Wiener Konzerthaus, Großer Saal, 6. April 2018
Wiener KammerOrchester
Ziyu He, Violine
Dorottya Láng, Mezzosopran
Stefan Vladar, Klavier, Dirigent
Wolfgang Amadeus Mozart, Ouverture zu «Le nozze di Figaro» K 492 (1785-1786),
Ch’io mi scordi di te … Non temer, amato bene «Verlassen sollte ich dich? … Fürchte nimmer, o mein Geliebter». Szene mit Rondo für Sopran mit obligatem Klavier und Orchester K 505 (1786)
Max Bruch, Konzert für Violine und Orchester g-moll op. 26 (1866)
Zugabe: Francisco Tárrega, Recuerdos de la Alhambra für Gitarre solo
Felix Mendelssohn Bartholdy, Symphonie Nr. 3 a-moll op. 56 «Schottische» (1829/1841-1842)
von Bianca Schumann
Im Fokus des Konzertabends, zu dem das Wiener KammerOrchester am Freitagabend geladen hatte, standen zwei junge Ausnahmekünstler. Die Mezzosopranistin Dorottya Láng und der Violinist Ziyu He. Vor und nach deren Darbietungen erklangen zwei Orchesterwerke: Die Ouvertüre zu Wolfgang Amadeus Mozarts Le nozze di Figaro und Felix Mendelssohn Bartholdys Symphonie Nr. 3, die „Schottische“.
Gewiss waren einige der zahlreich erschienenen Zuhörer gekommen, um sich von der romantischen Symphonie zumindest für knappe 40 Minuten in die idyllische Naturlandschaft Schottlands versetzen zu lassen. Doch die vom Wiener Konzerthaus im Rahmen des Förderprogramms „Great Talent“ präsentierten Nachwuchskünstler stahlen dem KammerOrchester die Show.
Nachdem die Ouvertüre zum Figaro kurz und knackig als gelungener Einstieg über die Bühne gebracht war, betrat Láng, eine gebürtige Ungarin, Ensemblemitglied der Staatsoper Hamburg, die Bühne. Stefan Vladar, Gewinner des Internationalen Beethoven Klavierwettbewerbs in Wien von 1985 und Dirigent des Abends, nahm am Klavier Platz.
Láng sang die 1786 komponierte Sopranarie für den Konzertgebrauch Ch’io mi scordi di te … Non temer, amato bene („Verlassen sollte ich dich? – Fürchte nimmer, o mein Geliebter“) voller Inbrunst. Die 1986 geborene Mezzosopranistin beeindruckte und berührte mit dem richtigen Maß an Theatralik, die diese Arie abverlangt. Ihre Stimme ist selbst in extremer Tiefe tragend, und jegliche Koloraturen meistert sie tadellos.
Doch auch der zweite Solist des Abends, der in China geborene He, konnte die Herzen des Publikums für sich gewinnen. Der erst achtzehn Jahre alte Geiger holte aus den drei Sätzen des Violinkonzerts von Max Bruch alles raus, was das Werk hergibt. Seine Doppelgriffe saßen astrein, der dramatische Ton, den das Werk nicht nur zu Beginn des ersten Satzes abverlangt, klang authentisch, und jegliche virtuose Figuration bewältigte er nahezu mühelos. Seine Zugabe, eine Transkription des Stücks Recuerdos de la Alhambra ursprünglich für Gitarre solo von Francisco Tárrega, überzeugte noch den letzten Zweifler: He verfügt über technische Fertigkeiten am Instrument, die auf eine große Zukunft des Geigers hoffen lassen.
Nach der Pause dann die große Symphonie des Abends! Vladar dirigierte auswendig, die Musiker spielten engagiert – teilweise gar zu engagiert. Hindurch der ganzen Symphonie wollte sich im Großen Saal einfach keine rechte Stimmung einnisten. Zu dramatisch, zu energisch, zu gewollt klangen viele Passagen der im Kern doch eher lyrisch angelegten Symphonie.
War das Andante con moto, mit dem die Symphonie in Form einer Einleitung anhebt, noch stimmig, so machte es den Anschein, als hätten die Musiker im folgenden Allegro den Zusatz des Komponisten – un poco agitato – übersehen. Für un poco – ein wenig – klang die Darbietung zu wild. Die lyrischen Melodien schienen wenig geeignet, um dem Werk auf Teufel komm raus einen extrovertiert leidenschaftlichen Stempel aufdrücken zu können.
Auch in den folgenden Sätzen wirkte die Aufführung teils übermotiviert. Ein wenig mehr Vertrauen in die Substanz der Musik selbst hätte hier vielleicht zuträglich gewirkt. Denn der überlaute Einsatz der Pauke und eine überstarke Akzentuierung der impliziten Rhythmik taten dem zweiten Satz nicht gut. Die Musik wirkte aufdringlich.
Im dritten Satz dann die ersten Momente lyrischer Verklärung. Die Geigen sangen ihre Melodien zwar nicht gerade introvertiert, aber nichtsdestotrotz sanft und mit der nötigen Ruhe. Auch wenn im Mittelteil des Satzes erneut etwas dick aufgetragen wurde, war dieser der bislang überzeugendste gewesen.
Der vierte Satz, das große Finale mit seinen spritzigen Themen, ist sehr temperamentvoll. Das Orchester gab alles. Die Pauke donnerte erneut unüberhörbar ihre Akzente in den Saal und auch die restlichen Instrumente zeigten nochmals allesamt, was in ihnen steckt. Leider litt in diesem Spektakel ein wenig die Durchhörbarkeit. Doch der Satz machte dennoch Wirkung. Wahrscheinlich hätte dieser indes noch bedeutsamer ausfallen können, wären die Sätze eins bis drei nicht schon dermaßen extrovertiert dargeboten worden. So war das meiste Pulver bereits verschossen.
Doch das Publikum war zufrieden und schenkte den Musikern anhaltenden Applaus und entließ die Musiker erst, nachdem auch diese sich allesamt dankend verbeugt hatten – eine schöne Geste.
Bianca Schumann, 7. April 2018, für
klassik-begeistert.de
Foto: Shirley Suarez