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23 – Elbphilharmonie Hamburg, Star Wars – Larger than Life.
Foto: Pixabay (c)
von Sebastian Koik
Die Bühne ist randvoll mit Stühlen und Instrumenten, viel Schlagwerk ist aufgebaut. Die in großer Zahl auf die Bühne strömenden Musiker des NDR Elbphilharmonie Orchesters füllen die wenigen Lücken.
Und dann beginnt sie, die Reise durch das Weltall!
Kollektiv schlagen die Streicher ihre Saiten an und erschaffen einen Marschrhythmus. Die Musiker setzen oft abrupt und überwältigend zu großen Dynamiksprüngen an. Es wird fast ohrenbetäubend laut. So laut, wie es bisher nur selten in der Elbphilharmonie wurde.
Die Musik ist kriegerisch, allen voran bei den Trommeln und im Blech. Der Dirigent Krzysztof Urbański bringt mit seinem Orchester das Klanggeschehen wahnsinnig gewaltig und stets hochpräzise in die Ohren und auf die Haut der Zuhörer.
Das Orchester baut nach dem Plan des Architekten Gustav Holst und seines kongenialen Bauleiters Krzysztof Urbański Welten, erschafft mit seinen raffinierten Handwerkern in den verschiedenen Gewerken beeindruckende Atmosphären und Klangfarben.
Wow!
Die mächtige Orgel der Elbphilharmonie ist wunderbar in das Geschehen integriert, auch wenn manche Konzertbesucher ihren eigentlich unüberhörbaren Einsatz bei der unfassbaren Klangmacht des allgemeinen Geschehens gar nicht mitbekommen, dass sie bei diesem Spektakel ebenfalls mitwirkt. Die sieben Sätze sind Planeten gewidmet, der Name des ersten Satzes lautet: „Mars, the Bringer of War“. Wie treffend.
Doch der Komponist Gustav Holst kann auch ganz anders! Der zweite Satz, „Venus, the Bringer of Peace“, beginnt sehr leise und friedvoll, zärtlich spielen die Holzbläser und Hörner, die Geigen und Bratschen klingen sanft. Der Kontrast zum ersten Satz ist enorm, Venus und Mars müssen wohl sehr verschiedene Planeten sein.
Im Gegensatz zur lauten Macht auf dem Mars, erklingen auf Holsts Venus oft nur einzelne Stimmen. Es ist ein sehr lichter Satz. Venus als paradiesische Lichtung voller Frieden. Man fühlt sich vollkommen sicher, beschützt und sehr, sehr gut aufgehoben. Auf Holsts Venus gibt es keine Furcht und keinerlei Negativität. Die zauberhaften Klänge der Celesta, des wundersamen „Glockenspiel-Klaviers“, machen das Paradies perfekt.
Der nächste Höhepunkt ist der vierte Satz mit dem Besuch auf dem Jupiter, „the Bringer of Jollity“, dem Bringer der Fröhlichkeit. Die Musik wird wieder schneller, heroischer, lauter. Die Streicher spielen eine herrliche Melodie voller Gefühle und lassen das Publikum in Schönheit baden. Wow!
Im fünften Satz wird der Saturn besucht. Der Beginn ist sehr, sehr langsam, es wird fast unerträgliche Spannung aufgebaut. Man ahnt, dass etwas passieren wird, hat aber keine Idee, was es sein wird. Die Musik wird immer unruhiger und schicksalsschwangerer, Kirchenglocken ertönen.
Am Ende „geht die Sonne auf“, eine Ordnung entsteht. Es sind sehr starke Minuten voller Spannung und Zauber.
Der sechste Satz trägt den Titel „Uranus, the Magician“. Er präsentiert viel Groteske und am Ende sehr Geheimnisvolles.
„Neptune, the Mystic“, lautet der letzte Satz. Hier sind sehr hohe, ätherische und sirenenartige Frauenstimmen aus einem unbestimmten Off zu hören. Das ist ungemein schön und voller geheimnisvollem Zauber. Ganz zum Schluss von Holsts Planeten sind nur noch die dreißig Frauenstimmen des wunderbaren Arnold Schoenberg Chores zu hören, die sich immer weiter entfernen und verklingen. Wunderbar!
Nach der Pause erklingt eine von Krzysztof Urbański zusammengestellte Suite aus der Filmmusik zu Star Wars von John Williams.
Der erste Satz mit dem „Main Title“ präsentiert dem Publikum eine der bekanntesten Melodien der Welt. Jeder, der nicht im tiefsten Dschungel oder unter strikstem Fernsehverbot aufgewachsen ist, kennt die Welt der Star Wars-Filme.
