Händels „Saul“ als packendes Familiendrama

DVD-Rezension:

George Frideric Handel
Saul

Freiburger Barockorchester
Christopher Moulds

Unitel 805604

von Peter Sommeregger

Der Komponist Händel hatte bereits eine große Zahl an erfolgreichen Opern geschrieben, als sich der musikalische Trend der Zeit ab ca. 1730 wandelte, und das Publikum eher nach Oratorien verlangte. Für den flexiblen Tonsetzer war das kein Problem, wobei man Händels Oratorien durchaus den Opernkomponisten anmerkt, was ja kein Nachteil ist.

Auch beim Oratorium „Saul“, kurz vor dem besonders erfolgreichen „Messias“ entstanden, bleibt die musikalische Dramaturgie einer Oper präsent. So bietet sich wie bei nicht wenige der Oratorien Händels eine szenische Aufführung an.

Im Theater an der Wien nahm sich Claus Guth im letzten Jahr des Werkes an und realisierte mit einem sehr homogenen Ensemble von Solisten eine überzeugende, starke Deutung in Form einer Familienaufstellung. Die Familie König Sauls verfällt der Verzauberung durch den einfachen Knaben David, der sich anschickt, durch seine Heldentaten den König zu übertrumpfen. Währen Saul versucht, David zu töten, erliegen seine drei Kinder dem Charisma des Jünglings. „DVD Rezension: George Frideric Handel, Saul,
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Mendelssohn als emotionale Stütze

CD- Rezension:

Mendelssohn

Piano Concertos
Capriccio Brillant

Lars Vogt
Orchestre de Chambre de Paris

Ondine Ode 1400-2

von Peter Sommeregger

 Die gute Nachricht ist, dass eine neue Einspielung mit Lars Vogt auf dem Markt ist. Nachdem der Pianist im Vorjahr seine schwere Krebserkrankung öffentlich machte, gibt diese Veröffentlichung Anlass zur Hoffnung, und zeigt den Künstler auf der Höhe seines Könnens.

Es ist vielleicht kein Zufall, dass Vogt und das von ihm geleitete Orchestre de Chambre de Paris für diese CD ein reines Mendelssohn-Programm gewählt haben. Mendelssohns zwei Klavierkonzerte haben trotz der Moll-Tonarten eine Art von heiter-freundlichem Unterton, der für den Romantiker Mendelssohn nicht untypisch ist. „CD-Rezension: Mendelssohn, Piano Concertos, Capriccio Brillant, Lars Vogt
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CD-Rezension: Korngold, Die tote Stadt – ein emotionales Kammerspiel

CD-Rezension

Korngold Die tote Stadt

Finnish National Opera
Mikko Franck

Opus Arte OACD 9050D

von Peter Sommeregger

Die nach ihrer Uraufführung weltweit erfolgreiche Oper Erich Wolfgang Korngolds geriet nach dem Verbot von Korngolds gesamtem Werk durch die Nationalsozialisten in Vergessenheit. Die inzwischen weltweite Renaissance seiner Werke nahm mit dieser Oper ihren Anfang, inzwischen findet sie sich wieder auf internationalen Spielplänen.

Der nun auch als CD vorgelegte Mitschnitt stammt bereits aus dem Jahr 2010 und ist als DVD schon längere Zeit im Handel. Möglicherweise ist es die gewachsene Popularität der Hauptdarsteller und des Dirigenten Mikko Franck, die nun zur Veröffentlichung der Produktion der Finnischen Nationaloper geführt hat.

Dieses Werk wird hauptsächlich von dem Witwer Paul, und der Reinkarnation seiner verstorbenen Frau Marie in Gestalt der Tänzerin Marietta getragen. Es ist ein emotionales Kammerspiel, nur unterbrochen durch den Auftritt von Mitgliedern der Theatertruppe, der Marietta angehört. Am Ende erwacht Paul aus einem düsteren Traum und erkennt, dass er sich aus seiner Trauer und dem Kult um die Verstorbene lösen muss.

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Kämpferisch präsentiert Lena Belkina ihre neue CD in Wien

Foto: Lena Belkina ©

Mozarthaus, Wien, 19. März 2022

Benefiz / CD-Präsentation „Spring Night“
Lena Belkina,
Mezzosopran
Matthias Samuil,
Klavier

von Jürgen Pathy

Tief erschüttert. Dass Lena Belkina, die aktuellen Umstände in ihrer Heimat nicht kaltlassen, spürt man sofort. Nicht nur, weil die in der Ukraine aufgewachsene Sängerin zu Beginn ihrer CD-Präsentation schwer mit den Tränen zu kämpfen hat, sondern auch wegen der Programmauswahl, die sie anscheinend wegen der aktuellen Lage geändert hat. Eigentlich hätte ihre CD-Präsentation mit Mozarts Arie „Partoma tu ben mio“ des Sesto beginnen sollen – zumindest findet man das so im „Netz“. Geworden sind es aber andere Hosenrollen, mit denen sie Samstagabend im Wiener Mozarthaus dann beginnt.

