Requiem, (c) Pascal Victor ArtComPress-Festival-dAix-en-Provence
Museumsquartier Halle E, 1. April 2022
Wiener Festwochen 2022
Requiem
Musik von Wolfgang Amadeus Mozart; Gregorianische Gesänge
Solisten:
Sandrine Piau, Sopran
Sara Mingardo, Alt
Anicio Zorzi Giustiniani, Tenor
Nahuel di Pierro, Bass
Chor und Orchester Pygmalion
Raphaël Pichon Dirigent
Romeo Castellucci Regie, Bühne, Kostüme, Licht
von Herbert Hiess
Romeo Castellucci ist ja hinlänglich bekannt als Vermittler von anspruchsvollen Sujets in starken Bildern. Im Rahmen der Festwochen 2014 inszenierte er in den gleichen Räumen Glucks „Orpheus und Eurydike“ mittels einer filmischen Begleitung der am apallischen Syndrom leidenden Karin (https://www.evolver.at/musik/Wiener_Festwochen_2014_24614/).
Acht Jahre später konnte man im Rahmen der Koproduktion mit dem Festival d’Aix-en-Provence Castelluccis Gedanken zum Thema Sterben und Tod verfolgen. Hinterlegt mit der genialen Musik Mozarts und einigen gregorianischen Gesängen tauchte der Regisseur das jedes Lebewesen begleitende Thema in extrem starke Bilder.
So begann diese Aufführung in einer düsteren Szenerie mit einer einsamen älteren Dame, die kurz Fernsehen schaute und sich dann offenbar zum Sterben niederlegte. Ein gregorianischer Gesang begleitete neben dem Fernsehton diese Aktion. Daraufhin verwandelte sich die Bühne in eine lichte Umgebung und Chor und Solisten interpretierten neben einigen anderen Werken Mozarts vor allem das Requiem. Castellucci ließ bei bewegten Teilen den Chor immer wieder tanzen beziehungsweise in unterschiedlichsten Formationen auftreten.
Obwohl es eine Koproduktion mit Frankreich war, machte der geniale Regisseur eine „Österreich-Version“ daraus. Bei den diversen eingeblendeten Themen mit Bezug zum Tod konnte man beispielsweise Sofiensäle und Donaukanal lesen.
Bei Castellucci hat jeder Takt, jede Note ihre Bedeutung. Es gibt keine einzige Sekunde, keinen einzigen Takt in dieser „Performance“, die nicht szenisch umgesetzt wurde. Wunderschön auch die phantasievollen Kostüme, die vor allem bei den Tanzszenen und choreographierten Szenen eine traumhafte Wirkung zeigten. Berührend auch die Szene, wo das Mädchen fast als Kultsymbol angesehen wurde und mit diversen Farben und Kostümen geschmückt wurde.
Großartig der Schluss, wo die ganze Szenerie zerstört wurde und einige Leute im Dunklen ganz nackt die Bühne verließen. Etwas Optimismus brachte dann ein Säugling in diese düstere Welt, der von zwei Frauen und einem Kind gebracht wurde. Da erhellte sich letztlich dann die Bühne.
Ganz großartig die musikalische Umsetzung; Orchester und Chor von Pygmalion lieferten eine Lehrstunde der Interpretation. So großartig hatte man schon lange mehr keinen Chor in Österreich gehört. Die Leute sind so perfekt, dass es schon fast unheimlich ist. Strahlende Soprane, wunderschön klingende Altstimmen, herrliche Tenöre und letztlich großartige und sonore Bässe machten aus Mozarts Musik (und den gregorianischen Gesängen) ein einzigartiges Fest.
Dass die Solisten dazu passten, muss noch erwähnt werden. Und das Orchester auf den Originalinstrumenten machten aus Mozarts Musik ein Ereignis. Chapeau vor dem Dirigenten Pichon und seiner genialen Arbeit – er legte die Latte für zukünftige Festwochen (und sonstige Aufführungen) fast unerreichbar hoch!
Herbert Hiess, 02. April 2022, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at
Daniels Anti-Klassiker 45: Wolfgang Amadeus Mozart – Requiem (1792), Klassik-begeistert.de