Die Deutsche Oper Berlin spart am Glamour, lässt die Stimmen glänzen und betont die Notwendigkeit zu helfen

Margot Friedländer © CHLietzmann

Den wärmsten Applaus an diesem Abend erhält Margot Friedländer, die kurz vor ihrem 103. Geburtstag steht, Ehrenbürgerin der Stadt Berlin ist und die Veranstaltung, die früher Aids-Gala hieß, mit ihrer Gegenwart beehrt hat. Es ist ein Zeichen der Zuwendung und der Hoffnung in dem sich abkühlenden gesellschaftlichen Klima: Es braucht nur der Name dieser wundervollen Frau genannt zu werden, damit warmherziger, langer Applaus aufbrandet. Das ist auch das, was die Aids-Hilfe benötigt: Solidarität und Mitgefühl mit den Erkrankten, davon fast die Hälfte Frauen und Kinder, von denen längst nicht alle den erforderlichen Zugang zu medizinischer Versorgung haben.

Festliche Opernnacht
für die deutsche AIDS-Stiftung in der
Deutschen Oper Berlin,
2. November 2024

Chor und Orchester der Deutschen Oper Berlin
Musikalische Leitung: Daniele Squeo
Chöre: Jeremy Bines

von Sandra Grohmann

Berlin, so hieß es Ende der Neunzigerjahre, habe keine „Gesellschaft“. Gemeint war die Gesellschaft der Arrivierten und Tonangebenden, die von den frechen Berlinern in deutscher Aussprache als „Haute Volaute“ verulkt wurde. „Opernnacht für die deutsche AIDS-Stiftung
Deutsche Oper Berlin, 2. November 2024“
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Respighis „La Fiamma“: An der Bismarckstraße wird gehext

La Fiamma, G. Vasiliev, O. Golovneva © Monika Rittershaus

Ottorino Respighi
La Fiamma

Silvana  Olesya Golovneva
Eudossia  Martina Serafin
Agnese  Doris Soffel
Basilio  Ivan Inverardi
Donello  Georgy Vasiliev

Regie  Christof Loy
Dirigent  Carlo Rizzi

Deutsche Oper Berlin, 29. September 2024, Premiere 

von Peter Sommeregger

Im Jahr 2009 erzielte die Deutsche Oper Berlin mit Ottorino Respighis erst posthum uraufgeführter Oper „Marie-Victoire“ einen respektablen Erfolg. Nun wagte man sich an das letzte vollendete Werk des 1936 verstorbenen Komponisten, „La Fiamma“.

Die Oper spielt im mittelalterlichen Ravenna, zu einer Zeit also, da Frauen oft schon aus nichtigem Anlass der Hexerei verdächtigt wurden, und nach kurzem Prozess auf dem Scheiterhaufen qualvoll endeten. „Ottorino Respighi, La Fiamma
Deutsche Oper Berlin, 29. September 2024, Premiere “
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„Nixon in China“ wird von einem überheblichen Regieteam beinahe zerstört

Nixon in China © Thomas Aurin

Aber auch der Rest des Ensembles lieferte souveräne Leistungen. Das Resultat war eine bemerkenswert konzentrierte und stimmige Realisierung von Adams’ Partitur, die eindeutig den Sieg über eine unsinnige und destruktive Regie davontrug.

John Adams
Nixon in China

Musik von John Adams
Libretto von Alice Goodman

Uraufführung am 22. Oktober 1987 an der Houston Grand Opera
Premiere an der Deutschen Oper Berlin am 22. Juni 2024

Musikalische Leitung:  Daniel Carter
Künstlerische Leitung:  Hauen und Stechen
Regie:  Franziska Kronfoth, Julia Lwowski
Bühne:  Yassu Yabara
Kostüme:  Christina Schmitt
Video, Live-Kamera:  Martin Mallon
Licht:  Henning Streck

Deutsche Oper Berlin, 4. Juli 2024

von Peter Sommeregger

Die den Staatsbesuch Richard Nixons 1972 in Peking schildernde Oper, 1987 in Houston uraufgeführt, hat sich seither die Opernbühnen der Welt erobert, und ist eines der wenigen neueren Werke des Musiktheaters, das sich nachhaltig im Repertoire etablieren konnte.

