Sonya Yoncheva und Riccardo Massi singen Puccini – es hat sich schließlich doch noch gelohnt

The Art of Sonya Yoncheva  Konzertabend in der Staatsoper Hamburg, 21. Dezember 2023

Sonya Yoncheva und Riccardo Massi, links der Dirigent Leonardo Sini (Foto RW)

Der ganze Abend lief unter dem Label The Art of Sonya Yoncheva. Sofern man ihre beiden Zugaben berücksichtigt, hatte die Sopranistin ihr Abendsoll durchaus erfüllt. Es bleibt aber ein Nachgeschmack.

Arien und Orchesterstücke von Giacomo Puccini
Sonya Yoncheva, Sopran
Riccardo Massi, Tenor
Leonardo Sini, Dirigent
Philharmonisches Staatsorchester Hamburg

Konzertabend in der Staatsoper Hamburg, 21. Dezember 2023

von Dr. Ralf Wegner

Es fing etwas zäh mit dem sinfonischen Stück La Tregenda aus Puccinis erster Oper Le Villi an, einer dem Ballett Giselle vergleichbaren Opernhandlung. Sonya Yoncheva tat sich etwas schwer mit der folgenden Szene und Romanze der Anna (Se come voi piccina), auch Riccardo Massi musste sich offenbar erst noch einsingen (Arie des Roberto Torna ai felici dì aus demselben Erstlingswerk).
Nach einem vom Philharmonischen Staatsorchester unter der Leitung von Leonardo Sini allenfalls routiniert heruntergespielten Capriccio sinfonico ging es mit Bekanntem los. Massi und Yoncheva versuchten sich an Rodolfo und Mimì aus La Bohème (Che gelida manina, Sì, chiamano Mimì und O soave fanciulla). Massis mehr zum lyrisch-dramatischen neigende Stimme fehlte es bereits an der für Rodolfos Arie notwendigen Weichheit und eitlen Stimmschönheit, auch Yoncheva war der Mimì stimmlich deutlich entwachsen. Manchmal stimmlich zur Schärfe, um nicht zu sagen zur Unreinheit neigend, flüchtete sie sich häufiger ins Laute bzw. zeigte als besondere Qualität, noch dem am weitesten hinten sitzenden Besucher das Trommelfell zu strapazieren.

Dabei verfügte sie auch über eine schöne, dunkel timbrierte Stimmlage, die aber bei der Mimì nicht recht zum Tragen kommt. Massi verzichtete auf das hohe C am Schluss des Duetts und endete eine Oktave tiefer, was allerdings von vielen nicht völlig höhensicheren Tenören so gehalten wird. Und schon war Pause.

Danach wurde es besser. Sonya Yoncheva sang die Arie der Butterfly Un bel dì vedremo mit fließender, kaum vibratogetrübter Stimme, aber gegen Ende der Arie abrupt recht laut, so dass eine Zuschauerin vor uns sogar zusammenzuckte. Nun muss man zur Ehrenrettung von Yoncheva sagen, dass sie vorn auf dem überdeckten Orchestergraben sang und nicht die hinter ihr postierten Philharmoniker übertönen musste.

Sehr schön und mit moduliertem Lautstärkeneinsatz gelang Massi die Arie des Pinkerton Addio, fiorito asil; Beim abschließenden Duett aus Butterfly Vogliatemi bene versuchten beide wieder alles an Kraft zu geben, was ihnen zur Verfügung stand. Gleiches galt für das Duett Tu, tu, amore? Tu? aus Manon Lescaut, was aber angesichts der dramatischen Komposition durchaus angemessen war.

Schon zu Beginn hatte ich den Eindruck, dass Sonya Yoncheva eine gute Tosca sein würde. Die Arie Vissi d’arte sang sie denn auch überzeugend als Zugabe. Jubelrufe gab es für Riccardo Massi für ein strahlend lang gehaltenes Vincerò-B beim Nessun dorma und Yoncheva verabschiedete sich mit einem wunderbar und nicht zu laut und das dunkle Timbre betonend gesungenem O mio babbino caro.

Der ganze Abend lief unter dem Label The Art of Sonya Yoncheva. Sofern man ihre beiden Zugaben berücksichtigt, hatte die Sopranistin ihr Abendsoll durchaus erfüllt. Es bleibt aber ein Nachgeschmack, sie ist keine der seltenen Sängerinnen, die einen ganzen Arienabend tragen, wie früher z.B. Edita Gruberová mit ihren am Opernfirmament platzenden und langsam nach unten sinkenden, perlengleich funkelnden raumfüllenden Belcanto-Tönen.

Der Abend hat aber  Lust auf mehr gemacht, z.B. auf eine Yoncheva-Tosca auf der Hamburger Opernbühne. Riccardo Massi hatten wir hier bereits 2018 als hervorragenden Cavaradossi erleben dürfen, zusammen mit einer großartigen Angela Gheorghiu als Tosca.

Dr. Ralf Wegner, 23. Dezember 2023, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

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