Fabian Müller © Christian Palm
In der Kölner Philharmonie musiziert Fabian Müller mit Julia Hagen und Bomsori Kim auf höchstem Niveau und lässt Erinnerungen an kammermusikalische Hoch-Zeiten in Köln aufleben.
Kölner Philharmonie, 26. Dezember 2024
Ludwig van Beethoven (1770-1827) – Sonate für Klavier und Violine Es-Dur op. 12,3
Johannes Brahms (1833-1897) – Sonate für Violoncello und Klavier Nr. 1 e-Moll op. 38
Johann Sebastian Bach (1685-1750) / Ferruccio Busoni (1866-1924) – Choralvorspiel „Nun komm’, der Heiden Heiland“, BWV 659
Felix Mendelssohn-Bartholdy (1809-1847) – Klaviertrio Nr. 2 c-Moll op. 66
Bomsori, Violine
Julia Hagen, Violoncello
Fabian Müller, Klavier
von Brian Cooper, Bonn
Etwas wehmütig denkt man an diesem Abend zurück an die Anfangsjahre der Kölner Philharmonie, als es zwischen den Jahren noch das begeisternde Kammermusikfest „Finale“ gab. Da wurde drei Tage lang zwischen Weihnachten und Silvester aufs Schönste gestrichen, geklimpert, gesungen, oftmals seltenes Repertoire ausgegraben (seitdem habe ich z.B. nie wieder Debussys Chansons de Bilitis gehört), und für Menschen, die Kammermusik lieben, war’s Ende Dezember ein fixer Termin. Ein Fest eben. Mit dem jungen Lars Vogt, Boris Pergamenschikow und ganz vielen anderen großartigen Musikerinnen und Musikern, von denen einige, auch die Genannten, nicht mehr unter uns sind.
Aber es geht weiter, und das ist das tolle Fazit des Abends. Nun geben sich also am zweiten Weihnachtstag „Fabian Müller and Friends“ die Ehre. Die englische Bezeichnung ist im Programmheft nicht mehr zu lesen, aber Fabian Müller ist zum zweiten oder dritten Mal am 26.12. mit Kammermusik zu erleben. Und das Musizieren junger Menschen auf höchstem Niveau – es geht weiter, Leute! – erinnerte an die gloriosen Zeiten, als Kammermusik vorm Jahreswechsel in der Kölner Philharmonie viele Leute anzog.
Und dieser 26. Dezember, der jahrelang, jahrzehntelang, für Paul Kuhn reserviert war, könnte also doch gerne zur Institution werden. Sollte er sogar. Vielleicht ausgeweitet auf drei Tage, von Herrn Müller kuratiert. Und Müller macht’s länger als Kuhn, das wäre doch was. Denn der Saal war am 26.12.2024 für kammermusikalische Verhältnisse gut besucht, die ersten 20 Reihen der Blöcke A-F nahezu voll besetzt. Es besteht also ein Bedürfnis nach Kammermusik. Einige Menschen wollen offenbar nach Trubel und Schnitzelkoma wieder zu Stillerem zurückkehren, zu wahrer Besinnlichkeit, wenn die bucklige Verwandtschaft abgereist ist.
Nicht jeder Mensch im Saal war an diesem Abend ein typischer Kammermusikfan wie etwa im Abo Quartetto (Disziplin!), was sich an lästigem Zwischenapplaus, Tuscheln, Handyklingeln und einfach nur gottlosem Husten ohne Verwendung von Taschentüchern oder gar der Armbeuge zeigte. Und doch gab es einige bekannte Gesichter, deren Jubel nach aufmerksamstem Zuhören – zum Beispiel Du, lieber Thomas, in Reihe 2 – beweist, dass es dieses Bedürfnis gibt.
Spätestens seit seinem spektakulären Einspringer vor einigen Jahren ist Fabian Müller ein vom Kölner Publikum geschätzter Kammermusiker. (Einer von vier COVID-Tests eines Streichquartetts war verschüttgegangen; das Quartett durfte nicht auftreten; und erst gegen 19 Uhr holte man den kochenden Pianisten vom Herd in Turnschuhen auf die Bühne. So zumindest die schöne Anekdote.)
Nun präsentierten Müller und die beiden Musikerinnen, die Südkoreanerin Bomsori und die Österreicherin Julia Hagen, ein wunderbar abwechslungsreiches Programm, das mit zwei Sonaten begann.
Und im Geiste waren sie alle da, die großen Namen der Kammermusik: Haskil und Grumiaux, Rostropowitsch und Serkin, Dinu Lipatti und natürlich das Beaux Arts Trio.
Der Abend begann mit einer kurzen Moderation von Fabian Müller, und die frühe Beethoven-Sonate op. 12,3 hatte all das, was der Pianist zuvor als Spaß, als Freude am Musizieren, bezeichnet hatte: Man warf sich quasi die Bälle zu, Bomsori Kims wunderschöner Geigenton (ein tolles Instrument, eine virtuose Geigerin) betörte zuvorderst mit Gesanglichkeit. Beethoven war eben nicht nur grimmiger Bonner, sein Humor war hörbar.
Was danach kam, war eindrücklichstes Musizieren auf Augenhöhe, die e-Moll-Cellosonate von Brahms erinnerte an die wirklich ganz großen Zeiten großer Kammermusik. Und daran hat Julia Hagen großen Anteil, von Fabian Müller sensibel begleitet. Es war eine eindrückliche Darbietung, die so schnell nicht vergessen werden wird. Gerade in der tiefen Lage ist ihr Celloton geradezu unwiderstehlich.
Nach der Pause erklang Busonis Bach-Bearbeitung des Choralvorspiels „Nun komm’, der Heiden Heiland“, Müllers Spiel erinnerte durchaus an Dinu Lipatti (auch er viel zu früh verstorben), und es war eine gute Idee, die aufmerksam zuhörenden Musikerinnen schon auf der Bühne zu haben, um das folgende Mendelssohn-Trio in c-Moll nahtlos übergehen zu lassen.
Und dieses Werk kann, wie auch das d-Moll-Trio, nicht oft genug aufgeführt werden. Die Innigkeit des langsamen Satzes, das Stürmische im Kopfsatz und im Finale, und das typisch Mendelssohn’sche Scherzo – alles wurde aufs Schönste dargeboten, ein aufmerksames aufeinander-Hören – all das zeichnete diese Darbietung aus.
Es geht also weiter. Junge Leute machen Kammermusik auf höchstem Niveau. Das ist gut.
Dr. Brian Cooper, 28. Dezember 2024, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at
Meisterkonzerte – Klassik für Bremen Konzerthaus Die Glocke Bremen, 10. April 2024
CD-Tipp: Johannes Brahms Violinsonaten 1-3 klassik-begeistert.de, 30. September 2024