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Weihnachtskonzert 2024: „Alle Jahre wieder“
Programm: Chorsätze (teils arrangiert) von Claudio Monteverdi, Anton Bruckner, Benjamin Britten, Johannes Brahms, Emile Waldteufel, Joseph Haydn, Georg Friedrich Händel, Felix Mendelssohn Bartholdy u.a.
Wiener Sängerknaben
Jimmy Chiang Dirigent und Pianist
Bremer Konzerthaus Die Glocke, 22. Dezember 2024
von Dr. Gerd Klingeberg
„Alle Jahre wieder“ singend kommen die zwanzig Choristen im Gänsemarsch auf die Bühne. Sie sind allesamt zwischen zehn und vierzehn Jahre jung und einheitlich gekleidet in dunkle Hosen und weiße Matrosenhemden. Ihr Eingangslied ist zugleich das Motto ihres diesjährigen Weihnachtskonzerts, das sie auf der letzten Station ihrer 11-Städte-Deutschlandtournee in Bremen präsentieren.
Dabei stellen sie als „Haydnchor“ unter der Leitung des engagierten Kapellmeisters Jimmy Chiang nur etwa ein Viertel der berühmten Wiener Sängerknaben, die mit einer wahrhaft imposanten, nämlich mehr als 500-jährigen Chortradition aufwarten können. Dass sie sich dieser langen Historie verpflichtet fühlen, beweisen sie mit dem klangvollen „Ave Maria“ von Claudio Monteverdi, dessen durchaus recht komplexe Mehrstimmigkeit sie stimm- und textsicher – alles selbstverständlich auswendig! – routiniert locker und präzise a cappella meistern; einzig bei den Einsätzen fehlt es gelegentlich an allerletzten Feinheiten.
Ein abwechslungsreicher Gang durch diverse Musikepochen
Für den nächsten Song „Hail, holy Queen“ haben sie sich mit dem Rücken zum Publikum aufgestellt, was für einige Irritation sorgt; jedoch nur so lange, bis sie sich bei donnernder Klavierbegleitung abrupt umdrehen, rhythmisch klatschen und mit fetzigem Gesang den Saal rocken. Klar, man geht mit der Zeit: Die Nummer stammt aus dem Film „Sister Act“ und kann, derart spritzig dargeboten, bestens mit dem Original mithalten. Munter wechselnd zwischen Werken unterschiedlichster Komponisten und musikalischer Epochen geht es weiter.
Anton Bruckners „Virga Jesse floruit“ betört mit warmer Intonation, wird indes leider just an einer kurzen Pause durch lästiges Handyklingeln aus dem Saal gestört. Hohes sangliches und artikulatorisches Können ist beim textlosen „Pizzicati“ (Aleksandar Tanev) und bei Benjamin Brittens fünf Stücken aus „A Ceremony of Carols“ gefordert. Aber damit können die jungen Wiener, die mit den Händen hinter dem Rücken diszipliniert auf der Bühne stehen, durchweg gekonnt punkten.
Das berühmte Wiegenlied „Guten Abend, gut’ Nacht“ von Johannes Brahms wird zunächst solistisch (Alan) einfühlsam vorgetragen; die letzte Strophe vermittelt mit einem überaus zarten Pianissimo des Chores schon am späten Vormittag lauschiges Abendambiente.
Mit dem volkstümlichen Lied „Am Donaurande, da steht ein Haus“ auf Brahms’ Liebeslieder-Walzer op.52/9 setzten die jungen Sänger allzu großer Rührseligkeit indes ein Ende. Und begeistern anschließend mit bildhaftem Gesang als weit ausschwingende, dazwischen muntere Pirouetten drehende musikalische „Schlittschuhläufer“ beim gleichnamigen Walzer von Emile Waldteufel.
Weihnachten mehrsprachlich besungen
Abwechslungsreich bleibt es auch nach der Pause. Wuchtig grandios gerät Joseph Haydns Oratorienlied „Insanae et vanae curae“; in strahlendem Knabentimbre erklingt Georg Friedrich Händels „Tochter Zion“. Den weihnachtlichen Charakter betont der Chor mit dem Volkslied „O Tannenbaum“, mit dem oberösterreichischen Wiegenlied „Es wird scho glei dumpa“ und dem kärntnerischen Hirtenterzett „Tuet eilends erwachen“. Problemlos wechseln die Sänger, die tatsächlich aus dreizehn unterschiedlichen Nationen stammen, in fast ebenso viele Sprachen und Dialekte.
Auch ins Französische: bei Jacques Offenbachs einschmeichelnder, zweistimmig solistisch und vom Klavier begleiteter „Barcarole“. Und schließlich legen die trotz vollem stimmlichem Einsatz noch keinesfalls ermüdet wirkenden Sänger einen tollen Schlussspurt hin mit Felix Mendelssohn Bartholdys Weihnachtslied „Hark! The Herald Angels sing“. Da bekommt man glatt eine Ahnung, wie wohl die Engelschöre zur Weihnacht gesungen haben mögen.
Die Zuhörer zeigen sich jedenfalls restlos begeistert, applaudieren, trampeln, erheben sich zu Standing Ovations. Ein gemütvolles „Stille Nacht, heilige Nacht“ und ein lebhaft frohgemutes „Fröhliche Weihnacht überall“, zu dem sich die Akteure am Bühnenrand aufgereiht haben, steht schließlich am Ende eines angenehm unterhaltsamen, sehr harmonischen Weihnachtskonzerts.
Dr. Gerd Klingeberg, 22. Dezember 2024, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at
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