Foto: (c) Ralph Larmann
Elbphilharmonie Hamburg, 22. Mai 2018
Metropolis (D 1927 / restaurierte Fassung von 2010)
Fritz Lang, Regie
Thea von Harbou, Drehbuch
Ensemble Modern
Martin Matalon, Komposition der Filmmusik und Dirigent
Norbert Ommer, Klangregie
von Sebastian Koik
Für die Film-Architektur wurden 500 Modelle von Wolkenkratzern mit bis zu 70 Stockwerken gebaut. Die utopische Welt in Metropolis erinnert an eine weiterentwickelte Version des damaligen New York, der Verkehr fließt in unterschiedlichen Formen auf diversen Ebenen.
Utopie, lautet das Motto des 3. Internationalen Musikfestes Hamburg, in dessen Rahmen diese besondere Film-Veranstaltung stattfindet. Und es gibt vielleicht keinen anderen Film, der diesem Motto so sehr gerecht wird wie Fritz Langs Meisterwerk Metropolis.
Doch zusätzlich zu realitätsorientierten Lebenswelten der Zukunft zeigt der Film auch ganz phantastische Filmbauten und Szenerien in der Unterwelt und den unbeschwerten Paradiesen der Reichen der Welt.
Die Filmbilder sind wunderbar, der geniale Regisseur Fritz Lang und seine drei Kameramänner Karl Freund, Günther Rittau und Walter Ruttmann malen wunderschön mit Licht, fast jedes einzelne Bild ist voller Pracht und Perfektion. Metropolis, als erster Film überhaupt in das Weltdokumentenerbe der UNESCO aufgenommen, ist ein cineastisches Kunstwerk, daran besteht kein Zweifel, und es ist ein Kunstwerk, das soziale Fragen stellt und zum Denken anregt.
Metropolis ist ein Stummfilm. Der Argentinier Martin Matalon schrieb eine Filmmusik dazu, die er als Dirigent gemeinsam mit der Neue-Musik-Formation Ensemble Modern auf die Bühne der Elbphilharmonie bringt.
Die Filmmusik von Matalon gibt den mächtigen, schrägen und teilweise monströsen Maschinen in den unterweltlichen Fabriken von Metropolis höchst treffende Stimmen.
In den „Ewigen Gärten“ der Oberwelt ist die Musik sehr exotisch. Matalon nimmt hier auch akustisch mit auf eine geheimnisvolle Traumreise.
Später klingen E-Gitarre und der elektrisch verstärkte Kontrabass wie feinster Psychedelic Rock von Pink Floyd, langsam und mysteriös dahinfließend und sich entfaltend. Dann wieder wird es mit gedämpftem Saxofon wunderbar jazzig.
Lange Zeit ist Matalons Komposition sehr passend zum Film. Die Musiker sind hellwach, von spürbarer Geistesgegenwärtigkeit. Das Ensemble Modern unter Martin Matalon spielt sehr präzise und musikalisch.
Doch im zweiten Teil des Abends verliert die Filmmusik-Komposition von Matalon etwas an Überzeugungskraft, wirkt uninspirierter und ein wenig beliebiger und austauschbarer, teilweise sogar etwas anstrengend oder gar nervend.
Doch es wird wohl nicht unbedingt an der Musik liegen, dass nach und nach mehr und mehr Menschen den Saal verlassen.
Metropolis gilt als einer der größten Filme überhaupt, doch es ist ein Film aus einer ganz anderen Zeit, nicht nur ein Schwarzweißfilm, sondern ein Stummfilm. Es gibt alle paar Minuten mal die Text-Einblendung eines Satzes, die eine der Figuren „spricht“ und die für die Handlung unverzichtbar ist. Gesprochene Dialoge gibt es nicht. Die filmische Utopie aus dem Jahre 1927 funktioniert im Jahre 2018 immer noch als Kunstwerk, und wird dies vermutlich auf ewig tun. Doch obwohl damals die modernsten Mittel der Zeit genutzt wurden, ist der Film heute natürlich technisch massiv veraltet: Keine Farbe, kein Ton, antiquierte Tricktechnik.
Für die Produktion des Filmes wurde 1926 im heutigen Babelsberg das bis dahin größte Filmatelier Europas erbaut. Unfassbare 27.000 Komparsen kamen zum Einsatz, Metropolis hatte das Filmstudio finanziell fast ruiniert. Es waren 310 sehr teure Drehtage. Der Film kommt aus einer fernen analogen Zeit. Heute trägt jeder Teenager ein Gerät in der Hosentasche, dass auf Knopfdruck für mehr Spektakel sorgen kann, als das damals größte Filmstudio Europas. Ja, Spektakel ist heute überall per Knopfdruck verfügbar. „Metropolis, Ensemble Modern,
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