Asmik Grigorian liebt es, mit Konventionen zu brechen

CD-Rezension: Asmik Grigorian, Richard Strauss 4 + 4 = 8 >br> klassik-begeistert.de, 24. Februar 2024

CD-Rezension:

Asmik Grigorian

Richard Strauss
4 + 4 = 8

Laws of Solitude

Alpha 1046

von Peter Sommeregger

Die erst posthum uraufgeführten, so genannten vier letzten Lieder von Richard Strauss genießen seit ihrer Uraufführung 1950 mit Kirsten Flagstad unter Wilhelm Furtwängler Kultstatus. Der Komponist schwelgte darin
ein letztes Mal in überbordenden Kantilenen und spätromantischer Orchesterfülle. Seither haben sich unzählige Sopranistinnen dieser Lieder angenommen, sie gelten mittlerweile als Prüfstein für den Strauss-Gesang.

Mehr als weiland Kirsten Flagstad war Elisabeth Schwarzkopf mit gleich mehreren Einspielungen prägend für die Rezeptionsgeschichte dieser Lieder, viele Jahre später setzte Jessye Norman mit ihrer Version neue Maßstäbe. Nun legt auch die in den letzten Jahren zu Starruhm gelangte Asmik Grigorian eine Einspielung vor.

Grigorian liebt es, mit Konventionen zu brechen, was man an ihren Opernpartien merkt, die zumeist anders interpretiert werden, als gewohnt. Also ist es nicht verwunderlich, dass die Sängerin auch bei diesen ikonischen Liedern einen ungewöhnlichen Zugang wählt: die CD enthält nämlich nicht nur die Orchesterfassung der Lieder, sondern auch die weitaus seltener zu hörende Version mit Klavierbegleitung. Was zunächst verwundert, macht beim Hören aber durchaus Sinn.

Die literarisch anspruchsvollen Liedtexte von Hermann Hesse und Eichendorff geraten bei der Klangfülle des großen Orchesters leicht ins Hintertreffen, wirklich verstehen kann man sie nicht. Die Klavierfassung dagegen ermöglicht der Solistin eine differenzierte Gestaltung dieser Texte.

Asmik Grigorian schöpft beide Möglichkeiten voll aus, in der Orchesterfassung stellt sie ihren höhensicheren, edel timbrierten Sopran gebührend aus, das ist schiere Fülle des Wohllauts, ohne sich wirklich von den unzähligen anderen Einspielungen zu unterscheiden. In der Klavierversion nutzt sie klug die erweiterten Möglichkeiten, die ihr die schlanke Begleitung durch ein Soloinstrument bietet. Nun wird der Text in klarer Artikulation vorgetragen, im Einklang mit Markus Hinterhäuser am Klavier erfährt man die Tiefe dieser Texte. An wenigen Stellen vermisst man aber dann doch das Orchester, so findet beispielweise das schönheitstrunkene Violinsolo in „Beim Schlafengehen“ auf dem Klavier keine wirkliche Entsprechung.

Kompetent und sensibel ist die Begleitung der Solistin aber in beiden Fällen. Das Orchestre Philharmonique de Radio France unter Mikko Franck breitet für Grigorian einen luxuriösen, samtweichen Teppich aus, auf dem sich ihre Stimme optimal entfalten kann. Markus Hinterhäuser am Flügel schöpft das Potential des Klavierparts ebenfalls voll aus.

Auch bei mehrfachem Durchhören fällt die Entscheidung immer noch schwer, welcher Version man den Vorzug gibt. Höchstwahrscheinlich lag das sogar in der Absicht der Künstlerin. Das ein wenig bizarre Artwork der CD greift angeblich auf Zeichnungen von Grigorians Kindern zurück. Auch dies wieder ein Akt der Individualität und Kreativität.

Peter Sommeregger, 24. Februar 2024, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

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Ein Gedanke zu „CD-Rezension: Asmik Grigorian, Richard Strauss 4 + 4 = 8 >br> klassik-begeistert.de, 24. Februar 2024“

  1. Vier letzte Lieder – es gibt meiner Meinung nach nur eine Referenzaufnahme davon: Karajan und Gundula Janowitz.
    Davor und danach alles recht schön und gut, aber siehe eben oben.

    Frikra

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