Frauenpower im Orchestergraben, auf und hinter der Bühne: Lüttich beschließt die Saison mit der Oper “Dialogues des Carmélites” von Francis Poulenc

Photo © Jonathan Berger / Opéra Royal de Wallonie-Liège

Mit der Oper “Dialogues des Carmélites” von Francis Poulenc beendet die “Opéra Royal de Wallonie” in Lüttich eine Saison 2022/2023 mit vielen Höhepunkten. Einen besseren Schluss hätte man sich nicht wünschen können. Musikalisch und szenisch war die Aufführung wie aus einem Guss.

Opéra Royal de Wallonie-Liège, 29. Juni 2023

Francis Poulenc (1899-1963)

DIALOGUES DES CARMÉLITES
Oper in drei Akten
(Text: Georges Bernanos)


Musikalische Leitung    Speranza Scappucci

Inszenierung     Marie Lambert-Le Bihan
Bühnenbild und Kostüme     Cécile Trémolières

Blanche de la Force       Alexandra Marcellier         
Marquis de la Force      Patrick Bolleire
Chevalier de la Force   Bogdan Volkov   
Madame de Croissy      Julie Pasturaud
Mère Marie de l’Incarnation   Julie Boulianne
Soeur Constance           Sheva Tehoval
Madame Lidoine           Claire Antoine
L’aumônier                     François Pardailhé

Choeurs de l’Opéra Royal de Wallonie (chef des choeurs: Denis Segond)
Orchestre de l’Opéra Royal de Wallonie


von Jean-Nico Schambourg

Die Oper von Francis Poulenc spielt zwar in der aufregenden Zeit der französischen Revolution, der Zeit des Terrors (“La terreur”) von Robespierre, der Zeit der schnellen, strengen, unflexiblen Justiz. Ihre Handlung hat aber nichts mit abenteuerlichem Aktionismus zu tun. Sie erzählt die Geschichte der Nonnen des Karmels bei Compiègne, die durch die Revolution bedroht werden und schlussendlich dem Tode durch die Guillotine geweiht sind. Die junge Nonne Blanche de la Force erlebt zuerst den qualvollen Tod der Oberin. Als die Revolutionäre das Kloster stürmen, kann sie zwar entfliehen, aber erleuchtet durch den Gottesglauben kehrt sie zu ihren Schwestern zurück, befreit von ihren Lebens- und Todesängsten und stirbt mit ihnen auf dem Schaffott.

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Opéra Royal de Wallonie-Liège, 29. Juni 2023“
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Adriana Lecouvreur liebt in Lüttich ohne große Emotionen

Foto:  Adriana  © ORW-Liège-J.Berger

”Adriana Lecouvreur” ist die bekannteste Oper des italienischen Komponisten Francesco Cilea. Uraufgeführt am 6. November 1902 am Teatro Lirico in Mailand, zählt die Oper zu den vier großen italienischen Werken des sogenannten Verismus. Sie erzählt die Liebe der Schauspielerin Adriana Lecouvreur zum Herzog Maurizio von Sachsen. Im Kampf um dessen Zuneigung mit ihrer Rivalin, der Prinzessin von Bouillon, wird sie von dieser zum Schluss vergiftet. Das Libretto basiert auf einer Vorlage von Eugène Scribe, die das Leben der legendären, von Voltaire hochgelobten Schauspielerin der “Comédie Française” erzählt.


OPÉRA ROYAL DE WALLONIE-LIÈGE, Lüttich, 
14. April 2023


Francesco Cilea
  
ADRIANA LECOUVREUR
Oper in vier  Akten

Christopher Franklin, Dirigent
Arnaud Bernard, Inszenierung
Arnaud Bernard & Virgile Koering, Bühne
Carla Ricotti, Kostüme

Orchester und Chor der Opéra Royal de Wallonie-Liège

Adriana  Elena Moşuc  
Maurizio  Luciano Ganci      
Michonnet   Mario Cassi 
Principessa di Bouillon   Anna Maria Chiuri

von Jean-Nico Schambourg

In der Lütticher Inszenierung von Arnaud Bernard spielt die Handlung der ganzen Oper an der Pariser “Comédie Française”. Die Hauptidee der Inszenierung von Arnaud Bernard basiert auf den drei Prinzipien der klassischen Tragödie: Einheit der Handlung, der Zeit und des Ortes. Das vom Regisseur selbst und Virgile Koering entworfene imposante Bühnenbild führt den Zuschauer im Laufe des Abends durch das ganze Theaterhaus.

