Drei Damen für Vitellia: Am rosafarbenen Schal erkennt man die Sängerin der Vitellia

Wolfgang Amadeus Mozart, La clemenza di Tito  Luxemburg, Philharmonie, 30. November 2022

Foto: Jean-Nico Schambourg

Seit einigen Jahren ist Cecilia Bartoli regelmäßiger Gast der Philharmonie in Luxemburg, sei es mit Solokonzerten, sei es mit konzertanten Opernaufführungen. Dieses Jahr gastierte sie mit Mozarts “La clemenza di Tito”, wo sie als Sesto auftrat neben dem Tenor John Osborn in der Titelrolle. Dabei spielte ein rosafarbener Schaal eine wichtige Rolle in einer nicht alltäglichen konzertanten Aufführung.

 

Wolfgang Amadeus Mozart
La clemenza di Tito
Opera seria in zwei Akten

Gianluca Capuano, Dirigent
Les Musiciens du Prince-Monaco
Il Canto di Orfeo

Tito  John Osborn
Sesto Cecilia Bartoli
Vitellia Cecilia Bartoli / Mélissa Petit / Lea Desandre
Servilia Mélissa Petit
Annio Lea Desandre
Publio  Peter Kálmán

Luxemburg, Philharmonie, 30. November 2022


von Jean-Nico Schambourg

Als der Direktor der Philharmonie vor dem Konzert mit Mikrofon und großem rosafarbenem Schaal  die Bühne betritt, geht ein Raunen durch den Saal. Er beruhigt das Publikum gleich mit der Ansage, es würde nicht Cecilia Bartoli betreffen. Die Absage des Abends betrifft “nur” die Sängerin der Vitellia. Da es der Philharmonie nicht möglich war sehr kurzfristig eine Einspringerin zu finden, haben die drei anderen Sängerinnen vorgeschlagen, sich die Rolle der Vitellia zu teilen und abwechselnd die Partie zu singen. Als Erkennungszeichen der Vitellia gilt dabei der rosafarbene Schal. So wird dieser im Laufe des Abends zwischen den drei Damen herumgereicht, je nach Bedarf der musikalischen Zusammensetzung der Szene.

Star des Abends ist natürlich Cecilia Bartoli. Wenn auch die Opern von Mozart ihr weniger Möglichkeiten hergeben, ihr sonores Gurgeln vorzuführen als Barock- oder Rossini-Opern, so erstaunt ihre perfekte Gesangstechnik gepaart mit ihrem außergewöhnlichen Sinn für   Interpretation ein ums andere Mal den Zuhörer. Sie engagiert sich stimmlich und körperlich voll in der Rolle des mordenden Freundes und weiß dessen Zerrissenheit zwischen seiner Liebe zu Vitellia und der Freundschaft zu Tito, sowie die Verzweiflung nach seiner, allerdings nicht erfolgreichen, abscheulichen Tat, voller Emotionen auszudrücken.

Diese Gefühle bringt sie besonders schön hervor in ihrer Arie “Parto, parto, ma tu ben mio”,  zusammen im Dialog mit dem Instrumentalisten auf seiner historischen Klarinette. Und dazwischen schlüpft sie den ganzen Abend abwechselnd ja auch noch in die Rolle der von Sesto geliebten Vitellia, deren Rondo im zweiten Akt (“Non più di fiori”), im Zusammenspiel diesmal mit dem Bassett-Horn, einen weiteren Höhepunkt des Abends darstellt.

Cecilia Bartoli © Kristian Schuller

Die Rolle des Tito ist mit John Osborn mit einem weiteren Belcanto-Spezialisten besetzt. Seine klangvolle Tenorstimme mit dem glänzenden Timbre sowie den leuchtenden hohen Tönen verleiht der Rolle des Caesars eine imposante Erscheinung. Mit seiner kraftvollen Stimme verkörpert er mehr den Herrscher von Rom als den Freund von Sesto, welcher ihn ermorden wollte und den er dafür zum Tode verurteilen müsste. Genau wie Cecilia Bartoli zeigt Osborn, dass die Opern von Mozart den genialen Übergang von Barock zum Belcanto darstellen. Deshalb bedarf es bei auch Mozart den stimmlichen Klangqualitäten, die beim Belcanto von den Sängern erwartet werden.

(Ausschnitt aus dem Konzert am 28. November an der Oper von Lüttich)

Umgeben sind diese beiden erfahrenen Sänger von zwei (in Abwesenheit der dritten vorgesehenen Sopranistin für die Rolle der Vitellia) jungen französischen Nachwuchssängerinnen: der Sopranistin Mélissa Petit und dem Mezzosopran Lea Desandre. Auch sie übernehmen, neben ihrem vorgesehenen Part, auch Teile der Rolle der Vitellia und tun dies mit Bravour. Mélissa Petit, die als Servilia eigentlich nur die 2. Sopranrolle singt, nutzt die Möglichkeit, die ihr die zusätzlichen Arien und Szenen der Vitellia geben, um mit guter Projektion ihre klare, feste Sopranstimme vorzuführen. In der Rolle des Servilia zeichnet sie eine liebende, aber selbstbewusste junge Frau, die sich nicht scheut Tito entgegenzutreten.

Lea Desandre besticht, sowohl als Annio als auch als Vitellia, durch die Eleganz ihrer Diktion und durch den weichen Klang ihres Mezzosoprans, womit sie vor allem die Aufrichtigkeit und Treue des Annio sehr schön hervorhebt.

Als Publio zeigt Peter Kálmán seinen kraftvollen Bass-Bariton, der auch einen Schuss Komik nicht vermissen läßt.

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Das Orchester “Les Musiciens du Prince-Monaco”, 2016 gegründet nach einer Idee von Cecilia Bartoli zusammen mit Jean-Louis Grinda, Direktor der Oper von Monte-Carlo, spielt auf historischen Instrumenten, was der Musik von Mozart einen raueren, aber nicht zu lauten Klang verleiht, der dieser Oper sehr gut bekommt. Auch werden die Sänger in dem großen Saal der Philharmonie nie von ihnen überdeckt. Das ist auch das Verdienst des Dirigenten Gianluca Capuano, der mit fester Hand, Energie und Verve das Orchester, dessen Chefdirigent er seit 2019 ist, leitet. Der Chor “Il Canto di Orfeo” besticht in seinen Einlagen durch die Ausgewogenheit der Stimmlagen und den daraus entstehenden homogenen Chorklang.

Nach Standing Ovations vom begeisterten Publikum, stimmen die Künstler nochmals als Zugabe den Schlusschor an.

Jean-Nico Schambourg, 1. Dezember 2022, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

Mozart, La clemenza di Tito, Royal Opera Covent Garden, London, 19. Mai 2021

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