Ab 9. Mai 2022 in der Bayerischen Staatsoper: Hector Berlioz' "Les Troyens"

Vorbericht zur Premiere der Oper Les Troyens von Hector Berlioz,  Bayerische Staatsoper München, 9. Mai 2022

Foto: Bayerische Staatsoper © Wilfried Hösl

Bayerische Staatsoper, München, 09. Mai 2022

Vorbericht zur Premiere der Oper
Hector Berlioz   Les Troyens in München am 09. Mai 2022

von Frank Heublein

Der Regisseur Christophe Honoré inszeniert die Oper Les Troyens von Hector Berlioz. Er schreibt Bücher, dreht Filme und inszeniert, sowohl Sprech- als auch Musiktheater. Er steckt gerade mitten in den Proben zu Les Troyens. Dem Theatiner Kino in München stattet er am Samstag, den 09. April 2022 einen Besuch ab. Sein letzter in Deutschland veröffentlichter Film ist Zimmer 212. Dieses Kino um die Ecke des Nationaltheaters bringt Filme ausschließlich in Originalsprache auf die Leinwand. Christophe Honoré erscheint danach zum Filmgespräch. Es geht nicht nur um den gezeigten Film, sondern auch um die anstehende Operninszenierung.

Das Stück

Die Oper Les Troyens wurde zu Lebzeiten des Komponisten nie komplett aufgeführt. An der Grand Opéra in Paris wurde 1861 Richard Wagners Tannhäuser Berlioz Les Troyens vorgezogen. Wagners Oper war ein Misserfolg und verschlang große Summen, so dass die Pariser Oper eine aus deren Sicht riskante Produktion wie Les Troyens nicht auf den Spielplan setzte. 1863 wurden die letzten drei Akte am Théâtre Lyrique aufgeführt. Ohne Erfolg. 1879 erlebten die ersten beiden Akte eine konzertante Aufführung im Théâtre du Châtelet in Paris. Die erste Gesamtaufführung auf zwei Tage verteilt wurde durch den österreichischen Dirigenten Felix Mottl in Karlsruhe 1890 organisiert. Erst 1969 wurde Les Troyens auf Grundlage der wissenschaftlichen Ausgabe der Partitur erstmals vollständig an einem Abend durch die Scottish Opera Glasgow auf die Bühne gebracht.

Les Troyens ist antiker Mythologiestoff. Die Handlung setzt ein, als die Griechen das trojanische Pferd vor die Stadt stellen und scheinbar abziehen. Cassandres (Kassandras) Warnungen werden in den Wind geschlagen. Énée (Aeneas) erblickt im Traum den gestorbenen trojanischen Helden Hector. Er soll die Stadt verlassen, einige Schätze retten um vor allem in Italien ein neues Reich zu gründen und das trojanische Geschlecht zu erhalten. Die Reise führt Énée nach Karthago zur Königin Didon (Dido). Diese kann sich nach dem Tod ihres Mannes nicht entschließen, neu zu heiraten. Didon gewährt den Trojanern Asyl. Während einer Jagd flüchten Didon und Énée vor einem Gewitter und verlieben sich ineinander. Doch Énée fügt sich der göttlichen Weisung, verlässt Didon und Karthago, um in Italien sein neues Reich zu gründen. Er wird zum mythischen Stammvater Roms. Didon verbrennt alles, was Énée zurückgelassen hat und tötet sich mit dessen Schwert selbst.

Der Komponist

Hector Berlioz (1803-1869) arbeitete seine Oper Les Troyens grundlegend von 1856 bis 1858 aus. Bis 1864 überarbeitete er sein Werk. Als Sohn eines Arztes sollte er Medizin studieren. Mit autodidaktisch erworbenen Kenntnissen wechselt er jedoch nach wenigen Wochen ans Pariser Conservatoire. Sein Vater streicht ihm darauf die finanzielle Unterstützung. Der angehende Komponist verdient seinen Unterhalt mühsam als Chorsänger an einer kleinen Bühne. 1830 gewinnt er den Prix de Rome, der ihm eine Reise nach Rom ermöglicht. Hector Berlioz pflegt viele Bekanntschaften im künstlerischen Umfeld. Im Zuge der sehr erfolgreichen Aufführung seiner Symphonie fantastique Ende 1830 lernt er Franz Liszt kennen. Zeit seines Lebens verbindet ihn eine Freundschaft mit dem Komponistenkollegen. Durch Liszts Einsatz erhält Berlioz in den 1850er Jahren endlich regelmäßige Engagements.

