Rusalka: Nach diesem Abend bleibt eine Enttäuschung über die Menschheit

Antonín Dvořák, Rusalka,  Volksoper Wien

Foto: Barbara Pálffy/Volksoper Wien (c)
Volksoper Wien
, 15. April 2018
Antonín Dvořák, Rusalka

von Mirjana Plath

Die Menschen zerstören nicht nur sich selbst, sondern auch ihre Umwelt. So interpretieren André Barbe und Renaud Doucet Antonín Dvořáks Märchenoper „Rusalka“, die zur Zeit an der Volksoper Wien läuft.

Barbe und Doucet zeichnen in ihrem Regiekonzept und der Bühnengestaltung ein düsteres Bild der Menschen. Gewaltsam straffen Klammern die faltige Haut der Hochzeitsgäste des Fürsten und verzerren damit deren Gesichtszüge. Wie wahnsinnig spritzen sich die Menschen dazu noch Botox ins Gesicht. Jede mögliche Körperstelle ist mit Silikon grotesk verunstaltet. Wer diesem Schönheitswahn (noch) nicht verfallen ist, rollt als überdimensionale Fettkugel über die Bühne. Selbst bei kleinen Kindern zeigen sich schon die Auswirkungen der Fehlernährung. Noch dazu verschmutzen die Menschen als Umweltsünder die romantische Märchenwelt von Rusalka mit unzähligen Müllsäcken und zerstören die liebevoll gestaltete Kulisse. Die hölzerne Bühne ist in Wellen geschwungen und mit Bäumen verziert. Sie strahlt Natürlichkeit aus und steht zusammen mit den Fabelwesen für eine unschuldige, reine Welt. So spielt die Inszenierung mit dem Kontrast zwischen Gut und Böse, zwischen Natur und Mensch.

Alfred Eschwé dirigiert Dvořáks Komposition sehr kraftvoll. Ähnlich wie bei den Operetten an der Volksoper klingt die Musik sehr emotional und mitreißend – die Kontraste zwischen melancholischen Pianissimi und aufbrausenden Forte spielen die Musiker deutlich aus. Beeindruckend ist wie immer, dass alle Mitglieder des Orchesters der Volksoper Wien zu einem Klangkörper verschmelzen und wie expressiv ihre Musik in den Theaterraum schallt.

Vincent Schirrmacher (Tenor) überzeugt gesanglich als Prinz. Er singt seine Töne präzise an und führt seine Melodien exakt und klar aus. Toll! Die Partie der Rusalka übernahm Sopranistin Kristiane Kaiser. Mit ihrem dunklen Stimmtimbre verleiht sie der Rolle Reifheit und Melancholie. Sie stellt keine unerfahrene Nymphe dar, sondern zeigt Rusalka als eine reife Frau, die Leid erfahren hat. Den Wassermann verkörperte der Bassist Yasushi Hirano. Auch er zeigt den Schmerz über Rusalkas Los eindrücklich in seiner Bühnendarstellung. Die drei Waldelfen Elisabeth Schwarz (Sopran), Elvira Soukop (Mezzosopran) und Sofiya Almazova (Mezzosopran) singen glockenhell und verweben ihre Stimmen schön miteinander. Wunderbar dämonisch spielt im Gegensatz dazu die Mezzosopranistin Annely Peebo die Hexe Ježibaba. Insgesamt ist die Aufführung eine solide Leistung aller Beteiligten.

Nach diesem Abend bleibt eine Enttäuschung über die Menschheit. Die Inszenierung zeigt keine Dystopie eines zerstörten Planeten, sondern leider eine Wahrheit, die wir uns alle eingestehen müssen.

Alfred Eschwé, Dirigent
André Barbe und Renaud Doucet, Regie und Ausstattung
Guy Simard, Licht
Renaud Doucet, Choreographie
Thomas Böttcher, Choreinstudierung
Vincent Schirrmacher, Der Prinz
Ursula Pfitzner, Die fremde Fürstin
Kristiane Kaiser, Rusalka
Yasushi Hirano, Der Wassermann
Annely Peebo, Die Hexe Ježibaba
Günter Haumer, Der Heger
Martina Dorak, Der Küchenjunge
Alexandre Beuchat, Der Jäger
Elisabeth Schwarz, Erste Waldelfe
Elvira Soukop, Zweite Waldelfe
Sofiya Almazova, Dritte Waldelfe
Orchester und Chor der Volksoper Wien
Wiener Staatsballett
Komparserie und Kinderkomparserie der Volksoper Wien
Bühnenorchester der Wiener Staatsoper

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