompression. Bei einem Workshop konnte ich als Sängerin Professoren beim Unterrichten von Blasinstrumenten unterstützen und jungen Menschen zeigen, wie man an der Atmung arbeiten soll.“
Professor Dariusz Mikulski ist seit langem mit dieser Veranstaltung verbunden. „Ich war das erste Mal vor 29 Jahren als Student beim „Festival junger Künstler Bayreuth“, als es noch „Internationales Jugend-Festspieltreffen“ hieß. Seitdem hat mein Leben eine solche Kurve gemacht, dass ich als Hornprofessor hierher zurückgekehrt bin und die Workshops leite. Ich schätze die Zusammenarbeit mit Professor Otto Sauter und der World-Brass-Association. Wir führen das ganze Jahr viele Kurse durch, derzeit die Sommerakademie der World-Brass-Association, eine Woche davon in Bayreuth. Dieses Jahr haben wir eine gemischte Gruppe von zehn StudentInnen, aber ich bin mir sicher, dass es in den kommenden Jahren mehr werden. Auch wenn wir uns noch nicht von der Corona-Pandemie erholt haben, ist es wichtig, junge Menschen wieder für den persönlichen Kontakt mit Musik zu öffnen. Ich sehe bei meinen Studenten, wie viele psychische Probleme sie nach all diesen Lockdowns haben, als sie eingesperrt waren und nur virtuellen Kontakt mit der Realität hatten. Dies war gar nicht gesund. Hier arbeiten wir zusammen, ohne Sprachbarrieren und politische Vorurteile, sondern mit der Offenheit füreinander. All dies ist eine unglaubliche Lektion des wirklichen Lebens. Ein wirkliches Leben ist keine Theorie, sondern mit- und füreinander zu sein“.
Der Workshop endete mit einem Konzert „Festliche Bläserklänge“, dessen Programm neben Werken von Bach, Händel, Telemann, Mozart auch die Kompositionen von Alessandro Marcello, Ennio Morricone und zwei Stücke ukrainischer Musik umfasste: „Mutterlied“ von Ihor Poklad und eine traditionelle Volksmelodie.
Beim Festival junger Künstler Bayreuth pulsiert nicht nur das junge musikalische Herz der Hauptstadt Oberfrankens. Hier bekommen junge Leute frischen Atem und Kraft für das ganze nächste Jahr.
Jolanta Łada-Zielke, 27. August 2022, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at
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