Die SAMSTAG-PRESSE – 4. DEZEMBER 2021

Die SAMSTAG-PRESSE – 4. DEZEMBER 2021

Pretty Yende (c) Gregor Hohenberg Sony Entertainment 

Für Sie und Euch in den Zeitungen gefunden:
Die SAMSTAG-PRESSE – 4. DEZEMBER 2021

Pretty Yende verzaubert Hamburg… es gibt noch Karten für drei Aufführungen!
So come on, folks: Schaut Euch diese „La Traviata“ an… So etwas Feines gibt es nicht jeden Tag in der Freien und Hansestadt Hamburg.
Von Andreas Schmidt
Klassik-begeistert.at

Konzertgänger in Berlin“
Hörstörung (29): Eine Jacke nervt beim Quatuor Ebène
„Lust, meine Jacke auszuziehen und sie in hohem Bogen in das Gestrüpp zu werfen“, empfindet der Erzähler in Wilhelm Genazinos Ein Regenschirm für diesen Tag: weil das Wort Gestrüpp „die Gesamtmerkwürdigkeit des Lebens“ ausdrücke. Seine Konzertjacke hängt ein Herr im Kammermusiksaal der Berliner Philharmonie (bei einem der vermutlich letzten Konzerte, das vor der Niederkunft des nächsten Lockdowns noch stattfindet, einem Streichquartettabend des formidablen Quatuor Ebène) über die Holzplatte, die im Mittelknick von Block A zwischen linker und rechter Seite steht. Und bevor noch Joseph Haydns Streichquartett D-Dur Hob. III:34 beginnt, fragt er das auf der anderen Seite des Mittelknicks sitzende Paar, ob seine abgeworfene Jacke dort es störe?
https://hundert11.net/hoerstoerung29/

Daniels-Anti-Klassiker_40_Richard Strauss
Höchste Zeit sich als Musikliebhaber einmal neu mit der eigenen CD-Sammlung oder der Streaming-Playlist auseinanderzusetzen. Dabei begegnen einem nicht nur neue oder alte Lieblinge. Einige der so genannten „Klassiker“ kriegt man so oft zu hören, dass sie zu nerven beginnen. Andere haben völlig zu Unrecht den Ruf eines „Meisterwerks“. Es sind natürlich nicht minderwertige Werke, von denen man so übersättigt wird. Diese teilweise sarkastische, teilweise brutal ehrliche Anti-Serie ist jenen Werken gewidmet, die aus Sicht unseres Autors zu viel Beachtung erhalten.
Klassik-begeistert.de

Berlin
Was passiert mit dem Theater des Westens?
Der aktuelle Untermietervertrag mit Stage Entertainment läuft zum Herbst 2022 aus. Noch ist unklar, wie es danach weitergehen könnte.
Tagesspiegel.de

Die Stille über den Trümmern
Der Dirigent Teodor Currentzis bringt mit Schostakowitschs Vierter Symphonie den Orchesterapparat in der Philharmonie zum Beben.
Tagesspiegel.de

Konzert der Berliner Philharmoniker
Semyon Bychkov dirigiert Mahlers Vierte und ein neues Werk von Thomas Larcher (Podcast)
rbb-online.de

Uraufführung in der Neuköllner Oper „DER MANN DER SICH BEETHOVEN NANNTE“ (Podcast)
rbb.online.de

München
Barrierefreiheit im Konzertsaal
Es gibt noch viel zu tun
BR.Klassik.de

Frankfurt
Bühnen in Not
Hilferufe aus der Kultur: Der Frankfurter Opernintendant sieht sein Haus in Gefahr und schreibt einen Brandbrief an den hessischen Ministerpräsidenten, sein Schauspiel-Kollege schließt für fünf Tage.
Frankfurter Allgemeine

Deutschland
Kulturbranche nach Corona-Beschlüssen uneins
Vergleichsweise verschont blieb die Kulturbranche von den neuen Corona-Beschlüssen der Bund-Länder-Runde. Theater- oder Konzertbesuche sind weiterhin möglich, allerdings nicht im großen Rahmen.
Frankfurter Rundschau.de

Rising Stars 20: Vivi Vassileva, Perkussion
Die Entwicklung und Karriere vielversprechender NachwuchskünstlerInnen übt eine unvergleichliche Faszination aus. Es lohnt sich dabei zu sein, wenn herausragende Talente die Leiter Stufe um Stufe hochsteigen, sich weiterentwickeln und ihr Publikum immer wieder von neuem mit Sternstunden überraschen. Wir stellen Ihnen bei Klassik-begeistert jeden zweiten Donnerstag diese Rising Stars vor: junge SängerInnen, DirigentInnen und MusikerInnen mit sehr großen Begabungen, außergewöhnlichem Potenzial und ganz viel Herzblut sowie Charisma.
Klassik-begeistert.de

Britische Komponistin Hannah Kendall erhält Hindemith-Preis 2022
Der Preis ist mit Mit 20.000 Euro dotiert
DerStandard.at

Was Elina Garanča dem Opernnachwuchs rät (Bezahlartikel)
Der Opernstar über ihr Projekt „Zukunftsstimmen“ und die harte Realität im internationalen Klassikbetrieb (Von Susanne Zobl).
Kurier.at

Wien
Ein Theaterfest für das Kaiserhaus: Antoni Cestis „Il pomo d’oro“
Die opulente Oper für Kaiserin Margarita bestand aus fünf Akten und dauerte ganze acht Stunden
Der Standard.at

Barcelona
Benjamin Bernheim in Barcelona: ein opulenter, düsterer Rigoletto
euronews.com

Sachbuch
Kent Nagano: Lernen von den Besten
Wie erwirbt man Haltung? Der 70-jährige Dirigent erzählt in seinem neuen Buch von prägenden Begegnungen.
WienerZeitung.at

Links zu englischsprachigen Artikeln

New York
Met confirms Tosca upheaval
The Metropolitan Opera, which never tells the whole truth if it can get away with half, confirmed overnight that the Russian bass-baritone Evgeny Nikitin has been replaced as Scarpia in Tosca by George Gagnidze. The show opens on Thursday.
https://slippedisc.com/2021/12/met-confirms-it-has-replaced-tosca-star/

Pesaro
Italian job for Juan Diego Florez
The Peruvian tenor, 48, has been named artistic director of the Rossini Opera Festival at Pesaro.
https://slippedisc.com/2021/12/italian-job-for-juan-diego-florez/

Bergamo
Donizetti Opera Festival 2021 Review: Medea in Corinto
Carmela Remigio Gives An Outstanding Performance in Francesco Micheli’s Dramatic Reading
https://operawire.com/donizetti-opera-festival-2021-review-medea-in-corinto/

London
Magical music-making from Padmore and Biss at Milton Court
operatoday.com

New York
VIDEOS: Get A First Look At Met Opera’s TOSCA
Yannick Nézet-Séguin and Carlo Rizzi share conducting duties for TOSCA.
broadwayworld.com

Q & A: Conductor Daniela Candillari Discusses Her Met Debut
Conducting “Eurydice’ and Her Approach to Score Study
operawire.com

Sydney
Opera review: Platée, Pinchgut Opera
An effervescent concoction designed to bemuse as much as to delight.
artshub.com.au

The after party you can’t miss: Pinchgut’s Platée
bachtrack.com

Feuilleton
Criticism on Fridays: Femicide As a Norm?
How Modern Artists (& Audiences) Struggle With the Imposed Stories Of Cruelty In Classical Operas
https://operawire.com/criticism-on-fridays-femicide-as-a-norm/

Recordings
Death and Transfiguration: Kenneth Hamilton Plays Liszt review – liberating and refreshing
TheGuardian.com

Bruce Liu: Chopin Piano Competition 2021 — pearly clarity
In a DG Records release, the Canadian pianist brings a spontaneity that makes his performances feel constantly alive
https://www.ft.com/content/475e2c26-a664-4f17-982c-ed13c1eedd93

Sprechtheater

Wien/ Theater in der Josefstadt
Josefstadt bekommt 2,75 Millionen Zuschuß
„Einmalig Entschuldungsmaßnahme“ beschlossen.
WienerZeitung.at