Es sind drei Rollen, in die man einiges hinein interpretieren könnte. Zum einen die Anfangsarie aus dem „Rosenkavalier“, wo der blutjunge Octavian sich mit der Fürstin vergnügt. Zum anderen zwei Arien, die enormen Kampfgeist ausdrücken. Eine ist „Romeo“ aus Bellinis Oper „I Capuleti e i Monntechi“ und eine aus Rossinis opera seria „Tancredi“ – einem „anderen Helden“, wie Lena Belkina erklärt, die vor einigen Liedern und Arien eine kurze Ansprache hält.

„Lena Belkina, Benefiz / CD-Präsentation „Spring Night“,
Mozarthaus, Wien, 19. März 2022“
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Benjamin Bernheim mischt Italienisches mit Französischem stilsicher und brillant

CD-Rezension

Benjamin Bernheim
Boulevard des Italiens

Orchestra del Teatro Comunale di Bologna
Frédéric Chaslin

Deutsche Grammophon 486 1964

von Peter Sommeregger

Der französische Tenor Benjamin Bernheim hat sich in den letzten Jahren zum großen Hoffnungsträger seines notorisch unterbesetzten Stimmfaches entwickelt. Noch bewegt er sich eher im lyrischen Fach, aber seine kräftige, schön gebildete Stimme lässt einen allmählichen Übergang zum Spinto-Fach vermuten. Bernheim verfügt über etwas, das man nicht lernen kann, nämlich ein charakteristisches persönliches Timbre, das man nach wenigen Tönen erkennt.

Das Konzept seines neuen, zweiten Recitals für die Deutsche Grammophon spielt mit der Wechselwirkung italienischer Komponisten mit der französischen Grand Opéra. Die sorgfältig ausgewählten Arien und Szenen dieser CD sind sämtlich von italienischen Komponisten auf französische Libretti geschrieben, und wurden für die Aufführungen in Paris, der damaligen Opernhauptstadt umgearbeitet. „CD-Rezension: Benjamin Bernheim, Boulevard des Italiens,
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Giordanos „Siberia“ beim Maggio Musicale Fiorentino: Graue Mäuse im Permafrost

DVD-Rezension:

Umberto Giordano  SIBERIA

Orchestra e Coro del Maggio Musicale Fiorentino
Gianandrea Noseda

DYNAMIC 57928

von Peter Sommeregger

 Die Opern Umberto Giordanos erleben außerhalb Italiens mit Ausnahme des „Andrea Chénier“ nur selten Aufführungen, was man in Anbetracht ihrer musikalischen Qualitäten bedauern muss.

In Florenz hat man am 7. Juli 2021 eine neue Produktion von „Siberia“ vorgestellt. Dieses düstere Werk hat den freiwilligen Opfergang einer Frau zum Thema, die ihrem Geliebten, der ihretwegen zum Mörder wurde, in die Verbannung nach Sibirien folgt. Der Handlungsablauf ist gut gegliedert, zwei der drei Akte spielen bereits in Sibirien und sind entsprechend von grauer Tristesse gezeichnet. Giordanos Musik spricht aber eine ganz andere Sprache, die starken Emotionen speziell der Hauptfigur Stephana und ihres Geliebten Vassili finden in großen melodischen Bögen ihren Ausdruck. Auch der grimmige Bösewicht Glèby wird vom Komponisten gut charakterisiert, selbst den Nebenrollen wird durchaus musikalisches Profil verliehen.

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Jakub Józef Orliński : Vivaldis Stabat Mater – eine gesanglich großartige Leistung mit verstörendem Video

Vivaldi
Stabat Mater

Jakub Józef Orliński

Capella cracoviensis
Jan Tomasz Adamus

Erato 0190295060701

von Peter Sommeregger

 Der gefeierte polnische Countertenor Jakub Józef Orliński hat sich mit dieser Einspielung von Vivaldis Sakralwerk selbst einen lange gehegten Wunsch erfüllt. Er hatte das Stück schon mehrfach in Konzerten gesungen, zu der Plattenaufnahme kam es erst durch die in der Corona-Pandemie plötzlich zur Verfügung stehende Zeit.

