Richard Strauss, Ariadne auf Naxos
Live-Mitschnitt vom Oktober 2014
Orchester der Wiener Staatsoper
Christian Thielemann, Dirigent
ORFEO C996202
von Peter Sommeregger
Richard Strauss’ Schmerzenskind unter seinen Opern, die „Ariadne auf Naxos“, konnte sich erst im zweiten Anlauf durchsetzen, nachdem Hofmannsthal und Strauss der Oper ein szenisches Vorspiel voranstellten. In dieser Version wurde die Oper in Wien uraufgeführt und ist zu einem Lieblingsstück der Wiener geworden.
Der hier vorgelegte Mitschnitt stammt aus einer Aufführungsserie anlässlich des 150. Geburtstages von Richard Strauss 2014. Christian Thielemann hatte ein Ensemble der Extraklasse zur Verfügung, das auch weitgehend den hoch gesteckten Erwartungen gerecht wurde.
Damals war noch nicht abzusehen, dass die Besetzung zum Zeitpunkt der Veröffentlichung bereits historisch sein würde. Der Tenor Johan Botha erkrankte ein Jahr nach dieser Vorstellung schwer und starb 2016. Hier ist der international gefeierte Heldentenor noch einmal als souverän alle Tücken der Partie des Bacchus meisternder Sänger der Königsklasse zu erleben.
Abschied nehmen hieß es auch bald von der wunderbar lyrischen finnischen Sopranistin Soile Isokoski. Die Sängerin, die hier eine zarte, schön timbrierte Ariadne singt, zog sich inzwischen zugunsten ihrer Lehrtätigkeit von der Bühne zurück.
Geschichte ist inzwischen leider auch der pointiert charakterisierende Haushofmeister von Peter Matić, der völlig unerwartet im Juni 2019 starb. Selten hat man einen so gekonnt blasierten Vertreter dieser Rolle erlebt.
Als Zerbinetta erlebt man eine Daniela Fally, der die halsbrecherischen Koloraturen scheinbar mühelos aus der Kehle strömen. Erfolgreich setzt sie sich gegen die langen Schatten einer Grist und Gruberova durch, das ist schon eine Leistung für sich. Sophie Koch, zu jener Zeit beinahe auf den Komponisten abonniert, versprüht jugendliches Temperament. Inzwischen hat sie ihr Repertoire in Richtung Wagner erweitert. Jochen Schmeckenbecher setzt seinen vollen Bassbariton für einen väterlichen Musiklehrer ein, Norbert Ernst ist ein frecher spöttischer Tanzmeister, noch vor seinen weniger gelungenen Ausflügen ins Heldentenor-Fach. Der Rest der Besetzung ist bester Wiener Standard.
Der Star des Abends steht allerdings am Pult: Christian Thielemann beweist einmal mehr, dass er heute zu Recht als der wohl beste Strauss-Dirigent gilt. Schon die federnden ersten Takte des Vorspiels zeigen den Weg äußerster Transparenz, den der Dirigent wählt. Kein Detail kommt zu kurz, und erneut muss man bewundern, was man aus einem Orchester von 35 Musikern herausholen kann.
Mit diesem Mitschnitt wird eine denkwürdige Besetzung dieser Oper konserviert, die so leider nicht mehr zur Verfügung steht.
Peter Sommeregger, 23. März 2021, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at
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