Der erste Akt spielt in den Kulissen des Theaters, erlaubt dem Zuschauer aber auch einen seitlichen Einblick in den Zuschauerraum der Comédie Française. Der zweite Akt spielt im Foyer des Theaters, der dritte im Bankettsaal und, schlussendlich, der vierte in der Loge von Adriana Lecouvreur. Die jeweiligen Umbauten zwischen erstem und zweitem, sowie drittem und viertem Akt werden von den Bühnenarbeitern der Oper Lüttich bei offenem Vorhang getätigt. Arnaud Bernard integriert diese in das Theatergeschehen mit ein und macht sie somit als Teil des Theatervolkes sichtbar. Seine Inszenierung ist gedacht als  Hommage an das ganze Theater und an alle Menschen, die darin arbeiten.

L. GANCI, A. M. CHIURI© ORW-Liege J.Berger

„Francesco Cilea, ”Adriana Lecouvreur”
OPÉRA ROYAL DE WALLONIE-LIÈGE, 14. April 2023“
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Die Oper in Lüttich zeigt: “Alzira” ist nicht Verdis Meisterwerk

Foto: Jonathan Berger – ORW-Liège

Verdi komponierte “Alzira” in seinen sogenannten “Galeerenjahren”, wie er die Zeit nach seinem ersten großen Erfolg mit “Nabucco” nannte. In dieser Zeit schrieb er Opern um zu überleben. Die Uraufführung von “Alzira” fand 1845 im Theater San Carlo in Neapel statt. Bei ihrer ersten Aufführung 1846 an der Mailänder Scala wurde die Oper verrissen. Auch heute noch ist sie eine der am wenigsten aufgeführten Opern von Giuseppe Verdi. Jetzt ist sie zu hören an der Oper in Lüttich.


Giuseppe Verdi   Alzira
Lyrische Tragödie in zwei Akten

Musikalische Leitung   Giampaolo Bisanti
Inszenierung   Jean Pierre Gamarra
Kostüme und Bühnenbild   Lorenzo Albani

Alzira   Francesca Dotto
Zamoro   Luciano Ganci
Gusmano   Giovanni Meoni

Lüttich, Opéra Royal de Wallonie, 29. November 2022

von Jean-Nico Schambourg

Daß die Oper von Lüttich “Alzira” von Giuseppe Verdi in ihr diesjähriges Programm aufgenommen hat, ist lobenswert, zeigt aber auch klar, weshalb diese Oper fast nie in den Spielplänen der Theater auftaucht: bei dieser Komposition ist dem Meister von Busseto kein Geniestreich gelungen.

„Giuseppe Verdi, Alzira
Lüttich, Opéra Royal de Wallonie, 29. November 2022“
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Lakmé von Léo Delibes in Lüttich: Eine Reise ins magische Indien

Foto: Jodie Devos & Philippe Talbot – Lakmé par Davide Garattini Raimondi (© Jonathan Berger / Opéra Royal de Wallonie-Liège)

Nach Aufführungen Mitte September an der Pariser Opéra-comique, steht die Oper von Léo Delibes (1836-1891) jetzt auf dem Spielplan der Opéra Royal in Lüttich. Im Laufe dieser Saison wird die Oper auch noch konzertant an der Deutschen Oper Berlin (27. September 2022) und am Théâtre des Champs-Élysées in Paris (14. Dezember 2022), sowie szenisch an der Oper Zürich (April 2023) aufgeführt werden.


Opéra Royal de Wallonie, Lüttich
23. September 2022

Lakmé, opéra-comique von Léo Delibes

Frédéric Chaslin, Dirigent

Lakmé: Jodie Devos
Gérard: Philippe Talbot

Nilakantha: Lionel Lhote

 von Jean-Nico Schambourg

Im Gegensatz zur Pariser Opéra-comique, die sich für die Aufführung der kaum gespielten Ur-Version mit gesprochenen Texten entschieden hat, spielt die Oper in Lüttich die international gängige Version, in der die wenigen gesprochenen Texte durch Rezitative ersetzt sind.