Ausstellungen/ Kunst

Konzeptkünstler Lawrence Weiner (79) verstorben
Der legendäre US-Konzeptkünstler Lawrence Weiner ist tot. Der gebürtige New Yorker verstarb am Donnerstag im Alter von 79 Jahren. Die Bindungen des US-Amerikaners an Österreich waren eng, er war auch in der Bundeshauptstadt aktiv. 1991 gestaltete er den Flakturm im Wiener Esterhazypark um.
https://www.krone.at/2571685

Auktion aus Karl Lagerfelds persönlicher Sammlung
Von der Kunst, mit der er lebte, bis in die Tiefen seines Kleiderschranks – 1200 Exponate aus der privaten Sammlung der Modeikone Karl Lagerfeld werden in Monaco, Paris und Köln sowie online auktioniert.
https://www.diepresse.com/6069645/auktion-aus-karl-lagerfelds-personlicher-sammlung

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Unter’m Strich

15 Beispiele für zivilen Ungehorsam, (die etwas bewirkt haben)
… durch Ungerechtigkeit … diejenigen herausfordern, die die Macht hatten. Akte des zivilen Ungehorsams müssen nicht extrem sein. Kleine Aktionen können zu größeren führen … inspirieren … den Weg zu weiterem Verständnis und globalen Veränderungen zu ebnen. … Forderung nach Gerechtigkeit und nach einer besseren Welt.
TTT’s Hinweise auf Psychosoziales (soziale Gegebenheiten, die unsere Psyche beeinflussen) haben immer deutlich relevantes „Gewicht“ für gegenwärtiges Theater.
https://rebellion.global/de/blog/2020/11/03/civil-disobedience-examples/

Österreich
Kanzler Nehammer und seine Neuen im ÖVP-Regierungsteam
Die ÖVP hat sich nach dem Rückzug von Sebastian Kurz und Gernot Blümel neu aufgestellt. Eine Übersicht:
Kurier.at

ÖVP: Vieles neu, aber nach alten Regeln
https://www.krone.at/2572367

Österreich
Karl Nehammer neuer Kanzler und ÖVP-Chef
Sueddeutsche Zeitung

Nächster Rücktritt – auch Heinz Faßmann schmeißt hin
Kurz, Schallenberg, Blümel – und jetzt auch Faßmann! Der Bildungsminister schmeißt seinen Posten ebenfalls hin, auf eigenen Wunsch, wie es heißt.
Heute.at

INFOS DES TAGES (SAMSTAG, 4. DEZEMBER 2021)

Quelle: onlinemerker.com

INFOS DES TAGES (SAMSTAG, 4. DEZEMBER 2021)

Wiener Staatsoper: Erste Szenenfotos „DON GIOVANNI“

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Kyle Ketelsen, Philippe Sly. Foto: Michael Pöhn/ Wiener Staatsoper

Kyle Ketelsen (Don Giovanni)
Hanna-Elisabeth Müller (Donna Anna)
Philippe Sly (Leporello)
Kate Lindsey (Donna Elvira)
Patricia Nolz (Zerlina)
Stanislas de Barbeyrac (Don Ottavio)
Peter Kellner (Masetto)

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Patricia Nolz, Peter Kellner und Chor. Foto: Wiener Staatsoper/Michael Pöhn

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Stanislas de Barbeyrac, Hanna-Elisabeth Müller. Foto: Wiener Staatsoper/Michael Pöhn

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Kate Lindsey, Philippe Sly, Kyle Ketelsen. Foto: Wiener Staatsoper/Michael Pöhn

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MAILAND/ Teatro alla Scala: Placido Domingo küsst nach seinem Konzert den Bühnenboden

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ZU INSTAGRAM mit Video

Beim Schlussapplaus zu sehen sind Roberta Mantegna und Marco Armiliato

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Bühnen Graz Weihnachtsbonus ∙ € 10,- geschenkt!

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Musikfestival Steyr bringt „Königin der Operette“ nach Schloss Lamberg

Musikfestival Steyr | Theapolis

Von 21. Juli bis 6. August 2022 geht das Musikfestival Steyr mit der Operette „Die Fledermaus reloaded“ in seine 28. Spielsaison. Tickets sind ab sofort verfügbar.

Steyr (LCG) – Nach einem höchst erfolgreichen Musical-Sommer mit „Der Mann von La Mancha“ führt das Musikfestival Steyr in seiner 28. Spielsaison das Konzept „Operette reloaded“ fort. Von 21. Juli bis 6. August 2022 holt Intendant Karl-Michael Ebner „Die Fledermaus“ von Johann Strauss in den Steyrer Schlossgraben und präsentiert sie rundum erfrischt mit neuer Dialogfassung von Susanne Sommerund peppigen musikalischen Arrangements vom mehrfach ausgezeichneten Janoska Ensemble. Als „Die Fledermaus reloaded“ feiert die „Königin der Operette“ 2022 Weltpremiere in Steyr. Die Operette erzählt die Geschichte von Gabriel von Eisenstein, der zu einer Arreststrafe verurteilt wurde, nachdem er eine hohe Amtsperson beleidigt hat. Auf Rat seines Freundes Doktor Falke amüsiert er sich in der letzten Nacht vor seinem Haftantritt noch einmal beim Prinzen Orlofsky. In Wirklichkeit hat Doktor Falke jedoch vor, sich für einen ehemaligen Streich Eisensteins ihm gegenüber zu rächen. An insgesamt neun Spielabenden präsentiert das Musikfestival Steyr unter der Regie von Susanne Sommer den neuinterpretierten Operetten-Klassiker.

„In den letzten Jahren hat sich das Musikfestival Steyr einen Fixplatz am heimischen Kulturkalender erarbeitet. Nicht zuletzt durch die Weltpremieren der letzten beiden Sommer. Mit ‚ Die Fledermaus reloaded ‘ wagen wir uns an die Neuinszenierung der ‚Königin der Operette‘. Aber wie heißt es so schön: Wer nicht wagt, der nicht gewinnt“, so Intendant Karl-Michael Ebner.

Jetzt Karten sichern und vom Frühbucherbonus profitieren

Tickets für die 28. Spielsaison des Musikfestival Steyr sind ab sofort verfügbar. Schnellentschlossene profitieren bis inklusive 24. Dezember 2021 von 15 Prozent Frühbucherbonus.

Tickets und weitere Informationen auf musikfestivalsteyr.at
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60 JAHRE FREUNDE DER OPER ZÜRICH • 60 JAHRE INTERNATIONALES OPERNSTUDIO •

Jubiläumsheft herausgegeben von den Freunden der Oper Zürich und dem Opernhaus Zürich

 25 Millionen in 60 Jahren

In den gut 60 Jahren ihres Bestehens haben die «Freunde der Zürcher Oper» mit 25 Millionen Franken zur Hauptsache die Ausbildung junger Sängerinnen und Sänger im Internationalen Opernstudio unterstützt. Der 60. Geburtstag der beiden Institutionen, die eng zusammenhängen, würdigen die Freunde der Oper Zürich und das Opernhaus Zürich mit einer knapp hundertseitigen Festschrift.

