Jurowski und Gerstein entführen zu musikalischen Höhenflügen

RSO Berlin, Vladimir Jurowski, Kirill Gerstein, Klavier  Wolkenturm, Grafenegg, 27. August 2023 

Vladimir Jurowski © HH

Wolkenturm, Grafenegg, 27. August 2023

Kurt Weill: „Kleine Dreigroschenmusik“ für Blasorchester, Klavier und Schlagwerk

Thomas Adès: Konzert für Klavier und Orchester

Sergej Rachmaninow: Symphonie Nr. 3 a-moll op.44

Kirill Gerstein, Klavier

Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin
Dirigent: Vladimir Jurowski

von Herbert Hiess

Das war ein interessantes Konzert! Ein Berliner Orchester, das offiziell eigentlich nicht zu den Spitzenorchestern zählt, bewies in Grafenegg, dass es sehr wohl zu Spitzenleistungen fähig ist. Das ist mit dem gegenwärtigen Chef Vladimir Jurowski auch nicht verwunderlich.

Jurowski, der zu Recht ein äußerst hohes Ansehen in der Musikbranche genießt, bewies dank seiner äußerst präzisen Schlagtechnik und seines musikalischen Empfindens, wie man Werke des 20. Jahrhunderts auf phänomenale Weise einem breiteren Publikum zugängig machen kann.

Vor der Pause spielte man aus der fast schon ur-berlinerischen „Dreigroschenoper“ von Weill (Theaterstück von Bertolt Brecht) für Blasorchester, Schlagzeug und Klavier, das hier schon von Kirill Gerstein gespielt wurde – da wurden alle „Hadern“ (Anm.: Dialektbezeichnung für musikalische Evergreens) phantastisch vorgespielt – nicht nur „Mackie Messer“); die ausgezeichnete Bläserformation (vor allem Saxophone, Trompeten, Posaunen) machten aus der „Kleinen Dreigroschenmusik“ schon ein Fest.

Danach kam das Klavierkonzert des 1970 geborenen britischen Komponisten Thomas Adès, das sehr erfreuliche Perspektiven lieferte. Zeitgenössische Musik muss nicht nur atonal und formlos klingen; hier bewies der Komponist, dass man auch heute noch durchaus anhörbar und verständliche Werke schreiben kann.

Manchmal wie Rachmaninow, dann wieder wie Ravel und Kurt Weill selbst – das Werk war spannend bis zum Schluss. Auch instrumentatorisch großartig; im zweiten Satz „andante gravemente“ war die Kombination Klavier im Pianissimo gemeinsam mit den Gongs denkwürdig.

Kirill Gerstein würzte sowohl Weill als auch Adès mit seiner exzellenten Virtuosität; auch wenn nicht so einprägsam wie zwei Tage zuvor Daniil Trifonov – Gerstein ist ein exzellenter Künstler. Offenbar wegen des Hauptwerkes von Rachmaninow bedankte der Pianist sich mit der Zugabe schon in Vorschau zum Hauptwerk mit einem kurzen Werk von Rachmaninow.

Nach der Pause die groß angelegte, sowohl zeitlich als auch von der Orchesterbesetzung, Symphonie Nr. 3 in a-moll. Melodienmäßig nicht so einprägsam wie seine zweite Symphonie präsentiert das Werk eher immer recht kurze Abschnitte, die sich vor allem von der Stimmung her unterscheiden. Unterschiedliche Melodien und Dynamiken; hier ist der Dirigent gefordert, aus diesen Einzelteilen wie bei einem Puzzle ein großes Bild zu formen.

Dank des hervorragenden Orchesters ist das Jurowski ganz exzellent gelungen. Für den Riesenapplaus bekam das Publikum noch das von Henry Wood orchestrierte Prélude in cis-moll von Rachmaninow serviert, das für einen gewaltigen Abschluss sorgte.

Herbert Hiess, 28. August 2023, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

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