Tristan und Isolde finden im Weltraum nicht zueinander

Richard Wagner, Tristan und Isolde  Hamburgische Staatsoper, 29. Mai 2025

Grzegorz Pelutis (Ein Steuermann), Aaron Godfrey-Mayes (junger Seemann), René Pape (König Marke), Simon O’Neill (Tristan), Catherine Foster (Isolde), Kent Nagano (musikalische Leitung), Katja Pieweck (Brangäne), Christoph Pohl Kurwenal), William Desbiens (Melot) (Foto: RW)

Catherine Foster beeindruckte als Isolde mit immer noch schönem Stimmklang und enormer Schallstärke. Und Katja Pieweck sang eine wunderbare Brangäne, ihr Habet acht! Habet acht! Schon weicht dem Tag die Nacht im zweiten Aufzug gelang ihr zum Niederknien schön.


Tristan und Isolde, Handlung in drei Aufzügen
Text und Musik von Richard Wagner

Philharmonisches Staatsorchester Hamburg, Leitung: Kent Nagano

Inszenierung: Ruth Berghaus
Bühnenbild: Hans-Dieter Schaal

Hamburgische Staatsoper, 29. Mai 2025

von Dr. Ralf Wegner

Ruth Berghaus’ Weltraum-Inszenierung bleibt rätselhaft

An der Hamburgischen Staatsoper wurde die 1988 premierte, mittlerweile zum Kult-Stück ausgerufene Tristan-Inszenierung von Ruth Berghaus ausgegraben. Liebesschmerz gibt es für Berghaus überall, auch im Weltraum. Isolde und Tristan befinden sich bei ihr zunächst in einem Weltraumgleiter, im zweiten Aufzug in einer großen, sich drehenden Turbine und später, zerschellt auf einem fernen Planeten.

Das aufwendige Bühnenbild von Hans-Dieter Schaal ist unverändert eindrucksvoll, nur die Regie von Frau Berghaus unterstützt die zumeist handlungsarme Oper nicht. Und nach wie vor erschließt sich mir nicht, warum Brangäne ihre Herrin Isolde im ersten Aufzug immer wieder in Segeltuch einwickeln will oder welche Funktion die ständig synchron mit Liegestühlen hantierenden, seemännisch gekleideten Statisten haben. Nur das Ende des dritten Aufzugs nähert sich einer realistischeren Darstellung an. Problem bleibt aber während der gesamten Aufführung, dass Tristan und Isolde stets jeden Körperkontakt meiden, so als ob es sich um von Gravitationskräften entfernt gehaltene Planeten handelt.

Gesungen wurde gut bis sehr gut

Catherine Foster beeindruckte als Isolde mit immer noch schönem Stimmklang und enormer Schallstärke. Besonders im Liebesduett O sink hernieder, Nacht der Liebe gelangen ihr berückende Töne. Bei den mehr erzählerischen Phasen des ersten Aufzugs machte sich allerdings ein stärker werdendes Vibrato bemerkbar, was ich so bei der Sängerin bisher nicht gehört hatte. Auch ihr Schlussmonolog Mild und leise, wie er lächelt stand unter Druck, so als ob sie damit unschöne Tonhöhenschwankungen unterdrücken wollte.

Christoph Pohl, Catherine Foster, Simon O’Neill und Katja Pieweck nach dem Ersten Aufzug (Foto: RW)

Ihr Partner Simon O’Neill konnte weder von der Stimmschönheit noch von der Schallstärke her mit Catherine Foster mithalten. Dabei lag er mit seinem eher hellen Stimmklang immer sicher über dem Orchester, und das ohne störendes Vibrato. Seiner Stimme fehlte aber ein profunder Kern, um mehr Volumen zu emittieren. O’Neills Tenor wirkte daher wie von einer Oberfläche abgestrahlt mit oft schalem, farbarmen Klang, ohne wirkliche Liebesglut. Deshalb entwickelte sich beim Liebesduett mit Catherine Foster auch kein harmonisches musikalische Klangbild. Im dritten Aufzug gelang es O’Neill während seiner Fieberphantasien wesentlich besser, seine Stimmqualitäten als Heldentenor zu demonstrieren. Er hatte dabei aber auch keine stimmliche Konkurrenz.

Christoph Pohl, Katja Pieweck, Catherine Foster, Simon O’Neill, René Pape und William Desbiens nach dem zweiten Aufzug (Foto: RW)

Katja Pieweck sang eine wunderbare Brangäne, ihr Habet acht! Habet acht! Schon weicht dem Tag die Nacht im zweiten Aufzug gelang ihr zum Niederknien schön. Auch Christoph Pohl beeindruckte als Kurwenal, hier stimmte sein mehr viril-kernig, dafür wenig farbreicher Bariton mit seiner einem loyalen Ethos verpflichteten Darstellung als Tristans Vasall überein.

René Papes profunder, mächtiger Bass gab König Marke gewichtiges Profil. Die Nebenpartien waren auch mit William Desbiens als Melot und Aaron Godfrey-Mayes als junger Seemann gut besetzt. Kent Nagano leitete souverän das Philharmonische Staatsorchester Hamburg. Sein Dirigat empfand ich vom Stil her als eher weich-elegisch und weniger kraftvoll-dynamisch. Nagano wurde ebenso wie das Orchester in den lang anhaltenden Jubel des Publikums eingeschlossen.

Dr. Ralf Wegner, 30. Mai 2025, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

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