„Frau ohne Schatten“ – aus bedrückender Finsternis geht strahlende Menschlichkeit hervor

„Die Frau ohne Schatten“ von Richard Strauss, Regie: Tobias Kratzer, Premiere am 26. Januar 2025 Deutsche Oper Berlin © Thomas Aurin

„Sie sehen aus, als kämen Sie aus Teneriffa!“ sagt meine Pausennachbarin, als ich aufgewühlt aus dem Saal an den Tisch komme:

Bei Bedarf lässt sich also durch einen Opernbesuch auch ein Sonnenbrand simulieren. Dabei führt Richard Strauss’ „Frau ohne Schatten“ erst ganz am Ende aus bedrückender Finsternis in strahlende Menschlichkeit.

Richard Strauss
Die Frau ohne Schatten
Oper in drei Akten (1919)

Musik von Richard Strauss
Text von Hugo von Hofmannsthal

Musikalische Leitung: Donald Runnicles
Orchester der Deutschen Oper Berlin
Inszenierung: Tobias Kratzer
Bühne, Kostüme: Rainer Sellmaier
Licht: Olaf Winter
Video: Jonas Dahl, Manuel Braun, Janis Bebi

Deutsche Oper Berlin, 30. Januar 2025

von Sandra Grohmann

Erst nachdem ihr Geist- und Menschsein in allen Widersprüchlichkeiten durchdekliniert worden ist, ringt sich die Titelheldin zu ihrem „Ich will nicht“ durch. Das ist die Absage an die Geisterwelt, in der kein Mitgefühl zu Hause ist. Die Frau ohne Schatten will nicht einer anderen Frau den Schatten wegnehmen, um selbst einen zu bekommen. „Richard Strauss, Die Frau ohne Schatten
Deutsche Oper Berlin, 30. Januar 2025“
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„Die Frau ohne Schatten“ in Berlin: Tobias Kratzer erschlägt die Poesie mit der Brechstange

„Die Frau ohne Schatten“ von Richard Strauss, Regie: Tobias Kratzer, Premiere am 26. Januar 2025 Deutsche Oper Berlin © Thomas Aurin

„Wahrlich, es ist angelegt aufs Zertreten des Zarten, und es siegt das Plumpe“ (Färberin, 2. Akt).

Dieses Zitat könnte als Motto über einer jeglicher Poesie und Empathie beraubten Deutung des Strauss-Hofmannsthalschen Meisterwerkes durch Tobias Kratzer stehen.

Richard Strauss
Die Frau ohne Schatten
Oper in drei Akten (1919)

Musik von Richard Strauss
Text von Hugo von Hofmannsthal

Regie   Tobias Kratzer
Ausstattung   Rainer Sellmaier
Dirigent   Sir Donald Runnicles

Deutsche Oper Berlin, 26. Januar 2025 Premiere 

von Peter Sommeregger

Bereits wenige Minuten nach dem Heben des Vorhanges ist klar, wohin die Reise geht: statt des Geisterboten erscheint ein Amazon-Zusteller, der Pakete in eine streng durchgestylte Wohnung liefert. Das übersinnliche Element des Stoffes versucht der Regisseur Tobias Kratzer konsequent auszublenden, entzieht damit aber dem Stück seine Glaubwürdigkeit und Poesie. „Richard Strauss, Die Frau ohne Schatten
Deutsche Oper Berlin, 26. Januar 2025 Premiere “
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Der Spielzeit-Höhepunkt an der Deutschen Oper Berlin: Tobias Kratzer inszeniert „Die Frau ohne Schatten“

„Die Frau ohne Schatten“ von Richard Strauss, Regie: Tobias Kratzer, Premiere am 26. Januar 2025 Deutsche Oper Berlin © Thomas Aurin

Mit der Frau ohne Schatten beendet der Regisseur Tobias Kratzer seine Strauss-Trilogie: 2023 Arabella, 2024 Intermezzo und nun, 2025, die so schwer fassbare Frau ohne Schatten. Erneut brilliert Kratzer mit cleveren und lustigen Einfällen. In Kombination mit starken Sängern, einem souveränen Runnicles und dem perfekt abgestimmten Orchester der Deutschen Oper wird der Abend unvergesslich.