Mit dem Ensemble Capella cracoviensis unter dem Dirigenten Jan Tomasz Adamus fanden die Tonaufnahmen im Juli 2020 in einem Krakauer Theater statt. Die Raumakustik scheint nicht ideal zu sein, es stellt sich ein etwas halliger Effekt ein, Orlińskis Stimme, die reich an Obertönen ist, kommt nicht optimal zur Geltung. „CD-Rezension: Vivaldi Stabat Mater, Jakub Józef Orliński,
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Martin Plüddemanns Balladen: Eine lohnenswerte Entdeckung

CD-Rezension:

Martin Plüddemann

„Balladen, Lieder und Legenden“ 

Ulf Bästlein  Bariton
Hedayet Jonas Djeddikar  Piano

NAXOS 8.551460-61

 von Peter Sommeregger

Der Name des Komponisten Martin Plüddemann dürfte heute höchstens noch Musikwissenschaftlern bekannt sein. Sein Werk, das hauptsächlich aus Balladen und Gesängen im Stile seines Vorbildes Carl Loewe besteht, geriet im Laufe des 20. Jahrhunderts im Gegensatz zu dem Loewes fast völlig in Vergessenheit.

Dabei hatte Plüddemann einen durchaus eigenständigen Stil kreiert und die gesungene Ballade weiterentwickelt. Neben kurzen pointierten Liedern finden sich geradezu ausladende Balladen von annähernd zwanzig Minuten Länge. Der Komponist fühlte sich berufen, die Tradition Loewes fortzusetzen und wurde nicht müde, seine Kompositionen selbst vorzutragen, wobei er sich selbst am Klavier begleitete. 1854 in Kolberg geboren, hatte er mehrfach intensiven Kontakt zu Richard Wagner und wurde zu einem seiner größten Bewunderer. Seine eigenen Kompositionen sind davon aber nicht wirklich beeinflusst.

In zwei Schaffensperioden komponierte er auf Texte Goethes, Heines, Wilhelm Müllers, Uhlands über 40 Balladen, darunter sehr originelle Titel wie „Loewes Herz“, das die tatsächlich stattgefundene separate Beisetzung von Carl Loewes Herz über der Orgel des Stettiner Domes thematisiert. Eine andere ist eine Huldigung an den toten Arthur Schopenhauer an dessen Bahre. Aber auch heitere Lieder wie „Die Katzen und der Hausherr“ gelangen ihm vortrefflich. Der Komponist starb bereits 1897 im Alter von nur 43 Jahren. „CD-Rezension: Martin Plüddemann, Balladen, Lieder und Legenden,
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Sondra Radvanovsky singt die drei Donizetti-Königinnen: Drama Baby, Drama!

Gaetano Donizetti    The three Queens

Sondra Radvanovsky
Orchestra and Chorus of the Lyric Opera of Chicago
Riccardo Frizza

Pentatone PTC 5186 970

von Peter Sommeregger

Der erfolgreiche Opernkomponist Donizetti hat neben vielen anderen erfolgreichen Werken auch Opern über die Königinnen Ann Boleyn (Bolena), Maria Stuart (Stuarda) und Elizabeth I. von England (Roberto Devereux) geschrieben. Die Interpretin der Titelrollen wird in allen drei Opern extrem gefordert, von je waren und sind sie bei Primadonnen des Belcanto sehr beliebt.

Die amerikanische Sopranistin Sondra Radvanovsky reiht sich mit ihrer Interpretation in eine lange Tradition ein. An einem ihrer Stamm-Opernhäuser, in Chicago, sang sie in Konzert-Aufführungen die Finali aller drei Opern, dabei unterstützt vom Chor und Orchester der Lyric Opera of Chicago und Solisten aus dem Ensemble. Der so genannte Zyklus der „Tudor-Queens“ ist historisch nicht ganz korrekt in der Benennung. Ann Boleyn war nur eine angeheiratete Tudor, Maria Stuart entstammte dem Geschlecht der Stuarts. „CD-Rezension: Gaetano Donizetti, The three Queens
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Tomasz Koniecznys emotionale Deutung von Gustav Mahlers und Aleksander Nowaks Liederzyklen

Foto: Tomasz Konieczny (c)

Apocalypse
Tomasz Konieczny  Bass-Bariton

Lech Napierala  Klavier

Gustav Mahler  Kindertotenlieder
Aleksander Nowak  Songs to Baczyński’s Poems

DSI 0002

 von Peter Sommeregger

 Der international gefeierte polnische Bass-Bariton Tomasz Konieczny legt mit dieser CD ein höchst persönliches Tondokument vor. In Zusammenarbeit mit dem National Centre for Culture Poland (NCC) wurde das Programm im November 2021 beim 3. Internationalen Eufonie-Festival aufgeführt, später in den Studios des Polnischen Rundfunks in Warschau für die CD eingespielt. „CD-Rezension: Tomasz Koniecznys emotionale Deutung von Gustav Mahlers und Aleksander Nowaks Liederzyklen“ weiterlesen