Nach einer konzertanten, halb szenischen Aufführung in der Berliner Philharmonie hat das Werk nun endlich auch den Weg auf eine der Opernbühnen der Stadt gefunden. Die Freude darüber schlägt aber schnell in Ärger um, da man die Oper zwar zu hören bekommt, aber mit einer Inszenierung konfrontiert ist, die alle negativen Klischees über das aktuelle Musiktheater bestätigt, ja noch weit übertrifft. „John Adams, Nixon in China
Deutsche Oper Berlin, 4. Juli 2024“
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Brangäne und Kurwenal: In der Deutschen Oper Berlin glänzen die Nebenrollen

Tristan und Isolde © Bettina Stöß

Tristan und Isolde: eine düstere Oper voller Todesahnungen. Jede Szene ein Verweis auf eine andere Welt.

Tristan und Isolde: eines der leidenschaftlichsten Paare der Welt- und Opernliteratur.

Da knistert es, es fliegen die Funken und es verblasst die ganze Welt, wenn die beiden übereinander herfallen und ineinander vergehen.

 „Tristan und Isolde“: eine uralte Geschichte, die von List und Trug, Zauber und Verfehlung – und von tiefer Menschlichkeit erzählt.

Auf der Bühne der Deutschen Oper Berlin war in der Repertoireaufführung Ende Juni von dieser Vielschichtigkeit nur bedingt etwas zu erleben.

Tristan und Isolde
Richard Wagner

Musikalische Leitung: Juraj Valčuha
Inszenierung: Sir Graham Vick
Orchester, Chor und Statisterie der Deutschen Oper Berlin 

Deutsche Oper Berlin, 30. Juni 2024

von Sandra Grohmann

Das lag vor allem an dem von Ricarda Merbeth und Michael Weinius verkörperten Paar, das – pardon – so sexy herüberkam wie die sprichwörtliche Schiesser Feinripp. Schuld daran war nicht allein die verfehlte Personenregie. Sondern vor allem, dass der Gesang des Titelpaares, das zugegebenermaßen zwei mörderische Partien zu bewältigen hat, mit wenigen Ausnahmen zu gezirkelt, zu korrekt, zu akademisch daherkam, um mitreißen zu können.

„Richard Wagner, Tristan und Isolde
Deutsche Oper Berlin, 30. Juni 2024“
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Die Überforderung gehört zum Programm – in der Oper, in China und in der ganzen Welt

Nixon in China © Thomas Aurin

Alles in allem: Ja, diese Inszenierung muss die Zuschauer, Zuhörer überfordern. Und ja, für einmal passt das zur Oper, ist kein aufgesetzter Regieeinfall. Wir sehen, hören, erleiden und genießen einen Abend lang unsere Welt, wie sie ist. Die Musik dazu ist köstlich. Und ganz gleich, ob man die überbordende Inszenierung mag: Die Premierenbesetzung macht den Abend jedenfalls äußerst hörenswert.

Nixon in China

Musik von John Adams
Libretto von Alice Goodman

Uraufführung am 22. Oktober 1987 an der Houston Grand Opera
Premiere an der Deutschen Oper Berlin am 22. Juni 2024

Musikalische Leitung:  Daniel Carter
Künstlerische Leitung:  Hauen und Stechen
Regie:  Franziska Kronfoth, Julia Lwowski
Bühne:  Yassu Yabara
Kostüme:  Christina Schmitt
Video, Live-Kamera:  Martin Mallon
Licht:  Henning Streck

von Sandra Grohmann 

John Adams’ „Nixon in China“ ist eine der eher wenigen Opern neueren Datums, die den Sprung ins Repertoire geschafft haben. Die eklektizistisch-minimalistische, äußerst eingängige Musik und das so anspielungsreiche wie zitatgesättigte Libretto von Alice Goodman bieten ebenso großartige Arien wie schmissige Chorszenen.

