Schweitzers Klassikwelt 73: „Dort sind die Berge weit, die Menschen wohnen eng beisammen“

Schweitzers Klassikwelt 73: „Dort sind die Berge weit, die Menschen wohnen eng beisammen“  klassik-begeistert.de 18. Oktober 2022

von Lothar und Sylvia Schweitzer

Dumpfe Häuser, tagtäglich Zank und Streit, das gibt der Hirt Nando seinem Kollegen Pedro zu bedenken, dem die Stelle eines Müllers im Tal drunten angeboten wird. Nach seinen Erfahrungen im Tiefland, das der Oper Eugen d’Alberts ihren Namen gibt, wird er wieder in die Berge ziehen.

In Janáčeks „Jenůfa“ erhält der erste Akt den Titel „Landschaft mit Mühle“. Das Mühlenrad steht auch hier als eher negatives Symbol, in diesem Fall für Fremdbestimmung und Unbarmherzigkeit.

Auf der Suche nach der Bedeutung von Ortsnamen im Trientiner Gebiet sind wir auf ein Buch gestoßen, das bereits gegen Ende des neunzehnten Jahrhunderts gefährlich nationalistische Tendenzen beinhaltet. Da werden die Siedler der Einschichthöfe als die tapferen Nachfahren der Goten beschrieben, während die Dorfgemeinschaften romanischen Ursprungs als furchtsames Aneinanderdrängen interpretiert werden.

Wir sind die uns bekannten Opern durchgegangen, ein großzügiges, befreiend wirkendes Bergszenarium haben wir außer dem Vorspiel zu „Tiefland“ nicht gefunden. In „Carmen“ handelt zwar der dritte Akt mit dem Lager der Schmuggler im Gebirge, es wird jedoch als genauer Ort „Felsenschlucht“ angegeben, sowie „dunkel und trüb“ angefügt.

Im „Freischütz“ steht der Wald im Vordergrund und der Jägerbursche Max steigt in eine Wolfsschlucht herab.

„Der Freischütz“ Bühne Baden, Herbst 2017, Ausstattung Manfred Waba, Video Andreas Ivancsics, Foto: Christian Husar

Übrigens ist auch in Smetanas „Der Kuss“ der Wald der Ort des Unheimlichen und es stellt sich dort die Frage des Gewissens.

In Schönbergs „Moses und Aron“ wird bloß die Ebene vor dem Berg der Offenbarung als Szenarium angegeben, wobei der Berg als Herabkunft Gottes umwölkt gezeigt werden müsste.

Es bleibt die Frage, ob man sich den Walkürenfelsen / Brünnhildenfelsen im Hochgebirge jenseits der Baumgrenze vorstellen soll. Viele Inszenierungen, die wir kennen, lassen das offen. Zu abstrakt sind die Bühnenkonstruktionen oder zu dunkel die Lichtregie.

Günther Schneider-Siemssen „Die Walküre“, Osterfestspiele 1967, Foto: Hannes Auer

Wir beschließen unsere Recherchen mit dem Brünnhildenfelsen aus dem „Papiertheater Multum in Parvo“ (Viel in Kleinem) in Mering (D), der kleinsten Oper der Welt. Sie sehen die Nachbildung der ersten Pariser Aufführung der „Götterdämmerung“ im Jahr 1908 und zwar des Vorspiels:

„Götterdämmerung“ Vorspiel, Nachbildung der ersten Pariser Aufführung

Wer uns unbekannte freie Hochgebirgslandschaften in Opern kennt, ist eingeladen dieses Essay zu ergänzen.

Lothar und Sylvia Schweitzer, 18. Oktober 2022, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

Schweitzers Klassikwelt (c) erscheint jeden zweiten Dienstag.

Lothar und Sylvia Schweitzer

Lothar Schweitzer ist Apotheker im Ruhestand. Gemeinsam mit seiner Frau Sylvia schreibt er seit 2019 für klassik-begeistert.de: „Wir wohnen im 18. Wiener Gemeindebezirk  im ehemaligen Vorort Weinhaus. Sylvia ist am 12. September 1946 und ich am 9. April 1943 geboren. Sylvia hörte schon als Kind mit Freude ihrem sehr musikalischen Vater beim Klavierspiel zu und besuchte mit ihren Eltern die nahe gelegene Volksoper. Im Zuge ihrer Schauspielausbildung statierte sie in der Wiener Staatsoper und erhielt auch Gesangsunterricht (Mezzosopran). Aus familiären Rücksichten konnte sie leider einen ihr angebotenen Fixvertrag am Volkstheater nicht annehmen und übernahm später das Musikinstrumentengeschäft ihres Vaters. Ich war von Beruf Apotheker und wurde durch Crossover zum Opernnarren. Als nur für Schlager Interessierter bekam ich zu Weihnachten 1957 endlich einen Plattenspieler und auch eine Single meines Lieblingsliedes „Granada“ mit einem mir nichts sagenden Interpreten. Die Stimme fesselte mich. Am ersten Werktag nach den Feiertagen besuchte ich schon am Vormittag ein Schallplattengeschäft, um von dem Sänger Mario Lanza mehr zu hören, und kehrte mit einer LP mit Opernarien nach Hause zurück.“

Schweitzers Klassikwelt 72: Die Oper und ihr Bühnenbild klassik-begeistert.de 4. Oktober 2022

Schweitzers Klassikwelt 71: Musik für Kinder klingt heute anders als in unsrer Kindheit Klassik-begeistert.de, 20. September 2022

Schweitzers Klassikwelt 70: Herzlich willkommen an der Wiener Staatsoper!

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