60 Jahre Opernfreunde - Opernhaus Zürich
© Freunde der Oper Zürich

Nach der Lektüre des ganzen Heftes stellt sich leider heraus, dass der erste Teil des Hefts zum Jubiläum des Internationalen Opernstudios (IOS) arg dünn geworden ist. Die Gespräche mit der Operndirektorin Annette Weber, dem IOS-Leiter Adrian Kelly, dem Absolventen Benjamin Bernheim, dem stellvertretenden IOS-Leiter Tom Barthel, Brigitte Fassbaender, der Absolventin Katia Ledoux, der «Schlummermutter» Brigitta Blangey und Dame Gwyneth Jones, die zum ersten Jahrgang des IOS gehörte, sind für sich genommen durchaus interessant, vermögen es in ihrer Gesamtheit aber nicht, der Bedeutung der Institution gerecht zu werden. Themen wie der hervorragende Ruf des IOS (Gespräch mit der Operndirektorin Annette Weber und dem IOS-Leiter Adrian Kelly) oder die Diskussion über die Bedeutung Äusserlichkeiten (Gespräch mit Brigitte Fassbaender und der Absolventin Katia Ledoux) haben ihren Platz im hauseigenen Magazin oder einem Feuilleton-Artikel. Das Gespräch mit Dame Gwyneth Jones offenbart interessante Details wie ihre «Studentenbude» in der Gemälde-Galerie von Hortense Anda-Bührle, ein von einem Kollegen verhindertes Engagement oder den von Nello Santi mit initiierten Fachwechsel: Diese Dinge sind aber persönlicher Natur und haben mit dem IOS wenig zu tun. Befremdend wirken Bernheims Äusserungen wie «Kunst bedeutet Risiko und schliesst für mich eine Art von Unsicherheit ein. … Es klingt sicher schrecklich, aber mir fehlte das Risiko, meinen Job verlieren zu können, gefeuert zu werden, weil ich nicht gut genug bin.» (Jubiläumsheft, Seite 29), wenn Katia Ledoux nur wenige Seiten später von Kollegen berichtet, die sich wegen unsicherer Perspektiven einen anderen Job gesucht haben (Jubiläumsheft, Seite 40). Wirklich interessante Themen, wie «Wie Theater wirklich funktioniert, kann man nur im Theater lernen» (Jubiläumsheft, Seite 17), werden nur gestreift. Dem ersten Teil fehlt die ordnende Hand. Ein anderes Thema ist, dass die Dramaturgie sich mit der Musikjournalistin Susanne Kübler für zwei Gespräche externer Hilfe bedienen musste.

Bruno Rauch berichtet über die «Arbeit der Freunde der Oper Zürich in Form einer Chronik»: der zweite Teil des Jubiläumshefts ist auch «ausser Haus» entstanden. Rauchs Chronik ist gut lesbar geschrieben und mit reichhaltigen Informationen, die er auf Grund der Kürze seines Beitrags leider nicht weiter ausführen kann, versehen. Die Gründung des Internationalen Opernstudios wie der «Gesellschaft zur Unterstützung der Zürcher Oper» (nach dem Vorbild der «The Metropolitan Opera Guild» in New York, im Folgenden kurz «Die Gesellschaft») ist eng mit dem Amtsantritt von Intendant Herbert Graf (im Amt 1960 bis 1962; 1903-1973) verbunden. Die Schaffung des IOS war Bedingung seiner Anstellung, die Gründung der Gesellschaft erfolgte auf seinen Wunsch hin. Grafs Intendanz währte leider nur kurz, denn seine Tendenz zur Internationalisierung des Hauses, sein Führungsstil und seine Regiearbeiten führten zu einem Streit über Besetzungsfragen zwischen Otto Klemperer und dem Orchester, auf den Graf mit seinem sofortigen Rücktritt reagierte (in diesen Kontext dürfte auch der erwähnte Konflikt von Dame Gwyneth Jones und James McCracken gehören). Auch auf Druck der Gesellschaft gelang es in der Person von Hermann Juch (im Amt 1964 bis 1975; 1908-1995) einen Intendanten zu finden, der bereit war, nach dem Motto «Weg vom Provinztheater» das von Graf erreichte hohe Niveau zu halten. Grossen Anteil hatte hier auch der letztes Jahr verstorbene Maestro Nello Santi. Unter Hermann Juch wurde aus dem Stadttheater das Opernhaus, die Opern wurden in der Originalsprache produziert. In diesen Jahren scheiterten, heute möchte man sagen «zum Glück», die Pläne für den Neubau des Opernhauses. Unter Juchs Nachfolger Claus Helmut Drese (im Amt 1975 bis 1986; 1922-2011) wurde der Kurs der Internationalisierung und Niveauhebung vollendet: Mit dem Monteverdi-Zyklus von Nikolaus Harnoncourt und Jean-Pierre Ponnelle war das Opernhaus endgültig in die Liga der international relevanten Häuser aufgestiegen. Unter Claus Helmut Drese wurde auch der «Umbau» des Opernhauses, die Renovation des Fellner und Helmer-Baus und die Schaffung von Raum durch einen Neubau im Westen (durch den Abriss des Grand Café Esplanade), gesichert. Die dazu bewilligten Beträge und die gleichzeitige Verweigerung von Beiträgen an ein Alternatives Jugendzentrum führten Ende Mai 1980 zu den «Opernhaus-Krawallen» mit mehreren hundert Verletzten und Sachschäden in Millionenhöhe. Trotzdem genehmigte das Stimmvolk am 8. Juni 1980 den Umbau des Opernhaus. 1984 gelang die seit langem geforderte Überführung der Theater-Formation des Tonhalle-Orchesters in ein eigenständiges Orchester. In den Intendanzen Graf, Juch und Drese förderte die Gesellschaft den Betrieb des IOS und, durch Beiträge an Kompositionsaufträge und Zuschüsse an Instrumenten-Beschaffung und Ähnliches wie einen Beitrag zur «Orchestertrennung», den Betrieb des Opernhauses. In den Folge-Intendanzen nahm die Gesellschaft immer noch an wichtigen Projekten wie der «Kantonalisierung» Anteil und verstärkte die Unterstützung des IOS. Eines der letzten Projekte der Freunde, war die Unterstützung des Corona-Spielmodells.

Das Internationale Opernstudio hätte ein besseres Jubiläumsheft verdient.

Ohne die Unterstützung der «Freunde der Oper Zürich» stünden weder IOS noch Opernhaus da, wo sie heute sind.

02.12.2021, Jan Krobot/Zürich
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Wiesbaden: Einschränkung des Spielbetriebs am Hessischen Staatstheater und Vorstellungsausfälle am 5.12.2021

Aufgrund der von der Ministerpräsidentenkonferenz beschlossenen Maßnahmen sowie auf Grundlage der aktuellen Corona-Schutzverordnung des Landes Hessen, muss das Hessische Staatstheater Wiesbaden vom 5. bis vorerst zum 23. Dezember 2021 den Spielbetrieb einschränken.

 

Wegen der kurzfristigen Entscheidung der zuständigen Stellen fallen alle Vorstellungen am Sonntag, den 5. Dezember 2021 aus. Das betrifft die Produktionen »Bunbury«, »Tristan und Isolde«, »Sandmann«, »Die furiosen Drei« sowie die beiden Kinderkammerkonzerte im Foyer.

 

Für alle weiteren Vorstellungen im Großen und Kleinen Haus bis zum 23. Dezember gilt: Die Eintrittskarten verlieren ihre Gültigkeit.

Um den geforderten Abstand bei Vorstellungen mit mehr als 100 Zuschauer:innen zu gewährleisten, werden die Vorstellungen storniert und mit geändertem Saalplan ab Montag, den 06.12.2021, sukzessive wieder in den Verkauf gegeben. Das Publikum wird im Schachbrett platziert.

Die Schulvorstellungen des Weihnachtsmärchens »Kleiner König Kalle Wirsch« finden wie geplant statt, da diese gemäß §15 der aktuellen Corona-Schutzverordnung des Landes Hessen nicht betroffen sind.

Die Vorstellungen von »Werther« am 12. und 19. Dezember 2021 entfallen.

In der Wartburg und im Foyer gibt es keine Vorstellungsausfälle. Die Sitzplatzkapazität wird dahingehend eingeschränkt, dass alle Vorstellungen mit weniger als 100 Personen besetzt werden.

Das Studio ist von den Einschränkungen nicht betroffen, da es weniger als 100 Sitzplätze hat.

Für alle Vorstellungen gilt weiterhin die aktuelle 2G+ Regelung, d.h., dass nur Genesene und Geimpfte jeweils mit tagesaktuellem Schnelltest (nur zertifizierte Bürgertests, Selbsttests werden nicht akzeptiert) die Vorstellungen besuchen können. Bei schulpflichtigen Kindern wird der Nachweis der Schule akzeptiert, Kinder unter 6 Jahren bzw. die noch nicht schulpflichtig sind, sind von der Nachweispflicht befreit. Das Tragen einer FFP2-Maske oder einer medizinischen Maske ist für alle Zuschauer:innen ab 6 Jahren verpflichtend.

