Jakub Hrůša führt durchs musikalische Osteuropa

Wiener Philharmoniker, Jakub Hrůša,  Dirigent  Wolkenturm, Grafenegg, 3. September 2023

Jakub Hrůša © Andreas Herzau

Wolkenturm, Grafenegg, 3. September 2023

Leoš Janáček: Suite aus „Das schlaue Füchslein“ (arrangiert von Sir Charles Mackerras)

George Enescu: Suite Nr. 1 in C-Dur für Orchester

Sergej Rachmaninow: Symphonische Tänze op. 45

Wiener Philharmoniker
Jakub Hrůša, Dirigent

von Herbert Hiess

Mit der Suite aus der Oper „Das schlaue Füchslein“ des mährischen Komponisten Leoš Janáček werden schmerzliche Erinnerungen an 2016 wach, wo der damals schon gesundheitlich angeschlagene Chefdirigent der Tschechischen Philharmonie Jiří Bělohlávek dieses Werk am selben Ort, nämlich am Wolkenturm aufführte evolver.at || Grafeneggs zehnjähriges Jubiläum.

Nun hatte der mährische Dirigent Jakub Hrůša die ehrenvolle Aufgabe, mit den Wiener Philharmonikern dieses Werk am gleichen Ort aufzuführen. Und niemand anderer als der weltweit geachtete Janáček-Spezialist Sir Charles Mackerras arrangierte aus dieser wunderschönen Oper diese symphonische Suite. Mit teils pastoralen Passagen (großartig hier Konzertmeister Volkhard Steude und vor allem die Flöten) und auch dramatischen Einwürfen schwelgten die Philharmoniker in totalem Schönklang. Und typisch Janáček – die letzten Takte schenkten dem Paukisten mit der äußerst raschen Tonfolge absolut nichts.

Nach Mähren ging es weiter ostwärts nach Rumänien zum Komponisten George Enescu, der offenbar als Geiger „Wunderkind-Status“ genoss. Schon mit 13 Jahren studierte er Komposition in Wien (unter anderem bei Joseph Hellmesberger jun.) und stürzte sich dann vollends in die Kompositions-Karriere.

1903 (also mit 22 Jahren) wurde die Suite Nr. 1 in C-Dur uraufgeführt, die die Philharmoniker unter Hrůša im Wolkenturm spielten. Und man hatte irgendwie den Charakter, eine Art „Studiensymphonie“ zu hören. Kompositionstechnisch natürlich brillant hatte das Werk musikalisch doch nicht so viel Aussagekraft, die man sich wünschen würde.

Der erste Satz heißt interessanterweise „Prélude à l’unisson“, was bei Enesco bedeutet, dass in ca. sieben Minuten die Streicher einstimmig mehrere Kantilenen spielten – also wunderbar ausgeführt; doch leider mit wenig Inhalt.

Die Sätze 2 – 4 klingen dafür recht spätromantisch und etwas Wagnerisch angehaucht; auch hier versuchten Dirigent und Orchester, diesem eher zu Recht unbekannten Werk musikalisches Leben einzuhauchen.

Musikalisch weitaus interessanter wurde es nach der Pause mit den „Symphonischen Tänzen“ des russischen Komponisten Sergej Rachmaninow. Dieses Werk mit der Opuszahl 45 ist sein absolut letztes Werk; nicht nur für großes Orchester, sondern auch für zwei Klaviere komponiert, ist es eigentlich ein Resümee seines kompositorischen Schaffens.

Oft zitiert er hier sich selbst; man hört oft Anklänge an seine (damals leider erfolglose) erste Symphonie und auch vor allem bei den Holzbläsern (hier wieder beeindruckend die Flötisten) manchmal die zweite Symphonie (da aus dem zweiten Satz „Allegro molto“). Interessant im ersten Satz ist das Erklingen eines Alt-Saxofons.

Den zweiten Satz könnte man als „Walzerfolge“ bezeichnen; oft fühlt man sich da in ein französisches Etablissement Abgesang und Hinwendung zum Glauben bezeichnet. Ein hochinteressantes Werk, das aber ein gutes Grundverständnis des musikalischen Schaffens Rachmaninows voraussetzt.

Dirigent Jakub Hrůša ist derzeit so eine Art Favorit der Wiener Philharmoniker und beweist auch immer wieder aufs Beste seine Fähigkeiten. Er hat einen „guten Draht“ zu den Musikern und man merkt, dass er sehr von ihnen geschätzt wird.

Vielleicht kann er in Zukunft weniger „hemdsärmelig“ an seine Arbeit rangehen; manchmal würde man sich mehr Tiefgründigkeit und Sentiment wünschen – vor allem bei den Walzern im zweiten Satz der Symphonischen Tänze hätte das gut gepasst.

Der Dirigent ist heuer 42 Jahre alt; also für einen Orchesterleiter noch recht jung. Man kann sich da in Zukunft noch einiges erwarten und man wird schauen, was die Zukunft (vor allem mit den Wiener Philharmonikern) noch bringen wird.

Herbert Hiess, 4. September 2023, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

Wiener Philharmonikern, Jakub Hrůša, Dirigent Kölner Philharmonie, 11. Mai 2023

Konzert des Symphonieorchesters des bayerischen Rundfunks unter Jakub Hrůša mit Lisa Batiashvili Isarphilharmonie, München, 03. März 2023

2. Soirée der Wiener Philharmoniker, Jakub Hrůša, Evgeny Kissin Musikverein, Wien, 30. November 2022

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