Klein beleuchtet kurz Nr 33: Roms Spitzenorchester trifft auf amerikanische Superstars

Klein beleuchtet kurz Nr 33: Roms Spitzenorchester trifft auf amerikanische Superstars  klassik-begeistert.de, 14. Mai 2024

ORCHESTRA DELL’ACCADEMIA NAZIONALE DI SANTA CECILIA unter seinem Dirigenten JAKUB HRŮŠA; Foto Patrik Klein

Das ORCHESTRA DELL’ACCADEMIA NAZIONALE DI SANTA CECILIA unter seinem Dirigenten JAKUB HRŮŠA und der russisch-amerikanische Starpianist DANIIL TRIFONOV geben mit Gershwins Cuban Overture & Klavierkonzert sowie Rachmaninows Sinfonische Tänze im Rahmen des Internationalen Musikfest Hamburg ein umjubeltes Konzert in der Elbphilharmonie Hamburg

Bei George Gershwins Cuban Overture für Orchester konnte man fast glauben, man säße an einem belebten Strand auf Cuba, die Havanna in der Linken und einen Rum in der Rechten. Von einer Rumba-Band mit einem Ständchen überrascht, begeisterten die Musikanten den Komponisten und animierten ihn zu diesem Stück, wo Claves, Maracas, Guiro und Bongos neben einem riesig besetzten Orchester gerade gut genug waren für seine Vorliebe für lateinamerikanische Rhythmen. Die restlos ausverkaufte Hütte in Hamburg war bereits nach zehn Minuten auf Betriebstemperatur angeheizt.

Der momentan überall in den besten Konzertsälen gefeierte Starpianist Daniil Trifonov lebt seit vielen Jahren in New York. Seine Wurzeln hat er jedoch genau wie George Gershwin alias Jacob Gershovitz in Russland. Gershwins Eltern waren einst aus Sankt Petersburg nach Amerika emigriert. Gershwins berühmtes F-Dur-Konzert trägt deutliche Jazz-Anklänge, ist aber an die klassische Form des Solokonzerts angepasst und wurde als erstes Werk von ihm komplett selbst orchestriert. Die Uraufführung 1925 in der Carnegie Hall in New York war ein riesiger Erfolg für den gerade einmal 27-jährigen Komponisten.

Trifonov betrat den Saal mit glatt gekämmten Haaren und verließ ihn mit zerzauster Mähne nach grandiosem Spiel. Das klang virtuos und wild, war gespickt mit einer Dynamik, die nicht von dieser Welt zu sein schien. Vom nahezu unhörbar leisen bis ins krachend hart anschlagende beinahe den Flügel vergewaltigende ekstatische Spiel im Wechsel mit dem Orchester, die harmonisch balancierende Liaison mit der Solotrompete und dem Geigenkonzertmeister verzückten die gebannt lauschende Zuhörerschaft.

Auch wenn das Publikum die Sätze wieder zerklatschte, so kam man sich vor wie in einem verrauchten Jazz Club in den Südstaaten Mitte des 20. Jahrhunderts.

Orchestra dell’Accademia Nazionale di Santa Cecilia, Daniil Trifonov, Klavier, Dirigent: Jakub Hrůša; Foto Patrik Klein

Mit einer Zugabe von J.S. Bach, Partita für Klavier arrangiert von Rachmaninow, verabschiedete sich der Meisterpianist vor der Pause vom jubelnden Publikum.

Jazzähnliche Elemente enthalten auch Sergej Rachmaninows „Sinfonische Tänze“, die als sein letztes Werk 1940 im Exil auf Long Island entstanden. Dass im ersten Satz das Saxofon als Soloinstrument hervortreten darf, ist mit Sicherheit kein zufälliger Verweis auf den im New York der Zeit allgegenwärtigen Jazz. Dennoch war es sein letztes Werk und klang daher auch mit vielen melancholischen Momenten angesichts des nahenden Tods des Komponisten. Konträr dazu glaubte man Filmmusik à la Hollywood zu hören oder gar Walzer und Beschwingtes.

Das Orchester unter dem Gastdirigenten Jakub Hrůša spielte himmlisch präzise und gab nach tosendem Applaus noch zwei Zugaben von Smetana. War man wirklich in der Elbphilharmonie Hamburg oder etwa in der ausverkauften Carnegie Hall zu Lebzeiten des Komponisten, wo man anschließend noch auf eine Cocktailparty eingeladen war?

Orchestra dell’Accademia Nazionale di Santa Cecilia mit Jakub Hrůša; Foto Patrik Klein

Orchestra dell’Accademia Nazionale di Santa Cecilia

Daniil Trifonov, Klavier

Dirigent: Jakub Hrůša

George Gershwin
Cuban Overture für Orchester
Konzert für Klavier und Orchester F-Dur

Sergej Rachmaninow
Sinfonische Tänze op. 45

(c) Patrik Klein

Der klassik-begeistert-Autor Patrik Klein ist ein leidenschaftlicher Konzert- und Opernfreak, der bereits über 300 Konzerte (Eröffnungskonzert inklusive) in der Elbphilharmonie Hamburg verbrachte, hunderte Male in Opern- und Konzerthäusern in Europa verweilte und ein großes Kommunikationsnetz zu vielen Künstlern pflegt. Meist lauscht und schaut er privat, zwanglos und mit offenen Augen und Ohren. Die daraus entstehenden meist emotional noch hoch aufgeladenen Posts in den Sozialen Medien folgen hier nun auch regelmäßig bei klassik-begeistert – voller Leidenschaft, ohne Anspruch auf Vollständigkeit… aber immer mit großem Herzen!

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