CD-Rezension:
Unübersehbar folgt der Komponist in Teilen der Struktur von Verdis Requiem, aber signifikante musikalische Ideen sucht man vergeblich. Ein Werk von über 70 Minuten Dauer und großem personellen Aufwand zu schreiben, kann ohne Inspiration nicht gelingen.
Rufus Wainwright
Dream Requiem
Meryl Streep Rezitation
Anna Prohaska Sopran
Maitrise de Radio France
Choeur de Radio France
Orchestre Philharmonique de Radio France
Mikko Franck Dirigent
Warner Classics 5021732500601
von Peter Sommeregger
Der kanadische Songwriter und Sänger Rufus Wainwright genießt unter seinen zahlreichen Bewunderern Kultstatus. Tatsächlich hat der kreative Musiker sein Spektrum weit gesteckt, sogar bereits zwei Opern geschrieben. Deren Wirkung scheint zwar ziemlich verpufft zu sein, was Wainwright nicht davon abhielt, nun auch ein umfangreiches Requiem zu schreiben.
Pate stand die Bewunderung des Komponisten für die monumentale Totenmesse Giuseppe Verdis. Letzten Anstoß gab die Corona-Pandemie mit ihren weltweit unzähligen Toten, denen das Requiem zugedacht ist.
Wainwright stellt das Gedicht „Darkness“ von Lord Byron in gesprochener Form in das Zentrum seiner Komposition. Das ist nicht unproblematisch, vergibt er damit doch die Möglichkeit, mit einer signifikanten musikalischen Idee einen Angelpunkt zu schaffen. Für die Uraufführung im Juni 2024 in Paris, deren Mitschnitt diese CD enthält, war niemand Geringerer als der Weltstar Meryl Streep als Rezitatorin eingesetzt, aber bei aller Klarheit der Sprache doch nicht immer gut zu verstehen.
Byrons Lyrik wird durch die traditionellen lateinischen Messtexte ergänzt, Elemente die sich nur zögerlich verbinden. Unübersehbar folgt der Komponist in Teilen der Struktur von Verdis Requiem, aber signifikante musikalische Ideen sucht man vergeblich. Ein Werk von über 70 Minuten Dauer und großem personellen Aufwand zu schreiben, kann ohne Inspiration nicht gelingen.
Der vorgegebene Aufwand ist gewaltig, neben der Sprechstimme kommt noch eine Sopranistin zum Einsatz, deren Partie sich aber weitgehend in Vokalisen erschöpft, die von Anna Prohaska mit einem eher unfrischen Sopran vorgetragen werden. Es kommt sowohl ein gemischter, als auch ein Kinderchor zum Einsatz, ein volles Orchester ohnehin, aber was entschieden fehlt, sind erkennbare Melodien oder Phrasen.
Ob beim Einsatz des gesamten Apparates oder beim ausgedehnten Violin-Solo fehlt es daran. Wainwright wollte offenbar mehr, als ihm an Einfällen zur Verfügung stand. Das führt dazu, dass sich über die Aufführungsdauer von über siebzig Minuten allmählich bleierne Langeweile einstellt.
Es sind bereits weitere Aufführungen des Werkes u.a. in Los Angeles geplant. Als Rezitatorinnen sind u.a. Sharon Stone und Jane Fonda vorgesehen, aber auch deren Prominenz kann in der letzten Konsequenz die fehlende musikalische Substanz nicht ersetzen.
Der Aufwand wäre sicher einer besseren Sache wert gewesen!
Peter Sommeregger, 11. Januar 2025, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at
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