„Nixon in China, Musik von John Adams, Libretto von Alice Goodman
 Deutsche Oper Berlin, 22. Juni 2024, Premiere“
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Auch mit der Götterdämmerung legt der Herheim-Ring noch einen drauf... einschließlich der durchwegs sensationellen Stimmen

Götterdämmerung, Regie: Stefan Herheim © Bernd Uhlig

Spätestens mit der Götterdämmerung haut einen der Herheim-Ring regelrecht von den Socken: Nach einem bereits sensationellen Siegfried legt Regie wie Gesang nochmal einen drauf und sorgt für stehende Ovationen im Publikum. Vor allem Clay Hilleys Siegfried sprintet nochmal an die Spitze und das Orchester holt endlich den Wagner-Sound in die Bismarckstraße.

Deutsche Oper Berlin, 20. Mai 2024

Götterdämmerung
Musik und Libretto von Richard Wagner

von Johannes Karl Fischer

Drei Abende Anlauf hat’s gebraucht, nun ist es so weit: Unter der Leitung von Dirigent Nicholas Carter bringt das Orchester der Deutschen Oper Berlin bei der Götterdämmerung die Akustik dieses Hauses endlich in aller Pracht zum Strahlen und holt den Wagner-Sound in die Bismarckstraße.

Streicher wie Bläser fluten den Saal mit heldenhaften Motiven und  Melodien. Diese Götterdämmerung ging vom ersten bis zum letzten Takt richtig unter die Haut, gerade die Cello-Stelle am Beginn des Vorspiels rollte wie eine Rheinwelle durch den Raum und drang ganz tief ins Herz ein! „Götterdämmerung, Musik und Libretto von Richard Wagner
Deutsche Oper Berlin, 20. Mai 2024“
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Berlin: Stefan Herheims Regie und Ricarda Merbeths Brünnhilde räumen auch den Siegfried ab

Siegfried, Deutsche Oper Berlin, Ricarda Merbeth und Clay Hilley © JF

So einen genialen Siegfried hat die Opernwelt noch nicht gesehen! Mit einer immer kurzweiliger werdenden Inszenierung legte Stefan Herheim auch im Siegfried nochmal einen drauf und ließ die samt zwei Pausen von Wagnerianischer Länge sechsstündige Oper in einem Augenzwinkern vergehen. Auch musikalisch war der Siegfried eine Fortsetzung der Walküre: Wie eine omnipotent herrschende Gesangsgöttin ragte Ricarda Merbeths Brünnhilde – heute als Einspringerin für Elisabeth Teige – aus einem allesamt herausragenden Gesangsensemble heraus.

Siegfried
Musik und Libretto von Richard Wagner

Deutsche Oper Berlin, 18. Mai 2024

von Johannes Karl Fischer

Ein als Clown verkleideter Alberich schleicht in alle Ecken umher wie ein neckisches Kind, während der Wanderer wie ein vom Himmel herabwachender Gott auf Mimes Hütte blickt. Unübersehbar omnipräsent türmen sich die Berge an Koffern, aus denen die Nibelungen einst das Rheingold auspackten. Das reine, verfluchte Gold will eben den Blick des Zuschauers nicht verlassen. Und Brünnhilde? „Siegfried, Musik und Libretto von Richard Wagner
Deutsche Oper Berlin, 18. Mai 2024“
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Mit der Walküre nimmt der Herheim-Ring an Fahrt auf... und Ricarda Merbeths Brünnhilde singt gleich das ganze Rheingold in Grund und Boden

DIE WALKÜRE, Regie: Stefan Herheim, Premiere: 27.9.2020 © Bernd Uhlig

Na also, geht doch! Nachdem sich das Rheingold am Vorabend mit vielen Fragezeichen verabschiedet hatte, drehte Stefan Herheims Regie am zweiten Ring-Abend mächtig auf und sorgte für fünfeinhalb packende, äußerst kurzweilige Opernstunden. Auch gesanglich konnte die Walküre das Rheingold nochmal toppen, allen voran Ricarda Merbeths bissig-brillante Brünnhilde.