II.

Umgang mit bereits gekauften oder reservierten Karten, Kauf von neuen Karten und Umbuchung

Um die Vorstellungen besuchen zu können, müssen im Webshop oder an der Theaterkasse Karten gekauft bzw. umgetauscht werden. Dies gilt auch für Abonnent:innen.

Alle Karten der betroffenen Vorstellungen werden automatisch storniert, wenn Zuschauer:innen ihre Kontodaten hinterlegt haben. Der Betrag wird auf die hinterlegte Bankverbindung erstattet. Für die Stornierung müssen Karteninhaber:innen nicht eigens an die Theaterkasse kommen.

Nur Besucher:innen, deren Kontodaten nicht hinterlegt sind, oder die per Kreditkarte bzw. PayPal gekauft haben, wenden sich bitte an die Theaterkasse. Das geht vor Ort oder telefonisch unter Vorlage des Tickets bzw. Nennung der Auftragsnummer, damit die Eintrittskarten rückerstattet werden können. Karteninhaber:innen müssen sich auch nicht sofort melden

Gruppen werden direkt vom Gruppenbüro kontaktiert, Abonennt:innen durch das Abo-Büro.

Der Vorverkauf für die mit reduzierter Sitzplatzkapazität angebotenen Vorstellungen erfolgt ab Montag, dem 06.12.2021, zunächst für Vorstellungen bis zum 9. Dezember 2021. Alle weiteren Vorstellungen werden sukzessive wieder in den Verkauf gegeben.

Es wird dringend empfohlen, vor dem Besuch einer Vorstellung sich tagesaktuell auf der Website www.staatstheater-wiesbaden.de zu informieren.

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Berlin/Deutsche Oper: DER RING DES NIBELUNGEN – NI vom 9. bis 14. November 2021

 Statt „Parsifal“-Bett nun „Ring“-Klavier, oder: Stefan Herheims Unterwäsche-Party im Koffer-Nirwana

Nun fand sie trotz aller Corona-Unsicherheit und -Verschiebungen doch endlich statt, die lang und mit Spannung erwartete zyklische Aufführung des neuen Berliner (DOB) „Ring des Nibelungen“ durch den norwegischen Regisseur Stefan Herheim, nachdem man noch 2019 den Vorabend, „Das Rheingold“, durchaus erfolgreich auf dem Parkdeck über die Bühne hatte gehen lassen. Damit ist nun die fast eine Ewigkeit gespielte und richtungweisende „Tunnel“-Produktion des „Ring“ von Götz Friedrich, die schon Kultstatus erreicht und verfestigt hatte, endgültig Vergangenheit – eine glorreiche für die DOB! Große Fußstapfen also, in die sich der Regisseur der neuen Produktion hineinwagen musste. Aber von Stefan Herheim, der sich mit dem Dramaturgen Alexander Meier-Dörzenbach auch als Wagner-Regisseur mit seinem beeindruckenden „Parsifal“ 2008 in Bayreuth und einem phantasievollen „Tannhäuser“-Potpourri in Oslo 2010 einen Namen machte, schienen diese nicht zu groß. Jörg Königsdorf kam an der Bismarck-Straße als weiterer Dramaturg hinzu. Was in dieser Neuproduktion zu sehen war, lässt allerdings keine große Hoffnung auf einen neuen Berliner „Ring“-Weitwurf von Friedrichschen Dimensionen zu.

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Alberich und die Rheintöchter. Foto: Bernd Uhlig

Im „Rheingold“ sehen wir im Bühnenbild von Herheim und Silke Bauer und mit der Lichtregie von Ulrich Niepel eine Gruppe von Flüchtlingen mit ihren alten Koffern. Mann assoziiert mit den Koffern die Wagnersche Darstellung aller „nur denkbaren Realitäten und Wirklichkeiten … in gedrängter, deutlicher plastischer Gestaltung“. So hat also jedes Individuum bei Herheim einen Koffer. Es sind über 30 Statisten, die später immer wieder auch andere Rollen einnehmen, aber allesamt von Wagner nicht vorgesehen waren. In der Mitte der Bühne steht ein Konzertflügel, also ein Klavier, an dem der Flüchtlingsstrom zunächst anhält. Die, so möchte man in der Tat glauben, vor ihrer Vorgeschichte Flüchtenden, aber allein schon aufgrund der Optik schnell mit den vor dem Nazi-Regime flüchtenden Juden assoziiert werden können, halten hier inne und beginnen, so der Wunsch Herheims, nun ein Spiel, ein Spiel um den „Ring des Nibelungen“, in das auch die Protagonisten hineingezogen werden. Der Konzertflügel wird dabei als „musikalisch-optisches Tor zur Phantasie“ gesehen und ist alltägliches Instrument des Opernalltags zugleich. Allein, er wird nicht nur die Handlung des Vorabends der Tetralogie an sich ziehen sondern auch die der anderen drei Abende. Und da haben wir dann eine direkte Parallele zu dem Bett, das Herheim in seinem sehr beeindruckenden „Parsifal“ ins Zentrum der Bayreuther Bühne stellte. Aus ihm stiegen immer wieder Figuren empor oder sie verschwanden darin, genau wie nun immer wieder in diesem Klavier mit seinem perfekt mechanisch gesteuerten Deckel. Nur findet das in seinem Berliner „Ring“ alles viel spektakulärer und ein offensichtlich auf optische Wirkung und Sensation ausgerichtetes Unterfangen statt. Das in vier langen Gesprächen mit dem Dramaturgen Königsdorf in den Programmheften dargestellte Regiekonzept lässt sich da keineswegs klar erkennen oder gar nachvollziehen.

Der Klavier-Gedanke ist aber durchaus nicht uninteressant. Meier-Dörzenbach bezieht sich auf Wagners Formulierung des mystischen Bayreuther Grabens als des „technischen Herdes der Musik“ und seine Verkleinerung in Form des Klaviers, aus dem alles entsteht. Hier wird ein Stück zuerst gespielt, damit lernt der Sänger. Bekanntermaßen fand an ihm auch die Premiere des 1. Aufzugs der „Walküre“ 1856 im Genfer Hotel Baur au Lac statt, wo Wagner am Flügel saß, Siegmund und Hunding sang und Emilie Heim die Sieglinde. So sieht das Regieteam das Klavier als das Instrument, „aus dem alles tönt, Welten entstehen und die Kunst für ein Publikum herausgespielt wird …“.Möglicherweise ein Baustein für ein Regiekonzept, aber nach dem, was hier zu sehen war, nicht unbedingt ein tragfähiger, im wahrsten Sinne des Wortes dieser Produktion.

„Das Rheingold“ wirkt szenisch und dramaturgisch flach, ja bisweilen oberflächlich wie eine Kasperliade, gerade in der Figur des Alberich. In dieser Überziehung des von Herheim postulierten Spielcharakters, der sich in der Musik nicht offenbart oder darstellt, verliert die Inszenierung schnell an Glaubwürdigkeit und innerer Spannung. Szene und Musik fallen auseinander, und die Konzentration auf die Musik wird durch den Aktivismus auf der Bühne erschwert. Wie anders machte das doch noch Brigitte Fassbaender bei ihrem „Rheingold“ dieses Jahr in Erl bei der Tiroler Festspielen! Da stand die viel beschränktere aber umso aussagekräftigere Handlung bei stimmiger Personenregie in völliger Harmonie mit der musikalischen Aussage, und das ohne jeden Statisten… Mit den Kostümen von Uta Heiseke scheint Herheim zudem das Ziel zu verfolgen, stets immer wieder Zitate aus der Aufführungstradition des „Ring“ zu bringen, bis zurück zur Uraufführung. Ist das wirklich so eine große Idee, oder gar Kunst?! Ein Zitat ist immer eine Wiederholung, nie eine authentische Eigenleistung. Es entsteht dabei in der Oper immer eine Collage von lange Bekanntem. Mir ist das für einen „Ring“ in Berlin zu wenig. Im Übrigen ist es immer wieder schon woanders gemacht worden. Man denke nur an den Günter Krämer-„Ring“ im Jahre 2013 an der Opéra de Bastille von Paris.