Richard Strauss
Die Frau ohne Schatten
Oper in drei Akten (1919)

Musik von Richard Strauss
Text von Hugo von Hofmannsthal

Musikalische Leitung: Donald Runnicles
Orchester der Deutschen Oper Berlin
Inszenierung: Tobias Kratzer
Bühne, Kostüme: Rainer Sellmaier
Licht: Olaf Winter
Video: Jonas Dahl, Manuel Braun, Janis Bebi

Deutsche Oper Berlin, 26. Januar 2025 PREMIERE

 von Arthur Bertelsmann

Die Frau ohne Schatten ist vermutlich die vertrackteste Strauss-Oper – ist dieses Werk doch mehr fantastisches Märchen als dramatisches Theater: sprechende Fische und ein Wahrheitsbrunnen tauchen auf, der Boden verschluckt Menschen, ein versteinerter Kaiser und, und, und… „Richard Strauss, Die Frau ohne Schatten
Deutsche Oper Berlin, 26. Januar PREMIERE“
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Macbeth mäandert zwischen Machtgier und Hexenwahn

Macbeth/Burdenko, Moore © Eike Walkenhorst

In Zeiten wie den unseren zeigt sich zwanglos, wie zeitlos Oper ist. Weil sie die ganz großen Themen behandelt. Die Themen, die uns heute – leider wieder verstärkt – bewegen. Für fast alle Verdi-Opern lässt sich das so sagen, und ganz sicher für den Macbeth.

PREMIERE

Giuseppe Verdi, Macbeth

Libretto von Francesco Maria Piave und Andrea Maffei nach William Shakespeare

Pariser Fassung von 1865

Orchester der Deutschen Oper Berlin unter der Leitung von Enrique Mazzola
Chor der Deutschen Oper Berlin, Einstudierung: Jeremy Bines

Regie und Video: Marie-Ève Signeyrole
Bühne: Fabien Teigné
Kostüme: Yashi

Macbeth  Roman Burdenko
Lady Macbeth  Felicia Moore
Banquo  Marko Mimica
Kammerfrau der Lady  Nina Solodovnikova
Macduff  Attilio Glaser
Malcolm  Thomas Cilluffo

 Deutsche Oper Berlin, 23. November 2024, Premiere


von
Sandra Grohmann

Dietmar Schwarz bemerkt bei der Premierenfeier, sicher nicht zum ersten Mal, dass Buh-Rufe mittlerweile als Qualitätsmerkmal gelten können. Wenn das so ist, dann muss es nachdenklich stimmen, dass mein Sitznachbar und ich weder diese Buhrufe nachvollziehen können noch besonders begeistert sind von der neuen Inszenierung des Macbeth an der Deutschen Oper Berlin. Macht aber nichts, denn die musikalische Qualität ist vorzüglich.

„Giuseppe Verdi, Macbeth
 Deutsche Oper Berlin, 23. November 2024, Premiere“
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„Macbeth“ an der Deutschen Oper Berlin: Man kann nicht alle Fehler auf einmal machen – aber man kann es versuchen!

Macbeth/Burdenko, Mimica © Eike Walkenhorst

PREMIERE

Giuseppe Verdi
Macbeth

Roman Burdenko  Macbeth
Marko Mimica  Banquo
Felicia Moore  Lady Macbeth
Attilio Glaser  Macduff

Marie-Ève Signeyrole  Regie                        Enrique Mazzola  Musikalische Leitung

Deutsche Oper Berlin, Premiere am 23. November 2024

von Peter Sommeregger

Das Missvergnügen an diesem Abend beginnt bereits beim Lesen des Programmheftes. Die angekündigte Anastasia Bartoli als Lady Macbeth wurde kommentarlos durch Felicia Moore, offensichtlich die Cover-Besetzung, ersetzt. „Giuseppe Verdi, Macbeth
Deutsche Oper Berlin, 23. November 2024 Premiere“
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Die Deutsche Oper Berlin spart am Glamour, lässt die Stimmen glänzen und betont die Notwendigkeit zu helfen

