Fuego español: Ein Spanisches Feuerwerk beseelt Lübeck

Fotos: Dr. Regina Ströbl

Musik- und Kongresshalle Lübeck, 7. Februar 2022

Werke von Joaquín Rodrigo, Manuel de Falla, Maurice Ravel und anderen

Philharmonisches Orchester der Hansestadt Lübeck
Josep Caballé-Domenech Dirigent

Xavier de Maistre Harfe
Chor des Theaters Lübeck

von Dr. Andreas Ströbl

Sonne, Wärme, Farben, mitreißende Musik – wer sich im Lübecker Schmuddel-Winter keinen Kurzurlaub nach Spanien leisten kann, hatte am 6. und 7. Februar zumindest für ein paar Stunden die Möglichkeit, Matsch und Kälte komplett zu vergessen. Das 5. Symphoniekonzert bot ein wahres Feuerwerk an rasanter und leidenschaftlicher Musik aus Spanien und zwei Stücken von Nichtspaniern, die den Blick dorthin musikalisch umsetzten. Eine bessere Wahl für die Leitung dieses Konzerts als den spanischen Gastdirigenten Josep Caballé-Domenech hätte man dabei nicht treffen können.

Ein Meisterstück musikalischen Humors ist die Adaption von Boccherinis „Quattro versioni originali della Ritirata Notturna di Madrid“ von Luciano Berio. Durch seinen getrommelten Bolero-Rhythmus bildet dieses Auftragswerk von 1975 zusammen mit Ravels „Boléro“ am Ende des Konzerts eine wunderbar stimmige Rahmung. Augenzwinkernd spielt Berio mit den Variationen des wohlbekannten Themas, verfremdet es, wirft Dissonanzen ein und schafft eine liebevoll-witzige Hommage an den Altvorderen, dessen Musik auch im Original nach wie vor frisch und fröhlich ist. Nach kraftvollen Tutti marschiert die Musik gleichsam im Pianissimo aus dem Saal, mit einem Publikum, das tatsächlich erst mucksmäuschenstill, dann begeistert applaudierend ein großartiges Orchester würdigt. „5. Symphoniekonzert in der Musik- und Kongresshalle Lübeck,
7. Februar 2022 “
weiterlesen

Meyerbeers „Le Prophète“ in Linz: eine düstere Angelegenheit mit musikalischen Lichtblicken

Foto: Barbara Palffy (c)
Musiktheater Linz,
18. Oktober 2019
Giacomo Meyerbeer, „Le Prophète”

von Charles E. Ritterband

Heute kaum mehr nachvollziehbar: Mitte des 19. Jahrhunderts hatte Giacomo Meyerbeer weltweit die Spielpläne der großen Opernhäuser beherrscht. Richard Wagner bewunderte ihn – und übergoss ihn mit antisemitischen Schmähungen. Doch allmählich verschwanden Meyerbeers Werke aus dem Repertoire – sie wurden als oberflächlich kritisiert.

Dies ist teilweise nachvollziehbar; Passagen aus dem „Prophète“ erinnern an Jacques Offenbach, bieten aber nicht dessen hinreißende Verve und wirken im Handlungskontext dieser düsteren Oper doch eher deplatziert. Ende des 20. Jahrhunderts begann man sich an den namentlich jedermann geläufigen aber wenig gespielten Komponisten wieder zu erinnern. „Giacomo Meyerbeer, „Le Prophète”,
Musiktheater Linz, 18. Oktober 2019“
weiterlesen

"Pentesilea": Begeisterter Applaus im Landestheater Linz

Martin Achrainer, Dshamilja Kaiser und Ensemble. Foto: Reinhard Winkler / Landestheater Linz  ©

Othmar Schoeck, PENTESILEA – Premiere am Musiktheater des Landestheaters Linz, Großer Saal, 2. März 2019
Oper in einem Akt nach dem gleichnamigen Theaterstück von Heinrich von Kleist, Libretto und Musik von Othmar Schoeck

von Petra und Helmut Huber (onlinemerker.com)

Ein noch mehr als jene in Vergessenheit geratener Zeitgenosse der Spätromantiker Franz Schreker und Alexander Zemlinsky ist Othmar Schoeck, geboren 1886 im Kanton Schwyz, gestorben 1957 in Zürich. Er wurde außer im Zürcher Konservatorium auch bei Max Reger (damals in Leipzig) ausgebildet. Nach kleineren, auch musikdramatischen Werken von ihm wurde eine einaktige Oper 1927 in der Dresdner Semperoper uraufgeführt: die schon im Original 1808 sperrige und weithin, unter anderem von Goethe, abgelehnte Tragödie über die tragische Liebe der Amazonenkönigin Penthesilea; deren Konflikt mit alten, längst sinnentleerten „Ordensregeln“ führt zu einer blutrünstigen Katastrophe – abgründig genug, um eine Theateraufführung bis 1876 zu verzögern. „Othmar Schoeck, PENTESILEA,
Landestheater Linz, 2. März 2019“
weiterlesen

Standing Ovations für den neuen "Tristan" in Linz

Foto: Reinhard Winkler (c)
Richard Wagner, TRISTAN UND ISOLDE – Premiere Musiktheater des Landestheaters, Linz, Großer Saal, 15. September 2018

von Petra und Helmut Huber (onlinemerker.com)

Wagner zu seinem revolutionärsten und intimsten Werk: „nur mittelmäßige Aufführungen können mich retten! Vollständig gute müssen die Leute verrückt machen“.