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Einzug der Götter. Foto: Bernd Uhlig

Von der „Rheingold“-Sängergilde lässt sich hingegen Besseres berichten. Thomas Blondelle hauchte diesem Koffer-„Rheingold“ als die Strippen ziehender Loge durch sein intelligentes, hochkonzentriertes und mephistohaftes Spiel doch noch einige Dynamik ein. Dazu lieferte er auch eine gute gesangliche Leistung. Derek Welton gab einen „Rheingold“-Wotan mit eher leichterem bassbaritonalem Aplomb. Markus Brück war ein guter erprobter Alberich mit Clownsnase, immer und überall zu finden, wo er gar nicht hingehörte. Ya-Chung Huang sang einen engagierten Mime Andrew Harris als Fasolt sowie Tobias Kehrer als Fafner beeindruckten durch kraftvolle Bässe und einen Auftritt im Riesen-Kofferformat. Annika Schlicht war eine überzeugende Fricka mit gutem Mezzo, ebenfalls gut spielend und Flurina Stucki eine ansprechende Freia. Joel Allison als Bettina Volle Stipendiat sang eine guten Donner im Finale und Attilio Glaser einen kraftvollen Froh. Einen Mezzo der Extraklasse führte Judit Kutasi als Erda vor. Die drei Rheintöchter, Valeriia Savinskaia als Woglinde, Arianna Manganello als Wellgunde und Karis Tucker als Flosshilde, ebenfalls Stipendiatinnen, sangen und agierten auf hohem Niveau.

Unzählige alte Koffer bevölkern auch die „Walküre“-Bühne, als Hundings Hütte noch an das freilich sängerfreundliche Halbrund der Böcklinschen Toteninsel in Chéreaus Bayreuther Jahrhundert-„Ring“ erinnernd. Wieder einmal beginnt eine Oper erst mal ohne Musik, eine Unart, die sich immer mehr einzuschleichen scheint, wohl, um wieder mal etwas anders zu machen, als der Zuschauer und -hörer gewohnt ist. Neues um des Neuen willen… Aber davon kommt noch mehr an diesem Abend. Man sieht Sieglinde hektisch ihren Koffer packen, sie will wohl weg aus Hundings Zwang. Unter Blitz und Donner fährt der Konzertflügel auf einem (Tuch)-Feuerstrahl in die Höhe – die Bude spielt verrückt. Ein großer Schäferhund kommt aus dem Souffleurkasten! Er sieht wie einer der Wölfe Wotans aus und schnüffelt die ganze Hütte ab. Es wird bei aller Herheimscher Detailverliebtheit nicht klar, ob es Geri oder Freki ist.

Da ich „Die Walküre“-Premiere Ende September 2020 bereits gesehen und ausführlich besprochen habe, und die Rezension im Oktober-Merker 2020 zu sehen ist, möchte ich mich zu ihr relativ kurz fassen.

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Foto: Bernd Uhlig

Nicht anfreunden konnte ich mich mit dem „Hundingling“, einem kleinen Burschen (Eric Naumann), der Sohn Hundings und Sieglindes (!). Seine ständige Bedrohung Siegmunds mit einem Messer wird schnell langweilig. Gewöhnungsbedürftig ist Herheims abstruse Begründung für diese völlig überflüssige stumme Rolle. Er fand die Szene, in der eine mit Gewalt in die Ehe gezwungene Frau sich als Sünderin wider wahrer Liebe und Täterin selbst anklagt, immer höchst problematisch und in unserer Zeit nicht vertretbar.“ Mit der Hinzudichtung des Kindes von Hunding und ihr will er sie „psychologisch anders disponieren und ihr Trauma materialisieren.“ Um mit Siegmund neu beginnen zu können, meint Sieglinde nun, das Kind umbringen zu müssen, „denn erst mit der Schwangerschaft durch den Wälsen gewinnt sie neuen Lebenswillen, eine Art Medea.“ Übrigens taucht der Hundingling als gefallener Held später wieder bei den Walhall-Helden auf – auch nicht ganz einsichtig…

Das Hauptthema oder Regiekonzept des Herheim-„Ring“ ist also die Flucht, und um die geht es natürlich in der „Walküre“ in ganz exzessivem Ausmaß. Bis auf Hunding und Fricka sind hier ja alle auf der Flucht. Ein Besuch im Stelen-Wald des Jüdischen Denkmals in Berlin hat Herheim dazu animiert, ebenso wie die Rolle der Stadt in der Nazi-Zeit und alles, was mit der Verfolgung insbesondere der Juden sowie dem Holocaust zu tun hat. Aber ist das gerade aus der heutigen Perspektive nicht zu kurz gegriffen?! Es sind derzeit weltweit über 60 Millionen Menschen auf der Flucht, aus den unterschiedlichsten Gründen und den unterschiedlichsten Nationen und Regionen. Wäre da eine globalere Herangehensweise nicht angebrachter, wenn man schon auf das Thema Flucht abstellen will?! Kostümbildnerin Heiseke setzt bei Wotan und den hier äußerst aktiven Wahlhall-Helden auf den neuen stereotypischen Topos, weiße Unterwäsche – nun auch im Wagner-Theater und eben nicht mehr nur im dramatischen Theater präsent! Na bitte. So spielt Wotan in Unterhose wie ein Besessener zu Beginn des 2. Aufzugs neben Brünnhilde alle acht Walküren aus dem Klavier heraus…

Im 3. Aufzug konnte man langsam das Interesse an weiteren abstrusen Ideen und deren skurrilen optischen Umsetzungen auf der Bühne verlieren. Eine Überraschung gab es dann allerdings doch noch, als im Finale der Deckel des Flügels nochmal hochging und Sieglinde in den Wehen offenbarte, während sich Mime als Richard Wagner mit Barett, aber in KZ-Hemd, damit befasste, ihr das Baby Siegfried aus dem Bauch zu ziehen. Selbst Wotan schaute von seinem Gerüst oben perplex herunter… Kurz, was man so ganz anders von Stefan Herheim gewohnt war, eine genau durchdachte, konsequent in ein überzeugendes und tragfähiges Regiekonzept eingebaute, durchaus immer wieder unkonventionelle Dramaturgie mit oft faszinierenden, aber verständlichen Regieeinfällen, war an diesem Abend nicht zu erkennen. Seine „Walküre“ wirkt vielmehr wie ein Sammelsurium vieler, zum Teil absurder und vordergründiger Einzeleinfälle, die in ihrer Gesamtheit keine wirklich schlüssige Werkinterpretation ergeben.

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Foto: Bernd Uhlig

Das „Walküre“-Sängerensemble hinterließ dagegen insgesamt einen sehr guten Eindruck, mit einigen Abstrichen. Natürlich brillierte die bewährte Nina Stemme mit der Brünnhilde, auch wenn es ein paar Probleme mit der Homogenität der vokalen Struktur gab. Iain Paterson war ein Wotan mit klangvollem und gut geführtem Bassbariton, der der Rolle auch starke Charakterzüge verlieh. Eine sehr gute Leistung brachte Brandon Jovanovich. Optisch ist er ein idealer kämpferischer Siegmund und stimmlich entsprach sein Vortrag mit heldentenoralem Aplomb genau diesem Bild. Elisabeth Teige sang und spielte eine einnehmende Sieglinde. Annika Schlicht war Wotan mit ihrem guten Mezzo eine kraftvolle Gegnerin. Darstellerisch musste sie wieder einmal die klassische Furie geben. Tobias Kehrer sang den Hunding mit einem guten und wortdeutlichen Bass. Das Walküren-Oktett sang bei den chaotischen und skurrilen Regieanweisungen weitgehend homogen. Flurina Stucki war Helmwige, Aile Asszonyi Gerhilde, Antonia Ahyoung Kim Ortlinde, Simone Schröder Waltraute, Ulrike Helzel Siegrune, Karis Tucker Roßweiße, Anna Lapovskaja Grimgerde und Beth Taylor Schwertleite.