Es ist großartig, wie das NDR Elbphilharmonie Orchester unter dem Dirigenten Krzysztof Urbański diese Musik heroisch und höchst lebendig in die wunderbare und fein auflösende Akustik der Elbphilharmonie zaubert. Diese Musik klingt im Film schon immer und immer wieder so groß, doch das hier ist noch größer!
So schön, wie hier im Hamburger Musiktempel hat das wohl kaum jemand je gehört. Es heißt ja oft, dass die Filmwelt „larger than life“, größer als das Leben sei. Doch das hier ist größer als in einem der größten Film- und Filmmusikwunder überhaupt.
Der vierte Satz der Suite heißt „The Imperial March“. Der Name ist Programm, das Orchester bringt einen wahrlich kaiserlichen Marsch auf die Bühne. Das ist die Definition von heroischer Schlachtenmusik!
Im fünften Satz wird das NDR Elbphilharmonie Orchester zur wilden Jazzband, mit Schlagzeug, E-Kontrabass und kollektivem Fingerschnippen. Die Musiker haben sichtlich gewaltigen Spaß … und das Publikum rastet aus.
Das Orchester spielt alles spritzig und präzise, mit perfektem Timing, Spannung und Gefühl. Ganz am Ende gibt es Standing Ovations fast vom kompletten Saal! Das Konzert ist musikalisch ein großer Erfolg, … doch es ist noch sehr viel mehr. Es ist ein Konzert, das auf ganz außergewöhnliche Weise die Herzen vieler Menschen berührt.
Das war die Besprechung eines Konzertkritikers, doch das allein wird diesem besonderen Konzert nicht gerecht. Die Star Wars-Filme bewegen viele Menschen. Für sie ist Star Wars mehr als eine Reihe von Filmen. Auf der ganzen Welt kommen Menschen zu Fantreffen zusammen, zelebrieren diese Phantasiewelt und ihre schrägen Helden. Für viele Menschen hängen Kindheitserinnerungen an diesem großen Filmmärchen, das mit einzigartigen Figuren in den Weiten des Weltalls spielt.
Rund wird eine Besprechung eines solchen Konzertabends, in dem schätzungsweise 80 bis 90 Prozent Star Wars-Fans sitzen, vermutlich nur durch die Stimme eines der Fans, für die dieser Abend in der Elbphilharmonie mehr als ein Konzert wie andere ist. Diese Fans verbinden die Melodien des Abends mit so vielen Emotionen und Erinnerungen, dass sie das Konzert noch sehr anders und sehr viel intensiver erleben.
Viele dieser Konzertbesucher sind an diesem Abend emotional komplett überwältigt!
Hier die Stimme vom Hamburger Marcus Hoppe, einem dieser vielen Star Wars-Fans:
„Was hatte ich mich auf diesen Abend gefreut! Seit Monaten fieberte ich der STAR WARS Fanfare in der Elbphilharmonie entgegegen. Die Saga begleitet mich mein ganzes Leben lang, ich habe alle Filme im Kino auf der großen Leinwand erlebt. Und nun das, wer ist bitte auf diese überbordende Idee gekommen, gleich die ganze Suite hier aufzuführen? Applaus dafür! Mein bester Freund Nico hat einmal weise gesagt, dass STAR WARS der Soundtrack unseres Lebens ist. Luke- Skywalker-Darsteller Mark Hamill sagte auch etwas Schönes über die larger-than-life-Saga: ‚Die STAR WARS-Filme sprechen das Kind in uns allen an, wie die klassischen Disney-Filme. Sie tragen uns zurück in eine glücklichere Lebensphase, in der wir keine Miete zahlen und nicht um unsere Jobs oder unsere Ehen fürchten mussten.‘ Und so kam es dann, wie es kommen musste: schweißnasse Hände, Herzklopfen, Träne im Knopfloch, emotionaler Überlauf wie sonst nur bei Wagner, komplette Raserei! Der Große Saal war für eine halbe Stunde so voller Freude, überall (ja, auch auf der Bühne) nur glückliche Gesichter. Ich durfte wirklich schon bei vielen Konzerten im neuen Hamburger Tempel dabei sein, aber das hier war ein absolutes, ewiges Highlight! George Lucas, John Williams, Krzysztof Urbanski – Danke, may the force be with you!“
Sebastian Koik, 14. Mai 2018, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at
Star Wars – Larger than Life
Elbphilharmonie Hamburg, 10. Mai 2018
NDR Elbphilharmonie Orchester
Dirigent Krzysztof Urbański
Gustav Holst
Die Planeten / Suite für großes Orchester op. 32
John Williams
Suite aus der Filmmusik zu »Star Wars«
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