Die Walküre
Musik und Libretto von Richard Wagner

Deutsche Oper Berlin, 12. Mai 2024

von Johannes Karl Fischer

Kaum hatte sich der Vorhang zum zweiten Ring-Abend geöffnet, war auch schon wieder das omnipräsente, bislang etwas ominöse Klavier zu sehen. Diesmal allerdings mit dem Schwert Nothung in der Klaviatur. Alles klar, die Musik ist ja das Bindeglied des ganzen Rings. Was für eine geniale Idee, jetzt macht die Schlüsselrolle des Flügels in dieser Ring-Regie endlich Sinn! Passend dazu scheint Wotan die Partitur als Weltherrschaftsplan zu verwenden und ganz nebenbei noch die Oper zu korrepetieren… „Die Walküre, Musik und Libretto von Richard Wagner
Deutsche Oper Berlin, 12. Mai 2024“
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Frisch weht der Wind dem Rheingold zu: An der Deutschen Oper Berlin gelingt auch der Ring-Auftakt dieser Wagner-lastigen Spielzeit

DAS RHEINGOLD, Regie: Stefan Herheim, Premiere: 12.6.2021 © Bernd Uhlig

Alle 10 Bayreuth-Werke in einer Spielzeit: Mit dieser Ankündigung sorgte die Deutsche Oper Berlin schon bei der Saisonvorschau letzten März für flammende Euphorie in den Kennerkreisen. Die entsprechende Vorfreude auf den Ring-Auftakt war mehr denn berechtigt: Vor allem mit einem durchwegs souveränen Gesangsensemble zementierte sich die Bismarckstraße auf den Spitzenplätzen der Wagner-Welt. 


Das Rheingold

Musik und Libretto von Richard Wagner

Deutsche Oper Berlin, 11. Mai 2024


von Johannes Karl Fischer

Zweifelsohne gehört der Ring des Nibelungen zu den Highlights dieses ambitionierten Wagner-Megaprojekts… gleich dreimal ist das Mammutwerk in seiner 15-Stündigen und über vier Abende ausdehnenden Gesamtlänge an der Deutschen Oper Berlin zu erleben. Die Wagner-Welt fiebert mal wieder dem Programm in der Bismarckstraße entgegen. Und, wie war’s nun?

Musikalisch auf jeden Fall fantastisch! Schon die Rheintöchter – Lea-Ann Dunbar, Arianna Manganello und Karis Tucker – sorgten mit faszinierendem stimmlichen wie szenischen Auftritt für einen fulminanten Start in den Abend. Ich habe mittlerweile doch einige Rheingolde gesehen und noch nie eine einzige Rheintochter mit solch kräftiger, allumschlingender Stimme gehört, geschweige denn drei auf einmal. Als stünden gleich drei Top-Brünnhildes, Sieglindes und Frickas auf der Bühne. „Das Rheingold, Musik und Libretto von Richard Wagner
Deutsche Oper Berlin, 11. Mai 2024“
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Wenn aus der Tragödie eine Burleske wird... oder nicht doch eher umgekehrt?

Philipp Jekal und Philipp Bengtsson, „Intermezzo“ © Monika Rittershaus/Deutsche Oper Berlin

Richard Strauss (1864 – 1949)
Intermezzo

Libretto vom Komponisten
In deutscher Sprache mit Übertiteln.

Uraufführung 1924 in Dresden

Deutsche Oper Berlin, 1. Mai 2024

von Dr. Bianca Maria Gerlich

„Intermezzo“ – was für ein merkwürdiger, aber doch passender Titel mit doppelter Bedeutung: Zum einen ist das Zwischenspiel einer Ehe gemeint, jene Zeit, die genau inmitten der Ehejahre liegt und die, scheinbar gefestigt, doch noch auf die Probe gestellt wird. Zum anderen gibt es nach jeder Szene musikalische Zwischenspiele, die dem Zuschauer vieles mitzuteilen haben. „Richard Strauss (1864 – 1949), Intermezzo, Libretto vom Komponisten
Deutsche Oper Berlin, 1. Mai 2024“
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