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Foto: Bernd Uhlig

Im „Siegfried“ ging es letztlich wenig überraschend mit einer Bild- und Statistenüberflutung weiter, dass die gute musikalische Leistung des Orchesters der Deutschen Oper Berlin unter der Wagner-erprobten Hand von GMD Sir Donald Runnicles gar nicht recht zur Wirkung kam, beziehungsweise wahrgenommen werden konnte. Es war wieder einmal mehr Theater als Musik, jedenfalls kein Musiktheater!

Es geht Herheim offenbar um die optisch so explizit wie mögliche Darstellung von Gefühlen und Situationen der Protagonisten durch über 30 Statisten. Diese bevölkern mehr oder weniger ständig inmitten von kaum noch übersehbaren Altkofferbergen die Bühne, beäugen die Sänger und kommentieren deren Verhalten und Gesang sogar untereinander, gestisch natürlich. Damit wird die auch durch die Musik – der in dieser Inszenierung offenbar kaum noch etwas geglaubt wird, ein ganz großer Schwachpunkt des Regiekonzepts! – von Wagner so wunderbar suggerierte Intimität zentraler Szenen und Momente verflacht, wenn nicht gar völlig aufgehoben. Das war schon bei Wotans Abschied in der „Walküre“ so und findet nun einen weiteren Höhepunkt, wenn etwa 15 binäre und diverse Pärchen, sorgsam alle mit weißer Unterwäsche bekleidet, sich genussvoll, allerdings sehr bemüht wirkenden Kopulationsszenen hingeben. Dem zugrunde liegt Herheims Auffassung, dass wir mit den (nach dem Rat für deutsche Rechtschreibung nicht-normgerechten Gender-Formulierungen) „das Geschlecht ebenso wenig binär betrachten, wie wir eine alltagstaugliche, emanzipierte, dialektische Synthese gefunden haben.“ So ist das Zusammenfinden Siegfrieds und Brünnhildes nicht „auf eine physische Mann-Frau-Zusammenführung zu begrenzen, sondern im Augenblick ‚höchster Lust‘ müssen heute sämtliche Grenzen transzendieren, auch die des Genders.“

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Foto: Bernd Uhlig

Auf der Bühne sieht es dann allerdings ganz profan eher so aus, als müsse man dem nach Wagner noch binären Liebespaar zeigen, wie es geht oder eventuell gehen könnte. Ein noch platteres „Siegfried“-Finale habe ich in der visuellen Wirkung, und um die geht es bei allen (pseudo-)intellektuellen Deutungsversuchen am Ende immer noch, bisher nicht erlebt, und es erschien mir nie als Mangel. Richard Wagner ist hier sinnvoll zu zitieren: „Was vor aller Welt vorgeht, hat für mich keinen besonderen Reiz, das Intime, worauf es Menschen unserer Art einzig noch ankommt, verliert sich hier immer.“

Selbst Nina Stemme als Brünnhilde auf dem Zentrum allen Handelns dieser eigenartigen Produktion, dem Konzertflügel mit wundersamem Deckel, schaut verdattert drein… Das Schicksal, mehr oder weniger früh am Abend in weißer Unterwäsche dazustehen, ereilt übrigens auch viele Protagonisten dieser Inszenierung. Es drängt sich bisweilen der wohl unrichtige Eindruck auf, Stefan Herheim wolle in Konkurrenz mit den letzten Palmers-Kreationen treten, oder ist es – zumal mit den gezeigten sexuellen Handlungen – eine erotische Obsession?! Interessanterweise hat er in den seitenlangen Gesprächen mit Dramaturg Königsdorf nicht einmal Bezug auf die optische Dominanz der weißen Unterwäsche genommen oder sie gar erklärt. Hinzu kommt eine offenbare Verliebtheit in das durchaus antiquierte Bühnenbild-Stilmittel wallender weißer Tücher, die immer wieder im Klavier verschwinden oder aus ihm herauskommen, und an deren kleineren Ausgaben auch gern mal geschnüffelt wird. Bis auf einige in der Tat beachtliche Momente wuselt der Abend mit solchen Geschäftigkeiten im tristen und alles umfassenden Koffermilieu vor sich hin. Diese gehören sicher zu den Gepäckstücken, die man bei Verlust gar nicht mehr vermissen würde oder nochmals sehen will…

Gesungen wurde aber gut bis sehr gut. Der US-Amerikaner Clay Hilley stellte sich zum ersten Mal als Siegfried an der DOB vor und hat einen kräftigen Heldentenor, der meines Erachtens mehr Facettierung oder Nuancenreichtum und damit Ausdruckskraft haben könnte. Aber die großen Herausforderungen der Riesenpartie meisterte er ohne Probleme. Nina Stemme gab die gewohnt gute Brünnhilde im letzten Aufzug mit ihrer vollen und wohlklingenden Mittellage wieder beeindruckend, etwas an der Grenze der vokalen Möglichkeiten bei den Spitzentönen. Ob sie sich in dieser Rolleninterpretation wohl fühlte, möchte ich hier nicht unbedingt bestätigen. Iain Paterson sang nach dem „Walküre“-Wotan nun auch den Wanderer, der ihm ob seiner Lyrik noch besser zu liegen scheint. Er schafft mit seinem eher hell timbrierten Bassbariton natürlich beeindruckende Höhen.

Jordan Shanahan ist ein ungewöhnlich stimmstarker und prägnanter Alberich, der auch zu den unmöglichsten Momenten auf die Bühne kommen musste oder schon auf ihr war, bevor es überhaupt losging… Dass er wieder oder immer noch mit Clownsnase auftritt, ist der globalen Spiel-Idee Herheims geschuldet, die sich aber über die Länge dieses „Ring“ verwässert, sodass die rote Nase und die weißen Augendreiecke bei diesem Alberich auch schon wieder wie Zitate der Vorgeschichte wirken, jedoch dramaturgisch keinen nachvollziehbaren Sinn machen. Schon gar nicht, wenn wir in die Musik hineinhören. Aber Zitate hat der Regisseur ja gern, vielleicht auch welche von sich selbst… Der erst 32jährige taiwanische Tenor Ya-Chung Huang spielte und sang einen ungemein eindrucksvollen Mime, der hier wieder als Richard Wagner-Parodie mit KZ-Hemd gezeigt wurde, womit sich der Regisseur zwischen seiner imaginierten Spiel-Konzeption und der konkreten Judenverfolgung verhaspelte. So wirkte es jedenfalls, wenn man die Augen aufmachte. Tobias Kehrer war ein kraftvoll singender und sterbender Fafner und lag zum Schluss ebenfalls in seiner Unterwäsche und 30kg Übergewicht auf dem Souffleurkasten. Judit Kutasi war nach dem „Rheingold“ auch eine starke Erda im „Siegfried“ mit kraftvollem Mezzo und einem unmöglichen Kostüm, das etwa meine Oma vor dem Fernseher trug. Nun ist sie nach Herheim aber auch nur Souffleuse, und bei denen achtet man ja nicht auf die Kleidung, weil man sie gar nicht sieht. Immerhin blieb ihr die weiße Unterwäsche erspart. (Loriot hätte gesagt: „Schwein jehabbt“). Sebastian Scherer, Solist des Knabenchores der Chorakademie Dortmund e.V., sang den „Waldvogel“ mit mannigfacher Bühnenaktion so falsch wie eben möglich. Dem Publikum gefiel‘s. Herheim meint in seinem Gespräch mit dem Dramaturgen, dass es ein Junge sein sollte, der „Siegfried in seinem unbewussten Initiationsprozess begleiteten sollte, zumal ihm erst in der allerletzten Szene eine Frau begegnet.“ Auch Wagner hatte ursprünglich an einen Jungen für den Waldvogel gedacht. Er wird schon gewusst haben, warum er sich schließlich anders entschieden hat – so, wie für eines von vier „Götterdämmerung“-Finalis. Aber das spielt für den Regisseur keine Rolle.