Auch betreffend der szenischen Umsetzung bleibt die Oper von Lüttich traditionell ihrer Gewohnheit treu und verzichtet auf eine effekthascherische oder aktualisierende Inszenierung. Dieser letzte Aspekt wird nur vom Regisseur Davide Garattini Raimondi angedeutet durch die Hinzufügung einer Rahmenhandlung mit der Figur des Mahatma Ghandi (stumme Rolle). Mahatma Ghandi wird dabei gezeigt als älterer Mann, so wie wir ihn kennen, aber auch als Kind, das aktiv an der Geschichte teilnimmt. Im Laufe der Geschichte werden verschiedene Aussagen Ghandis betreffend seine Philosophie der Gewaltlosigkeit oben auf das Bühnenbild projiziert.

„Lakmé, opéra-comique von Léo Delibes
Opéra Royal de Wallonie, Lüttich, 23. September 2022“
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Ovationen für ein Lebenswerk: Leo Nucci in Liège

Foto: Leo Nucci, Roberto Ricci (c)

Insgesamt steht Leo Nucci praktisch 50 Jahre auf den Bühnen der Welt und singt noch immer. Seine Stimme ist über die Jahre dünner und brüchiger geworden, der baritonale Samt immer mehr verblasst, was ja ein ganz natürlicher Alterungsvorgang ist.

Opéra Royal de Wallonie, Liège, 31. März 2019
Konzert Leo Nucci

von Dr. Holger Voigt

Er hat die Rolle des Rigoletto in der gleichnamigen Oper von Giuseppe Verdi mehr als 500 Mal gesungen. Genau weiss er es vermutlich selbst nicht, zumal er sie noch immer singt. Nicht irgendwo. Er singt sie auf der Bühne des Teatro alla Scala in Mailand, demnächst im September 2019. Ob er seiner Stimme damit einen Gefallen tut, ist fraglich, schließlich ist er dann 77 Jahre alt. Die Rede ist von Leo Nucci, dem in Bologna geborenen Bariton, Ehrenbürger der Stadt Parma in der Lombardei. Er ist Kammersänger und Träger des Ehrenringes der Wiener Staatsoper sowie Chevalier de l’Ordre des Arts et des Lettres. „Konzert Leo Nucci, Opéra Royal de Wallonie, Liège, 31. März 2019“ weiterlesen

Joyce Joy pure in Belgium

Der Weltstar Joyce DiDonato glänzt mit einem Solo-Abend in Liège (Lüttich). Was für eine grandiose Sängerin, was für eine Gesangeskunst! Als Zugabe „Somewhere Over The Rainbow“ und die Schlussarie aus Rossinis „La Cenerentola“. Die Mezzosopranistin hat ihr Publikum in den Bann gezogen und nicht mehr losgelassen. Diesen Liederabend verlässt man nur mit zitternden Knien. Nicht enden wollender Applaus und standing ovations!

OPÉRA ROYAL DE WALLONIE, LIÈGE (BELGIEN), 24. November 2018
PURE JOY(CE) – RECITAL JOYCE DIDONATO
Foto: Florian Kalotay (c)

Joyce DiDonato, Mezzosopran
Orchestre Opéra Royal de Wallonie, Liège
Dirigent: Paolo Arrivabeni

von Dr. Holger Voigt

Genau in der Mitte des Stadtzentrums der Hauptstadt der Wallonie, Liège (Lüttich), befindet sich das 1820 eröffnete Königliche Opernhaus, ein wahres Kleinod für Opernbegeisterte. Unter der ambitionierten Intendanz des Italieners Stefano Mazzonis di Pralafera und seiner Musikdirektorin und Chefdirigentin Speranza Scappucci ist Italien plötzlich nach Belgien gekommen – man spricht mittlerweile auch vom Wunder von Liège bzw. „Miracolo Mazzonis“.

Ein Blick in den Stagione-Spielplan dieses Opernhauses lässt einen nur noch staunen: Wie macht er das, warum gelingt Stefano Mazzonis eigentlich alles, was sein Herz und das des Publikums begehrt? So verwundert es auch nicht, dass Sängerpersönlichkeiten wie Joyce DiDonato, Leo Nucci und Sonya Yoncheva sowie Dirigenten wie Michele Mariotti hier Station machen und ihre Zuhörer verzaubern. Eines dieser Ereignisse fand nun am 24. November bei strömendem Regen und novembrischer Dunkelheit statt – ein wahrer Lichtkontrast höchster atmosphärischer Intimität und bewegender musikalischer Leuchtkraft. „PURE JOY(CE), RECITAL JOYCE DIDONATO,
OPÉRA ROYAL DE WALLONIE, LIÈGE (BELGIEN)“
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