Der Schriftsteller Heiner Müller (1929 – 1995 hatte für 1993 im Gefolge seiner Regie- und Konzeptarbeiten wie „Hamlet/Maschine“ Wolfgang Wagners Einladung für eine „Tristan“-Produktion erhalten, was Müller selbst „so absurd und verblüffend“ fand, „daß er es probieren“ müsse. Eckhard Roelcke lobte in der „Zeit“ die Produktion als gelungene „Geometrie des Todes“. Der „Spiegel“ (Klaus Umbach) zitierte Müller, die Oper „nicht als lineare Lustkurve, sondern als verzögerten Orgasmus“ inszenieren zu wollen, und hämte dann, „es hätte den Neo-Regisseur aus der Lustkurve getragen“ – beziehungsbefreites Stehtheater, postmoderne Beliebigkeit. Joachim Kaiser stellte sich szenebezogen gar die bange Frage, ob denn Tristan die Isolde nie geliebt habe, fand aber, daß „der Orgasmus wenigstens im Orchester“ stattfände und die Inszenierung mit der Zeit Verständnis finden würde. Auf youtube kann man sich jederzeit selbst ein Bild machen. „Richard Wagner, TRISTAN UND ISOLDE, Premiere,
Musiktheater des Landestheaters Linz“
weiterlesen

"La Damnation de Faust" im Musiktheater Linz: Bitte weniger Goethe – mehr Berlioz!

Landestheater Linz, Premiere am 3. Februar 2018
Hector Berlioz, La Damnation de Faust

von Charles E. Ritterband

Regisseur David Marton hat sich ganz klar von der Werkgeschichte vereinnahmen lassen und ein Übermaß an Intellektualität in seine Inszenierung von Hector Berlioz‘ hochinteressantem Oratorium „La Damnation de Faust“ einfließen lassen – so dass ihm (und somit auch uns Zuschauern) das musikalische Werk entglitt. Da gibt es auf der Bühne gar viel zu rätseln und zu interpretieren, man versteht manche Intention des Regisseurs, aber das meiste versteht man nicht. Man hat als Zuschauer so viel zu denken und zu hinterfragen, dass die oft großartige Musik von Berlioz verdrängt wird, in den Hintergrund rückt.

Ich habe nach der Aufführung in Linz meine beiden CDs von verschiedenen „Damnation“-Versionen angehört – und dabei plötzlich vieles gehört, was ich in Linz vor lauter Inszenierung und Intellektualität gar nicht wahrgenommen hatte. „Hector Berlioz, La Damnation de Faust,
Landestheater Linz“
weiterlesen

„Die Frau ohne Schatten“ auf Weltstadtniveau in Linz

Landestheater Linz, Musiktheater, 9. Januar 2018
Richard Strauss, Die Frau ohne Schatten

von Charles E. Ritterband

Mit dieser – allseits hochgepriesenen – Inszenierung hat sich das Musiktheater der oberösterreichischen Stadt Linz (203.000 Einwohner) endgültig auf Weltstadtniveau katapultiert. Die in jeder Beziehung sehr anspruchsvolle, in der Orchestrierung und den musikalischen Elementen an Richard Wagners „Ring“ erinnernde Strauß-Oper „Die Frau ohne Schatten“ ist selbst für die großen, etablierten Opernhäuser der Welt eine beträchtliche Herausforderung. „Richard Strauss, Die Frau ohne Schatten,
Landestheater Linz, Musiktheater“
weiterlesen

Kreuzfahrtschiff statt Gondel – „Eine Nacht in Venedig“ im Landestheater Linz

© Sakher Almonem
Johann Strauss, Eine Nacht in Venedig
,
Landestheater Linz, Musiktheater Volksgarten, 2. Dezember 2017

Charles E. Ritterband

Das Déjà-Vu stellte sich schon im ersten Akt nach wenigen Minuten ein, als vor der malerischen Postkartenkulisse von Venedig – kombiniert mit einem videotechnisch perfekt realistischen Canale im Zentrum – ein mächtiges, weißes Kreuzfahrtschiff auf die Bühne fuhr: Das hatte man doch vor nicht allzu langer Zeit schon irgendwo mal gesehen? Ja, richtig, das Programmheft bestätigt: Regie führte in dieser Neuinszenierung der musikalisch brillanten „Nacht in Venedig“ des Altmeisters Johann Strauss der in Graz geborene Schauspieler und Regisseur Karl Absenger, auf dessen beeindruckend langer Liste von Produktionen im Jahr 2015 auch die „Nacht in Venedig“ auf der Neusiedlersee-Bühne von Mörbisch gestanden hatte.
„Johann Strauss, Eine Nacht in Venedig,
Landestheater Linz“
weiterlesen

Rigoletto im Trump-Tower

Foto: © Reinhard Winkler
Grandiose Neuinszenierung der Verdi-Oper im Musiktheater Linz

Musiktheater Linz, Großer Saal, 4. November 2017
Giuseppe Verdi, Rigoletto
Der Herzog von Mantua,
Hyojong Kim
Rigoletto, sein Hofnarr, Federico Longhi
Gilda, dessen Tochter, Julia Sitkovetsky
Sparafucile, ein Bravo, Dominik Nekel
Maddalena, seine Schwester, Jessica Eccleston
Musikalische Leitung, Martin Braun
Inszenierung, Andreas Baesler

von Charles E. Ritterband

Der Herzog von Mantua (feinsinniger Tenor, wunderschöne Stimme: Hyonjong Kim) war, dank Perücke, unschwer zu identifizieren: Das war kein anderer als der amerikanische Präsident Donald Trump (beziehungsweise dessen Karikatur). Die strohblonde Trump-Perücke muss ein nachträglicher Regieeinfall („on second thought“ ) gewesen sein – im Programmheft jedenfalls trägt sie der Herzog noch nicht, vielleicht hat sie die Kostümwerkstatt auch nicht rechtzeitig fertiggestellt.
„Rigoletto, Giuseppe Verdi,
Landestheater Linz, 4. November 2017“
weiterlesen