Margot Friedländer © CHLietzmann

Den wärmsten Applaus an diesem Abend erhält Margot Friedländer, die kurz vor ihrem 103. Geburtstag steht, Ehrenbürgerin der Stadt Berlin ist und die Veranstaltung, die früher Aids-Gala hieß, mit ihrer Gegenwart beehrt hat. Es ist ein Zeichen der Zuwendung und der Hoffnung in dem sich abkühlenden gesellschaftlichen Klima: Es braucht nur der Name dieser wundervollen Frau genannt zu werden, damit warmherziger, langer Applaus aufbrandet. Das ist auch das, was die Aids-Hilfe benötigt: Solidarität und Mitgefühl mit den Erkrankten, davon fast die Hälfte Frauen und Kinder, von denen längst nicht alle den erforderlichen Zugang zu medizinischer Versorgung haben.

Festliche Opernnacht
für die deutsche AIDS-Stiftung in der
Deutschen Oper Berlin,
2. November 2024

Chor und Orchester der Deutschen Oper Berlin
Musikalische Leitung: Daniele Squeo
Chöre: Jeremy Bines

von Sandra Grohmann

Berlin, so hieß es Ende der Neunzigerjahre, habe keine „Gesellschaft“. Gemeint war die Gesellschaft der Arrivierten und Tonangebenden, die von den frechen Berlinern in deutscher Aussprache als „Haute Volaute“ verulkt wurde. „Opernnacht für die deutsche AIDS-Stiftung
Deutsche Oper Berlin, 2. November 2024“
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Respighis „La Fiamma“: An der Bismarckstraße wird gehext

La Fiamma, G. Vasiliev, O. Golovneva © Monika Rittershaus

Ottorino Respighi
La Fiamma

Silvana  Olesya Golovneva
Eudossia  Martina Serafin
Agnese  Doris Soffel
Basilio  Ivan Inverardi
Donello  Georgy Vasiliev

Regie  Christof Loy
Dirigent  Carlo Rizzi

Deutsche Oper Berlin, 29. September 2024, Premiere 

von Peter Sommeregger

Im Jahr 2009 erzielte die Deutsche Oper Berlin mit Ottorino Respighis erst posthum uraufgeführter Oper „Marie-Victoire“ einen respektablen Erfolg. Nun wagte man sich an das letzte vollendete Werk des 1936 verstorbenen Komponisten, „La Fiamma“.

Die Oper spielt im mittelalterlichen Ravenna, zu einer Zeit also, da Frauen oft schon aus nichtigem Anlass der Hexerei verdächtigt wurden, und nach kurzem Prozess auf dem Scheiterhaufen qualvoll endeten. „Ottorino Respighi, La Fiamma
Deutsche Oper Berlin, 29. September 2024, Premiere “
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„Nixon in China“ wird von einem überheblichen Regieteam beinahe zerstört

Nixon in China © Thomas Aurin

Aber auch der Rest des Ensembles lieferte souveräne Leistungen. Das Resultat war eine bemerkenswert konzentrierte und stimmige Realisierung von Adams’ Partitur, die eindeutig den Sieg über eine unsinnige und destruktive Regie davontrug.

John Adams
Nixon in China

Musik von John Adams
Libretto von Alice Goodman

Uraufführung am 22. Oktober 1987 an der Houston Grand Opera
Premiere an der Deutschen Oper Berlin am 22. Juni 2024

Musikalische Leitung:  Daniel Carter
Künstlerische Leitung:  Hauen und Stechen
Regie:  Franziska Kronfoth, Julia Lwowski
Bühne:  Yassu Yabara
Kostüme:  Christina Schmitt
Video, Live-Kamera:  Martin Mallon
Licht:  Henning Streck

Deutsche Oper Berlin, 4. Juli 2024

von Peter Sommeregger

Die den Staatsbesuch Richard Nixons 1972 in Peking schildernde Oper, 1987 in Houston uraufgeführt, hat sich seither die Opernbühnen der Welt erobert, und ist eines der wenigen neueren Werke des Musiktheaters, das sich nachhaltig im Repertoire etablieren konnte.

