Ludovic Tézier brilliert mit berührendem Schmelz und begeisterungswürdiger Musikalität

Sonya Yoncheva, Ludovic Tézier, Emanuel Tjeknavorian, Tonkünstler-Orchester Niederösterreich, Yutaka Sado, Sommernachtsgala 2019,  Grafenegg Wolkenturm, 13. Juni 2019

Foto: © ORF/Thomas Jantzen

Sommernachtsgala 2019
Wolkenturm Grafenegg, 13. Juni 2019

Werke von Peter Iljitsch Tschaikowski, Georges Bizet, Giuseppe Verdi, Giacomo Puccini, Pietro Mascagni, Umberto Giordano, Jules Massenet, Franz von Suppé, Fritz Kreisler und Franz Lehár

Sonya Yoncheva, Sopran
Ludovic Tézier, Bariton
Emanuel Tjeknavorian, Geige

Tonkünstler-Orchester Niederösterreich
Dirigent: Yutaka Sado

Moderation: Barbara Rett

von Herbert Hiess

Der Grafenegger Sommer 2019 wurde wieder erfolgreich mit der Sommernachtsgala eröffnet. Traditionsgemäß sind neben den Tonkünstlern und ihrem Chef Yutaka Sado immer zwei Gesangssolisten und ein Instrumentalsolist zu hören und zu sehen. Trotz der Prominenz und Qualität von Sonya Yoncheva wirkten Sie und der Geiger Emanuel Tjeknavorian neben dem exzellenten Bariton Ludovic Tézier eher nur als „Beiwerk“; das aber in erster Güte.

Die Sommernachtsgala 2019 war einerseits russisch-italienisch (aufgrund der Opernmusik), andererseits österreichisch geprägt. Damit hatte man auch die Gelegenheit, die beiden Opernstars in vielen Facetten zu erleben.

© ORF/Thomas Jantzen

Sonya Yoncheva trat hochschwanger auf und brillierte lasziv als „Carmen“, gerade noch mädchenhaft als Lauretta aus Puccinis „Gianni Schicchi“ und schon fast dramatisch als Salomé aus Massenets „Hérodiade“.

Vergessen der Schreck bei einer Recital-CD der bildhübschen Bulgarin, wo sie eher schrill als beeindruckend klang. Am Abend in Grafenegg konnte sie in allen Partien wunderbar überzeugen. Als Lauretta konnte sie das Mädchenhafte und Seelenvolle nicht mehr so ganz rüberbringen – da dachte man gleich an Ileana Cotrubas (sie ist übrigens heuer 80 geworden) und Katia Ricciarelli, die aber offenbar sowieso Ausnahmeerscheinungen waren. Frau Yonchevas Stimme ist wunderschön, könnte aber vielleicht mehr Farben vertragen. Irgendwie wirkte sie manchmal etwas monochrom.

© ORF/Thomas Jantzen

Ganz grandios der Franzose Ludovico Tézier, der mit einer unglaublichen Technik, einem berührenden Schmelz und einer begeisterungswürdigen Musikalität das schwierige Programm sang. Waren schon die Arie des Jelezki aus Tschaikowskis „Pique Dame“ und Posas Tod aus Verdis „Don Carlos“ ein Ereignis für sich – mit der Arie des Gérard aus Giordanos „Andrea Chénier“ konnte der Bariton Geschichte im Wolkenturm schreiben. So hatte man diese Arie noch selten gehört. Der Bariton mit dem enormen Stimmumfang schafft es (wie einst Piero Cappuccilli) sogar in tenorale Höhen; bei ihm sitzt ein gehauchtes Pianissimo genau so sicher wie ein Fortissimo.

Yutaka Sado führte dieses Mal das Orchester beeindruckend durch die Opern- und Konzertmusik; erfreulich war übrigens, dass man beim Programm an den 200. Geburtstag von Franz von Suppé dachte und die Tonkünstler hier auch mit der Ouvertüre von „Ein Morgen, ein Mittag, ein Abend in Wien“ brillierten. Hervorragend da übrigens das Klarinettensolo und nicht zuletzt das gesamte Orchester unter Yutaka Sado.

© ORF/Thomas Jantzen

Solistisch präsentierte sich der junge österreichische Geiger mit armenischen Wurzeln Emmanuel Tjeknavorian. Erst hörte man von ihm die Mélodie aus „Souvenir d’un lieu cher“ von Tschaikowski (in der Instrumentierung von Alexander Glasunow) und dann die Orchesterfassung von Fritz Kreislers „Viennese Rhapsodic Fantasietta“.

Dieses Stück wurde vom österreichischen Komponisten Christoph Ehrenfellner hochinteressant instrumentiert. Das für den Geiger sehr anspruchsvolle Stück ist von Doppelgriffen dominiert; es ist in virtuoser Hinsicht wenig effektvoll. Da liegen die Schwierigkeiten im musikalischen Detail.

Christoph Ehrenfellner hat das Stück recht humorvoll und interessant instrumentiert. Oft hört man Richard Strauss durch und Erich Korngold lässt auch manchmal grüßen. Und ganz am Schluss zeigt Strauss‘ „Till Eulenspiegel“ seine Eskapaden. Ein durchaus witziges und beeindruckendes Werk – nicht zuletzt vom Orchester meisterhaft gespielt.

Und Emmanuel Tjeknavorian kann technisch und vom Klang restlos überzeugen; was ihm noch etwas fehlt, ist das seelenvolle Musizieren. Da das nicht zuletzt auch eine Frage der Reife ist, wird man sich da noch gedulden müssen.

Herbert Hiess, 14. Juni 2019, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

© ORF/Thomas Jantzen

 

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Grafenegg Wolkenturm, 13. Juni 2019“

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