Ein großer Komponist wird gewürdigt: Liebesgabe zu John Adams’ 75. Geburtstag

CD-Rezension: John Adams Collected Works

John Adams
Collected Works

Nonesuch  075597932294    40 CD

 von Peter Sommeregger

 Am 15. Februar dieses Jahres konnte der US-amerikanische Komponist John Adams seinen 75. Geburtstag begehen. Neben Philip Glass ist er der aktuell wohl bedeutendste Komponist seiner Heimat, die Vielschichtigkeit seiner Kompositionen, die von der Kammermusik bis zur abendfüllenden Oper reichen, haben ihm eine Popularität verliehen, die auch in den Europäischen Musikzentren ihren Niederschlag findet.

Es wäre zu kurz gegriffen, Adams’ Musik der Minimal Music zuzurechnen, dazu ist sie letztlich doch zu farbenreich und unterschiedlich. Adams selbst bezeichnet sein Schaffen ironisch als Post Minimal Music. Nicht einverstanden ist der Komponist mit der Behauptung, er wäre der Stoffe seiner Opern wegen ein besonders politischer Künstler. Dabei lässt sich die politisch-weltanschauliche Thematik von „Nixon in China“, „Death of Klinghoffer“ und „Doctor Atomic“ nicht leugnen.

Das Plattenlabel Nonesuch hält Adams seit Jahrzehnten die Treue und veröffentlichte Einspielungen von jedem seiner Werke. So wurden diese Produktionen zu einer Chronologie seines Schaffens. Anlässlich seines runden Geburtstages legt Nonesuch nun eine attraktive Box auf, die alle diese Einspielungen mit originalem Cover enthält. Nicht nur für Nostalgiker ist dies eine reine Freude, besser kann man den künstlerischen Weg von Adams nicht abbilden.

Die stilistische und auch quantitative Fülle von Adams’ Kompositionen erstaunt immer wieder. Sein „Short ride in a fast machine“ ist längst ein Klassiker, die Komposition „The Wound Dresser“ für Bariton besticht immer wieder durch ihre emotionale Dichte. In exemplarischen Aufnahmen sind auch die Opern enthalten. Seine vielleicht beste, „Nixon in China“, ist sowohl akustisch, in der frühen Aufnahme unter Edo de Waart, aber auch optisch als Mitschnitt der Aufführung an der Metropolitan Opera New York von 2011 unter John Adams’ Leitung und in der Regie von Peter Sellars zu erleben. „Death of Klinghoffer“  wird von Kent Nagano in einer Produktion der Opéra de Lyon dirigiert, bei „Doctor Atomic“ dirigiert Adams selbst das BBC Symphony Orchestra.

Die weiteren Opern „I was looking at the ceiling and then I saw the sky“ , die Multimedia-Oper „El Niño“ und „A flowering tree“ fehlen nicht, man vermisst lediglich „Girls from the golden West“ von 2017, das offenbar (noch) nicht eingespielt wurde.

Blättert man durch die umfangreiche Box, wird einem erneut die schiere Produktivität des Komponisten Adams bewusst, der erst in diesem Jahr in San Francisco seine neueste Oper „Antony and Cleopatra“ aus der Taufe hob.

Ob Lieder, symphonische oder Bühnen- Werke, es macht Freude sich auf den reichhaltigen Kosmos von Adams’ Schaffen einzulassen. Auch editorisch ist die Zusammenstellung sehr gelungen. Das Werk „Harmonielehre“, eine ironische Anspielung auf Schönbergs musiktheoretische Schrift, ist in der frühen, von Edo de Waart dirigierten Aufnahme die erste CD dieser Zusammenstellung, und bildet gleichzeitig den Abschluss, in einer Aufführung der Berliner Philharmoniker unter Adams’ Leitung aus dem Jahr 2017 als der Komponist Composer in Residence des Berliner Orchesters war.

Erfreut stellt man fest, das auch eines der jüngsten Werke Eingang in die Sammlung gefunden hat, nämlich das der virtuosen Pianistin Yuja Wang in die Tasten geschriebene Klavierkonzert „Must the devil have all the good tunes?“, das 2018 als Auftragswerk der Los Angeles Philharmonic unter Gustavo Dudamel uraufgeführt wurde. Hier erscheint es als Lizenz der Deutschen Grammophon.

Die Edition ist nicht nur ein Geschenk an den Komponisten zu seinem 75. Geburtstag, auch als Liebhaber seiner Werke kann man sich reich beschenkt fühlen. Und wer das Werk noch nicht kennt, könnte dadurch zum Fan werden!

Peter Sommeregger, 23. November 2022, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

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