Nach einer konzertanten, halb szenischen Aufführung in der Berliner Philharmonie hat das Werk nun endlich auch den Weg auf eine der Opernbühnen der Stadt gefunden. Die Freude darüber schlägt aber schnell in Ärger um, da man die Oper zwar zu hören bekommt, aber mit einer Inszenierung konfrontiert ist, die alle negativen Klischees über das aktuelle Musiktheater bestätigt, ja noch weit übertrifft. „John Adams, Nixon in China
Deutsche Oper Berlin, 4. Juli 2024“
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Brangäne und Kurwenal: In der Deutschen Oper Berlin glänzen die Nebenrollen

Tristan und Isolde © Bettina Stöß

Tristan und Isolde: eine düstere Oper voller Todesahnungen. Jede Szene ein Verweis auf eine andere Welt.

Tristan und Isolde: eines der leidenschaftlichsten Paare der Welt- und Opernliteratur.

Da knistert es, es fliegen die Funken und es verblasst die ganze Welt, wenn die beiden übereinander herfallen und ineinander vergehen.

 „Tristan und Isolde“: eine uralte Geschichte, die von List und Trug, Zauber und Verfehlung – und von tiefer Menschlichkeit erzählt.

Auf der Bühne der Deutschen Oper Berlin war in der Repertoireaufführung Ende Juni von dieser Vielschichtigkeit nur bedingt etwas zu erleben.

Tristan und Isolde
Richard Wagner

Musikalische Leitung: Juraj Valčuha
Inszenierung: Sir Graham Vick
Orchester, Chor und Statisterie der Deutschen Oper Berlin 

Deutsche Oper Berlin, 30. Juni 2024

von Sandra Grohmann

Das lag vor allem an dem von Ricarda Merbeth und Michael Weinius verkörperten Paar, das – pardon – so sexy herüberkam wie die sprichwörtliche Schiesser Feinripp. Schuld daran war nicht allein die verfehlte Personenregie. Sondern vor allem, dass der Gesang des Titelpaares, das zugegebenermaßen zwei mörderische Partien zu bewältigen hat, mit wenigen Ausnahmen zu gezirkelt, zu korrekt, zu akademisch daherkam, um mitreißen zu können.

„Richard Wagner, Tristan und Isolde
Deutsche Oper Berlin, 30. Juni 2024“
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Die Überforderung gehört zum Programm – in der Oper, in China und in der ganzen Welt

Nixon in China © Thomas Aurin

Alles in allem: Ja, diese Inszenierung muss die Zuschauer, Zuhörer überfordern. Und ja, für einmal passt das zur Oper, ist kein aufgesetzter Regieeinfall. Wir sehen, hören, erleiden und genießen einen Abend lang unsere Welt, wie sie ist. Die Musik dazu ist köstlich. Und ganz gleich, ob man die überbordende Inszenierung mag: Die Premierenbesetzung macht den Abend jedenfalls äußerst hörenswert.

Nixon in China

Musik von John Adams
Libretto von Alice Goodman

Uraufführung am 22. Oktober 1987 an der Houston Grand Opera
Premiere an der Deutschen Oper Berlin am 22. Juni 2024

Musikalische Leitung:  Daniel Carter
Künstlerische Leitung:  Hauen und Stechen
Regie:  Franziska Kronfoth, Julia Lwowski
Bühne:  Yassu Yabara
Kostüme:  Christina Schmitt
Video, Live-Kamera:  Martin Mallon
Licht:  Henning Streck

von Sandra Grohmann 

John Adams’ „Nixon in China“ ist eine der eher wenigen Opern neueren Datums, die den Sprung ins Repertoire geschafft haben. Die eklektizistisch-minimalistische, äußerst eingängige Musik und das so anspielungsreiche wie zitatgesättigte Libretto von Alice Goodman bieten ebenso großartige Arien wie schmissige Chorszenen.

„Nixon in China, Musik von John Adams, Libretto von Alice Goodman
 Deutsche Oper Berlin, 22. Juni 2024, Premiere“
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