Richard Wagner versendet Weihnachtsgrüße

Buchbesprechung: „Lass Dir recht viel zu Weihnachten bescheren! Richard Wagners Weihnachten“  klassik-begeistert.de, 1. Dezember 2022

„Lass Dir recht viel zu Weihnachten bescheren!“

Richard Wagners Weihnachten
Mit 51 Briefen und einem Weihnachtslied von Richard Wagner
sowie etlichen Tagebucheinträgen von Cosima Wagner

Herausgegeben von Frank Piontek
2018 Verlag Breuer & Sohn, Bayreuth
ISBN-13: 978-3-00-061751-5


von Jolanta Łada-Zielke

Dr. Frank Piontek haben wir dieses interessante und sympathische Buch zu verdanken, dessen Inhalt aus 51 weihnachtlichen Briefen von Richard Wagner in dem Zeitraum 1834-1882 sowie den entsprechenden Auszügen aus Cosima Wagners Tagebücher besteht. Der Titel dieser Auswahl ist ein Zitat aus Wagners Brief an Eduard Avenarius vom 23. Dezember 1845.

Dr. Frank Piontek, Foto: privat

Bereits auf dem Umschlag sieht man eine rätselhafte Schrift auf Notenlinien, deren Erklärung auf Seite 100 zu finden ist. Richard Wagner schrieb nämlich ein nettes kleines Weihnachtslied, das sowohl seine leiblichen als auch seine Stiefkinder zu Weihnachten 1877 zusammen sangen.

Aus den Seiten dieses kleinen Buches spricht eine echte Weihnachtsstimmung, allerdings nicht von Anfang an. Der Komponist war auch an Feiertagen sehr beschäftigt. Deshalb berichtet er in einigen Briefen über den Fortgang der Arbeiten an seinen Werken, von den Bemühungen, sie aufzuführen oder im Druck zu veröffentlichen. Er empfiehlt seine Mitarbeiter oder bittet um finanzielle Unterstützung. In der letzten Zeile taucht üblicherweise ein flüchtiger Weihnachtsgruß auf.

Nur die Passagen aus Cosimas Tagebüchern zeigen die festliche Atmosphäre des Heiligen Abends und der ersten Weihnachtstage bei den Wagners. Wie wir wissen, erfuhr Richard bei seiner zweiten Frau ein echtes Zuhause, ohne seinen Lebensstil ändern zu müssen. Am 25. Dezember war Cosimas Geburtstag und Richard bereitete jedes Jahr für sie, manchmal zusammen mit den Kindern, eine poetisch-musikalische Überraschung vor. Solche Geschenke waren das „Siegfried Idyll“ (1870) und ein Lied über Cosima, ein Wortspiel mit ihrem Vornamen – „Kosen + Mai“ (1873). Für ihren schönsten Geburtstag hielt sie jedoch den 25. Dezember 1874, an dem Richard die „Götterdämmerung“ vollendete. Diese Frau hat tatsächlich sein Leben gelebt.

Andere für Wagner wichtige Frauen erscheinen ebenfalls in seinen Weihnachtsbriefen, entweder als Adressatinnen oder erwähnte Personen. Mathilde Wesendonck ist nicht unter ihnen. Es gibt Minna Planner, Wagners Schwester Cäcilie Avenarius, seine Mäzenin Julie Ritter, ihre Tochter Emilie und Cosima – noch als Madame von Bülow. Dank Wagners Korrespondenz ist auch der Name seiner Näherin und Putzfrau Bertha Goldwag, bei der er Satinkleidung bestellte, in die Geschichte eingegangen. Sehr leidenschaftlich klingt der Ton des Schreibers an Judith Gautier, in die sich Wagner 1876 verliebte.  Der Komponist richtet mehrere weihnachtliche Briefe an seine Haushälterin in Tribschen, Verena Stocker, genannt Vreneli, die auch seine Geliebte war. Sie brachte vermutlich zumindest eines seiner Kinder zur Welt, es war also nett von ihm, dass er zur Weihnachtszeit an sie dachte.

Der Komponist schrieb ebenfalls an König Ludwig II, Friedrich Nietzsche, Hans von Bülow, an den Schriftsteller Theodor Apel, an die Verleger Raymund Härtel und Eduard Avenarius sowie an andere Komponisten: Louis Spohr, Franz Liszt, Theodor Uhlig, Ferdinand David und Karl Tausig.

Besondere Weihnachtsgrüße gingen von ihm an den Konzertagenten Eduard Hartenfels und die Sänger Albert Niemann und Georg Unger und auch Isaak Rubinstein. Sollte ein Name dem Leser unbekannt sein, wird auf die Erläuterungen und Quellennachweise von Dr. Piontek am Ende der Publikation verwiesen. Der Autor hat die ursprüngliche Schreibweise von Wagner beibehalten, wie beispielweise die kleingeschriebenen Substantive in einem Brief an Franz Liszt.

Es gibt nur eine einzige Abbildung in dem Buch: eine Reproduktion des Gemäldes „Die Heilige Familie“ von Paul von Joukowsky. Die Figuren auf dem Gemälde stellen die Mitglieder der Familie Wagner dar.

Wir haben also die Gelegenheit, eine schöne und bewegende Ergänzung zur Biografie Richard Wagners in die Hände zu bekommen. In seinem Weihnachtslied nennt Wagner das Jesuskind nicht nur Erlöser, sondern auch Erfreuer. Möge dieses Weihnachtsfest uns allen viel Freude bringen – vor allem denjenigen, die dieses Buch geschenkt erhalten!

Jolanta Łada-Zielke, 1. Dezember 2022, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

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