Der Dirigent

Daniele Rustioni ist seit dieser Spielzeit Erster Gastdirigent der Bayerischen Staatsoper. Er studierte in Mailand Orgel, Komposition und Klavier sowie Dirigieren bei Gilberto Serembe. Von 2012 bis 2014 war er Musikalischer Direktor des Teatro Petruzzelli in Bari und bis 2020 Chefdirigent des Orchestra della Toscana, dem er weiterhin als Künstlerischer Leiter verbunden ist. Seit 2017 ist er Chefdirigent an der Opéra National de Lyon und zudem seit kurzem deren Musikdirektor. Seit 2019 ist er Chefdirigent des Ulster Orchestra.

Der Regisseur

Die Verbindung zwischen dem Film Zimmer 212 und der Oper Les Troyens ist nach den Worten Christophe Honorés die Unmöglichkeit der Liebe. Die damit einhergehende Einsamkeit, speziell die der weiblichen Akteurinnen. In der Oper geht das persönliche Schicksal von Didon dem allgemeinen vor, denn wie sie selbst ist auch ihr Volk, die Karthager dem Untergang geweiht. Die Römer und damit die Nachfahren Énées werden diesen herbeiführen.

Interessant sind seine Ausführungen zum Unterschied als Regisseur von einem Film oder einer Oper. Es ist für ihn etwas komplett Unterschiedliches. Der Regisseur spielt in einer Oper eine deutlich geringere Rolle als bei Film oder Sprechtheater. Als Filmemacher gibt er mit dem fertigen Film ein kleines Stück von sich selbst endgültig weg. Die Rolle des Filmregisseurs ist ausgestellter im Vergleich zu der eines Opernregisseurs. Als Filmregisseur wählt er die Schauspieler und Schauspielerinnen, macht wie in Zimmer 212 sogar für und mit Chiara Mastroianni einen Film. In der Oper wählt er keine der beteiligten Künstler selbst aus.

Als Opernregisseur ist für ihn das, was er erarbeitet, flüchtiger als ein Film. Sänger und Sängerinnen wechseln, verändern und entwickeln die Rollen weiter. In der Oper ist es für ihn mehr die Synergie zwischen Orchester, Dirigent, Sänger, Sängerinnen, Bühnenbildnerin, Ausstatter und Regisseur, die essenziell ist.

Christophe Honoré gelingt es in Zimmer 212, zwei Dinge gleichzeitig zu erzeugen: das Gefühl der Hauptfigur Maria für mich als Zuschauer klar nachvollziehbar herauszuarbeiten. Zugleich ist da ein zweites davon unabhängiges Gefühl in mir, von mir als Beobachter. Die Differenz der beiden Gefühle bei Zimmer 212 in mir gegenüber der Hauptfigur Maria ist erheblich.

Wie wird es mir bei Didon in Les Troyens ergehen? Wie stark fühle ich mit Didon? Durch den Krieg zwischen Russland und der Ukraine bekommt die Oper einen aktuellen Bezug. Wie stark wird die Reflektion sein auf das Schicksal der Trojaner, auf die Kriegssituationen in der Oper wie in der Wirklichkeit? Der Russland-Ukraine-Krieg begleitet mich permanent, ist stets bei und in mir und es gelingt mir nur fallweise, dieses gefühlte „Etwas“ genauer zu umreißen und zu erkennen.

Schön drückt es eine Filmzuschauerin im Filmgespräch aus: Christophe Honoré provoziert die Zuschauer in Zimmer 212, dem Werk zu antworten. Möge Christophe Honoré dasselbe mit seiner Inszenierung von Les Troyens gelingen. Auf dass ich auf Les Troyens antworten will, meine Gefühle erkenne und auszudrücken vermag.

Frank Heublein, 19. April 2022, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

Passagen, Ballettabend, Bayerisches Staatsballet Bayerische Staatsoper, München, 26. März 2022 Premiere

Gioachino Rossini, La Cenerentola, Bayerische Staatsoper, München, 21. März 2022

Joseph Haydn, L’Infedeltà delusa, Cuvilliés-Theater, München, 19. März 2022

Ein Gedanke zu „Vorbericht zur Premiere der Oper Les Troyens von Hector Berlioz,
Bayerische Staatsoper München, 9. Mai 2022“

  1. Eine Zumutung!! Eine Stunde lang lebensgroß einen Schwulenporno zeigen. In der Oper! Dafür möchte man keine 170 Euro p.P. zahlen. Der Gesang zuvor war richtig schön und dann sowas. Pornografie hat in der Oper nichts zu suchen.

    Cristina D.

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