 Nach der „Götterdämmerung“ wurde das leading team mit einer signifikanten Buh-Reaktion großer Teile des Publikums empfangen. Nur einmal zeigte sich Herheim mit Ko-Bühnenbildnerin Silke Bauer, Kostümbildnerin Uta Heiseke und (wahrscheinlich) Beleuchter Ulrich Niepel dem Publikum. Als der wohl nicht nur aus meiner Sicht zu Recht anhaltende Protest nicht enden wollte, vollzog Herheim einen wie eine Erlösung wirkenden Sprung auf der Bühne und dankte den Mitwirkenden überschwänglich, verständlich. Einige von ihnen hatten wirklich viel mehr zu leisten oder auszuhalten als selbst unter nur relativ normalen Bedingungen von einem Wagner-Sängerdarsteller im „Ring“ verlangt wird.

Wenn es alles einen durchgängigen oder wenigstens in großen Linien nachvollziehbaren Sinn ergeben hätte, wäre ja nicht einmal so viel dagegen einzuwenden gewesen. Aber allzu viele „Ideen“ und Einfälle, ja auch unzählige Gags, die sich immer wieder von der rein intellektuellen und kopfbetonten Regiekonzeption Herheims entfernten, beziehungsweise sie verwässerten oder gar nicht erst erkennen ließen, machten mit ihrer ständigen visuellen Reizüberflutung auch diese „Götterdämmerung“ ähnlich wie schon den „Siegfried“ zwei Tage zuvor zu einem Abend, der nahe an der Farce vorbeischrammte. Dazu trugen auch wieder die über Gebühr in der Szene wuselnden über 30 Statisten bei, die sich mehrmals bis auf ihre weiße Unterwäsche entkleiden mussten, aus welchen Gründen auch immer.

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Foto: Bernd Uhlig

Der 1. Aufzug begann im großen Foyer der Deutschen Oper. Herheim wollte mit diesem realen Raum eine Ort der Gegenwart wählen, der „sowohl für die gesellschaftliche Institutionalisierung des Mythos als für seine Wandelbarkeit in der Rezeption steht.“ Das Publikum sollte sich hier das Spiel um den „Ring“ zu eigen machen! Damit wollte man, wie Wagner, sich dem Thema der gesellschaftlichen Missstände seiner Zeit annähern. Ob das jeder verstanden hat, ohne sich ins Programmheft zu vertiefen?! Hagen stand in Spießerkleidung schon da und nahm sein Pausenbier – wie seine Betrachter es zwei Stunden später auch machen würden. (Die redeten dann aber sicher über etwas anderes…). Dabei schaute er – unpassend gerade bei  d e r  Figur, mit Clownsmalereien auf dem Gesicht, denn er ist ja der Sohn Alberichs (Hoihe! Das wissen wir!) – gelangweilt den Nornen zu. Kaum bot Siegfried Gunther die Blutsbrüderschaft an, mussten beide sich schnellstens bis auf die Unterwäsche ausziehen und in Fracks schmeißen, denn man wollte offenbar schon auf dem Brünnhilde-Felsen Eindruck machen… (Dabei hätte man sich ja erst zum 2. Aufzug standesgemäß anzuziehen brauchen). Hagen sang seine Wacht aus der ersten Reihe des Parketts mit Blick zu Alberich auf der Bühne, nicht ganz Corona-sicher. Bei vermeintlich oder tatsächlich wichtigen Momenten ging störenderweise – wie schon an den Vorabenden – immer wieder das Saallicht an, ähnlich schreckhaft wie jenes bei Tristan und Isolde am Ende des 2. Aufzugs. Also der bekannte Wink mit dem Zaunpfahl: Es geht Euch alle an! Wie schon im Foyer zu Beginn, eine gewisse Oberlehrerart. Ich denke, man kann sich auch im Dunkel des „Ring“ seinen Teil denken. Das hat jedenfalls bei vielen bisher immer gut funktioniert. Torge Møller steuerte einige weniger stark als sonst auffallende Videos bei, vor allem auf die unseligen weißen Tücher.

Aber sowohl der Musik wie dem Verständnispotenzial des Publikums wird von Herheim nicht allzu sehr vertraut. So muss Siegfried nach Hagens Todesstoß mit Wotans Speeres-Stück hinter der Szene auch noch der Kopf abgeschnitten werden, mit dem Gutrune dann wie Salome entgeistert über die Bühne wandelt. So etwas Geschmackloses und auch Unrichtiges hätte ich mir bis dahin nicht vorstellen können. Die bis zum Abwinken hereinflatternden, -gezogenen und wieder umständlich zu entsorgenden Tücher, unter denen oft alberne Versteckspiele stattfinden, und das nahezu besinnungslose Pseudo-Klavierspiel fast aller Protagonisten, wenn ein anderer, ob Feind oder Freund, singt, mögen zwei weitere Beispiele eines großen Kataloges von teilweise heftig nervenden Entbehrlichkeiten und sinnfreien Aktionen der Spiel-Regie sein. Dazu gehört auch das ständige Nachsehen der Sänger in der jeweiligen Partitur des Abends, wie es denn nun sängerisch weiterginge.

Einige wenige starke Bilder, so die Sammlung der Altgermanen auf den Kofferbergen um Alt-Wotan herum, können für das allgemeine szenische und optische Versagen dieser Produktion nicht entschädigen. Während des herrlichen und unmissverständlichen Mutterliebe-Motivs der Sieglinde aus dem 3. Aufzug der „Walküre“ steht am Ende das nun verstaubte Klavier auf der leeren Bühne, und eine Putzfrau zieht mit stoischer Ruhe langsam fegend über diese. Es wirkte wie ein Schlag ins Gesicht angesichts der Musik, die da zu hören ist, aber man konnte es fast erwarten. (Ein ganz alter Hut sind die Putzfrauen im „Ring“ oder generell bei Wagner ohnehin schon seit Jahren). Herheim möchte die werkimmanente Bedeutung des Mutterliebe-Motivs aus der „Walküre“ letztlich offen lassen, „da sich unsere Erlösung nicht in hehrer Kunst auf großer Bühne materialisieren lässt.“ Aber war da nicht ständig die Rede davon, dass Kunst eben alles kann, vieles jedenfalls, was in der Realität nicht möglich ist?! Dann hätte man sich zu den großartigen finalen Takten der „Götterdämmerung“ sicher etwas Inspirierenderes einfallen lassen können als eine über die Bühne wischende und ein altes Klavier abstaubende Putzfrau! Man könnte so etwas auch eine szenische und dramaturgische Bankrotterklärung nennen.

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Nina Stemme. Foto: Bernd Uhlig

Clay Hilley bestätigte seine gute stimmliche Leistung als Siegfried. Er müsste die Rolle aber noch differenzierter spielen und sich auch um eine stärkere vokale Facettierung mit dunklerer Tongebung kümmern, um situationsgerechten Ausdruck besser treffen zu können. Beachtlich sein genüsslich in den Raum geschmettertes Hohes C zu Beginn des 3. Aufzugs! Nina Stemme gab wieder alles als Brünnhilde und überzeugte vor allem mit ihrer klangvollen und ausdrucksstarken Mittellage und ihrer guten Mimik. Die Spitzentöne der 4. Szene des 1. Aufzugs und des 2. Aufzugs wirkten allerdings oft aufgesetzt, leicht schrill. Das wohl brachte ihr am Ende auch einige Buh-Rufe ein. Jordan Shanahan war wieder ein eindrucksvoller Alberich, sowohl darstellerisch als auch vokal. Er war immer wieder auf der Bühne, wenn er dort nicht hingehörte, hätte aber viel besser als die Putzfrau an das Ende gepasst, wie es einst Ulrich Melchinger in Kassel und Harry Kupfer in Bayreuth machten. Albert Pesendorfer sang einen exzellenten Hagen mit profundem und ausdrucksvollem Bass, ein absoluter Kenner der Partie, leider als Clown veralbert! Thomas Lehman war ein als totaler Spießer gestylter Gunther mit gutem Bariton und Aile Asszonyi eine ebenso gute Gutrune. Okka von der Damerau bestach einmal mehr mit ihrer großen Gesangskultur als Waltraute. Ich bin gespannt auf ihre Stuttgarter Brünnhilde, möglicherweise ein Wagnis. Die Nebenrollen waren ebenfalls gut besetzt.

