Roberto Alagna in der Hamburgischen Staatsoper, 12. November 2021
Foto: Roberto Alagna, © wikipedia.de
Von der einstmals glanzvollen, berückenden Stimme Alagnas waren an diesem Abend allenfalls noch Reste vorhanden. Gleichwohl, der Mehrheit des Publikums hat es, gemessen am Zwischen- und Schlussbeifall, gefallen.
von Dr. Ralf Wegner
Die Vorstellung war nur schwach besucht. Das mag auch an dem Titel der Aufführung gelegen haben: The Art of Roberto Alagna. Manch einer dachte wohl, der Tenor hätte sich mittlerweile der bildenden Kunst verschrieben und würde seine malerischen Werke vorstellen. Dem war nicht so. Zuletzt hatten wir Alagna vor drei Jahren gehört, als er um Manricos hohes C rang, unterstützt von einem gnädigen Pariser Publikum. An diesem Abend hatte sich der 58 Jahre alte Sänger ein umfangreiches, ambitioniertes Arienprogramm ausgesucht, allerdings ohne entsprechend exponierte Höhen. Es begann mit Barockmusik (Pergolesi, Arie des Ascanio) und endete nach einigen Arien aus dem romantischen Repertoire mit einer Komposition seines Bruders David Alagna.
Der Anfang war erschreckend, Alagnas Stimme klang brüchig, ohne Glanz oder Schmelz, eng, zuweilen blechern in der Höhe und mit tonlosen, kaum wahrnehmbaren Piani. Unschön gerieten Händels Ombra mai fu und Glucks Arie des Orfeo Che farò senza Euridice. Mit wenig Wohlklang gestaltete Alagna Mozarts Arie des Ferrando Un’aura amorosa. Auch das eher lyrische Ach so fromm aus Flotows „Martha“ war nicht schön anzuhören.
Besser wurde es mit dem romantischen Repertoire, so war das Kuda, kuda aus Tschaikowskys „Eugen Onegin“ zumindest anhörbar, bei den mit mehr Druck gesungenen Arien aus Wagners „Lohengrin“ (Mein lieber Schwan) und Verdis „Otello“ (Niun mi tema) hatte Alagna das obere Brustregister mit lang und laut gehaltener Stimme besser im Griff, aber auch hier fehlten Glanz und Stimmschmelz. Etwas davon zeigte der Tenor bei seiner zweiten Zugabe, einem französischen Stück, da brach etwas spezifischer Klang durch, mit dem auch Emotionalität transportiert wurde. Beim französischen Repertoire (Grétry, Méhul, Alfano) klang die Stimme besser, auch wegen der genaueren Verständlichkeit als bei den deutsch vorgetragenen Arien. Als Zugaben präsentierte Alagna noch In fernem Land aus „Lohengrin“ sowie am Schluss zur Begeisterung des Publikums ’O sole mio.
Fazit: Von der einstmals glanzvollen, berückenden Stimme Alagnas waren an diesem Abend allenfalls noch Reste vorhanden. Ein Vergleich mit der auf YouTube eingestellten Puccini-Arie Che gelida manina aus dem Jahre 1995 lässt einen ob der jetzigen stimmlichen Verfassung des Startenors erschüttert zurück.
Gleichwohl, der Mehrheit des Publikums hat es, gemessen am Schlussbeifall, gefallen.
Noch eine Anmerkung, Alagna und die ihn begleitende Pianistin Morgane Fauchois-Prado traten in Abendgarderobe auf, der Intendant, der einige einführende Worte unter Erwähnung eines der Vorgänger Alagnas an diesem Ort namens Pavarotti sprach, im Freizeitlook. Die Klavierbegleitung klang nach der Pause besser. Das lag aber offensichtlich nicht an Fauchois-Prado, sondern an einem verstimmten Flügel. Zumindest war während der Pause ein offenbar eilig herbeigerufener Klavierstimmer damit beschäftigt, der Pianistin ein besseres Instrument für ihr Spiel zur Verfügung zu stellen. Warum nicht vorher?
Dr. Ralf Wegner, 13. November 2021, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at