Nationaltheater, München, 5. November 2024
Vladimir Jurowski © Wilfried Hösl
Beim 1. Akademiekonzert des Bayerischen Staatsorchesters in der neuen Spielzeit kombinierte GMD Vladimir Jurowski Beethovens 9. Symphonie mit Arnold Schönbergs 7-minütiger Kantate „A Survivor from Warsaw“ – eine zunächst befremdlich wirkende Kombination des Höhepunkts der Klassik mit Zwölftonmusik des 20 Jahrhunderts. Macht dies Sinn?
Arnold Schönberg: A Survivor from Warsaw, op. 46
Ludwig van Beethoven: Symphonie Nr. 9 d-moll, op. 125
Solisten: Hanna-Elisabeth Müller (Sopran) , Emily Sierra (Alt), Daniel Behle (Tenor), Christoph Fischesser (Bass).
von Dr. Peter Hampe
Ja, die Kombination von Schönbergs Kantate (Ein Überlebender aus Warschau) mit Beethovens 9. Symphonie macht durchaus Sinn. Beethovens Schlusschor mit Schillers „Ode an die Freude“ appelliert an die menschliche Vernunft, formuliert die Hoffnung auf weltweite Brüderlichkeit und globalen Frieden. Dass dies leider nur utopischen Charakter hat, zeigen die Ereignisse der Weltkriege und nicht zuletzt des Holocaust, schließlich auch die aktuellen Konflikte. Vor diesem Hintergrund demonstriert Schönbergs Kantate statt Utopie die brutale Wirklichkeit. Derselbe Kontrast liegt im Musikalischen der beiden Werke.
Die Idee Jurowskis, am Ende der Kantate, wenn ein Männerchor das bewegende hebräische „Schma Israel“ anstimmt, sofort den Streichereinsatz der Symphonie anzuschließen, wirkte auf beklemmende Weise passend. Ansonsten ist die Kantate nicht nur wegen ihrer Kürze musikalisch eher dürftig, zumal im Zentrum eine Art Sprechgesang steht, der das Leiden im Warschauer Ghetto thematisiert.
Nun zur musikalischen Seite von Beethovens Opus magnum, das ja in diesem Jahr seinen 200. Geburtstag feiert und deshalb vielfach aufgeführt wird: Jurowski hat das Werk ausgesprochen filigran und durchsichtig musizieren lassen. So habe ich vor allem noch nie so klar hören können, wie das Hauptthema des 1. Satzes von allen Instrumentengruppen nacheinander aufgegriffen und weiterverarbeitet wird. Großes Lob vor allem den Holzbläsern. Insgesamt hat das Orchester seinen hervorragenden Ruf erneut bestätigt, auch in den weiteren Sätzen.
Das große Chorfinale hat mich weniger „begeistert“. Die präzise, aber kühle Sachlichkeit Jurowskis hat dem emotionalen Charakter des Finales wenig Raum gegeben. Das mitreißende Pathos, das Lenny Bernsteins Dirigate auszeichnete, fehlte, zumal auch das Solistenensemble nicht wirklich homogen klang.
Das Publikum zollte reichlichen, aber auch nicht überschwänglichen Beifall.
Hatte.genau.den.gegenteiligen.Eindruck.beim.Schönberg—:Operation.gelungen-Patient.tot!!-nämlich.das.Riesenmonster.der.Neunten.erschlug.den.armen.Schönberg.bereits.nach.den.ersten.Takten.rettungslos—wie.unfair!!Dh.aber.die.ganze.Konstruktion-Schönberg-contra-HyperMenschheitsPathos.Beeth.erwies.sich.als.ein.Gedankenphänomen—welches.übrigens.der.Sphäre.von.Thomas.Manns“DoktorFaustus“und.Berater.Adorno.entsprungen.ist–es.geht.darin.um.das.Ungeschehenmachen.dieser.Neunten-ihrer-‚De-komposition’quasi-womit.sich.der“deutscheTonsetzer“Adrian.Leverkühn.dort.herumschlägt–übrigens.ist.die.Musik.Schönbergs.hier.keineswegs.dürftig–man.überzeuge.sich.bei.Boulez’und.Bruno.Madernas.Aufführugen(aufCD)—
Ich.saß.in.der.sechsten.Reihe.Parkett.links—und.habe.nichts-aber.auch.gar.nichts.von.den.gepriesenen:Meriten.gehört:weder.der.Jurowskis–noch.vor.allem.des.Orchesters,welches.ich.hier.als.weitgehend.inkompetent.empfand.für.eine.wirklich.adäquate.Durchdringung.der.komplexen.und.immer.wieder.mehrfach.in.sichverschränkten.Klänge-und-Klangebenen.des.hier.auch.ohne.das.Finale.sehrsehrgroßen.Beethoven—
Dr. Thomas Hölscher