Sir Donald Runnicles suchte sich mit dem Orchester der Deutschen Oper Berlin bei diesem „Theaterstück“ musikalisches Gehör zu verschaffen, und das gelang ihm auch weitgehend aufgrund seiner nicht zuletzt mit dem „Ring“ in Bayreuth, den vielen in Berlin und jenem in San Francisco gewonnenen Erfahrung. In einem Gespräch mit Dramaturg Königsdorf meint Runnicles, es sei für ihn „sehr inspirierend, die Regie von Stefan Herheim in ihrem Detailreichtum mitzuerleben – ich sauge das geradezu auf.“ Dann sagt er aber auch, „für mich geht es sozusagen darum, einen organischen Bezug von Ein- und Ausatmen zu erreichen, um eine großräumige Spannung und Sogwirkung stehen zu lassen, die Wagner auf orchestraler Ebene anstrebte.“ Hier scheint mir jedenfalls nicht die allergrößte Kongruenz zu liegen. Man hätte sicher mehr der hörenswerten Einzelheiten und Momente der Wagner-erfahrenen Musiker im Graben genießen können, wäre man nicht dauernd dermaßen von der interpretationsheischenden Hyperaktivität auf der Bühne abgelenkt worden. Dass Gute war jedoch, das man sich bei Runnicles trotz allen Gewusels auf der Bühne musikalisch stets in sicheren Händen fühlen konnte, wie immer in den Berliner „Ring“-Aufführungen. Und das spricht musikalisch sicher für die DOB. Der Chor und Extrachor der Deutschen Oper Berlin, einstudiert von Jeremy Bines, sang bei guter choreografischer Intensität stimmstark und mit großer Transparenz der einzelnen Gruppen, war also ein belebendes Kollektiv in der „Götterdämmerung“.

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Schlussapplaus. Foto: Klaus Billand

Stefan Herheim hat der Landeshauptstadt einen „Ring“ beschert, bei dem einmal wieder Theorie, also ein allzu intellektuell ausgeklügeltes Regiekonzept, mit der Wirklichkeit, also der szenischen und dramaturgischen Umsetzung, auseinanderklaffen. Kann Wagners Tetralogie wirklich im Sinne Herheims als Spiel verstanden und so inszeniert werden?! Dieser „Ring“ ist szenisch überladen, dramaturgisch übertrieben und zeitweise irritierend – und er hört nicht wirklich auf Wagners Musik. Und damit auch nicht auf sein Konzept des Gesamtkunstwerkes. Nach dem Kult-„Tunnel-Ring“ von Götz Friedrich müssen zumindest die DOB-Berliner nun eine Zeitlang mit diesem „Ring“ leben. Möglicherweise sehr lange. Es wird interessant sein zu sehen, wie sich das entwickelt. „Weißt du, wie das wird?“ fragt bekanntlich die Norn. Ich bin jedenfalls skeptisch. Ich würde sagen, dass die Staatsoper unter den Linden nun den besseren „Ring“-Zyklus hat und frage mich, warum sie nun auch einen neuen – mit übrigens ausschließlich eigenen Sängern – machen will. Klar erscheint mir allerdings schon jetzt zu sein, dass Stefan Herheim mit seiner Unterwäsche-Ästhetik als Intendant des Theaters an der Wien und Regisseur an diesem Hause nicht weit kommen wird…

Klaus Billand                                                                                                                

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ORF / ORF III am Wochenende: „Wir spielen für Österreich“ präsentiert „Don Giovanni“-Premiere aus der Wiener Staatsoper

Außerdem: Achtteiliger „zeit.geschichte“-Schwerpunkt zum 80. Jahrestag vom Angriff auf Pearl Harbor, Thielemann dirigiert „Bruckners 1. Symphonie“ =

Wien (OTS) – Eine fulminante Premiere live-zeitversetzt aus der Wiener Staatsoper, zeitgeschichtliche Dokumentationen und vieles mehr präsentiert ORF III Kultur und Information am Wochenende. So blickt die „zeit.geschichte“ am Samstag, dem 4. Dezember 2021, u. a. anlässlich des 80. Jahrestages auf die Ereignisse von Pearl Harbor zurück. „Erlebnis Bühne“ eröffnet den zweiten Adventsonntag, 5. Dezember, mit einer „matinee“, in der Maestro Christian Thielemann gemeinsam mit den Wiener Philharmonikern Anton Bruckners Erste Symphonie erklingen lässt. Im Hauptabend begibt sich „Erlebnis Bühne LIVE“ in die Wiener Staatsoper, wo Barrie Koskys Inszenierung von „Don Giovanni“ Premiere feiert.

Samstag, 4. Dezember

David Reitenbach und David Uzochukwu stellen in einer neuen Folge von „Pixel, Bytes + Film – Artist in Residence“ ihr Kurzfilm-Projekt „Civil Dusk“ (8.35 Uhr) vor. Die experimentelle Doku-Fiktion, die mit integrierten 3D-Scans arbeitet, skizziert Uzochukwus Beziehung zu seinem nigerianischen Vater. Die Vater-Figur im Film versucht verzweifelt, in Europa eine neue Heimat zu finden und die alte hinter sich zu lassen. Doch es will nicht gelingen.

Achtmal Alfred Böhm in seiner Rolle als „Leihopa“ präsentiert ORF III direkt danach ab 8.50 Uhr. Ebenfalls acht Folgen der „zeit.geschichte“ warten schließlich im Hauptabend. Anlässlich des 80. Jahrestages des japanischen Überraschungsangriffs auf die US-Marine in Pearl Harbor rekapituliert ORF III jene Ereignisse, die letztlich zum unmittelbaren Eintritt Amerikas in den Zweiten Weltkrieg führten. Zu sehen gibt es die Dokumentationen „Wendepunkte des Zweiten Weltkriegs: Pearl Harbor“ (20.15 Uhr), „Angriff auf Pearl Harbor – Das Rätsel um den 1. Schuss“ (21.10 Uhr), „Krieg im Pazifik – Der Kampf geht weiter“ (22.05 Uhr) und „Der General, der Japan in den 2. Weltkrieg führte“ (22.55 Uhr), gefolgt von vier weiteren Produktionen der Reihe „Wendepunkte des Zweiten Weltkriegs“ (ab 23.50 Uhr).

Sonntag, 5. Dezember

Aus dem Goldenen Saal des Wiener Musikvereins zeigt „Erlebnis Bühne matinee“ das glanzvolle Konzert „Christian Thielemann dirigiert Bruckners 1. Symphonie“ (8.45 Uhr). Die Wiener Philharmoniker nutzten den Kultur-Lockdown zu Jahresbeginn, um ihren Bruckner-Zyklus unter Maestro Christian Thielemann fortzusetzen. Dabei wurde auch diese Symphonie des Linzer Meisters ohne Saalpublikum aufgezeichnet.

Ebenfalls ohne Saalpublikum, dafür mit TV-Publikum geht um 20.15 Uhr schließlich die Premiere des „Don Giovanni“ in der Wiener Staatsoper über die Bühne. „Wir spielen für Österreich“ bringt die Neuinszenierung, die den Beginn eines neuen Mozart-Da-Ponte-Zyklus an der Wiener Staatsoper markiert, in einer Inszenierung von Barrie Kosky und unter der Leitung von Musikdirektor Philippe Jordan live-zeitversetzt österreichweit in die heimischen Wohnzimmer. Den Mittelpunkt in Wolfgang Amadeus Mozarts berühmter Oper bildet die faszinierende und skrupellose Gestalt des Frauenverführers aus Sevilla: Ein Liebhaber, der die geltenden Moralbegriffe seiner Zeit verletzt, aber auch zu großer Leidenschaft fähig ist. In der Titelpartie ist der US-amerikanische Bassbariton Kyle Ketelsen zu erleben. In weiteren Rollen sind u. a. Philippe Sly, Patricia Nolz und Kate Lindsey zu erleben.
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