Zum Tod des Wagner-Experten Stefan Mickisch

Zum Tod von Stefan Mickisch  klassik-begeistert.de

Foto: Stefan Mickisch, Wiener Konzerthaus ©

Stefan Mickisch ist tot. Wie in der „Mittelbayerischen Zeitung“ zu lesen ist, ist der Pianist und bekannte Wagner-Spezialist plötzlich in Schwandorf verstorben. Mickisch wurde nur 58 Jahre alt. Eine Nachricht, die die Wagner-Gemeinde weltweit schwer getroffen hat – das lassen die vielen Nachrichten und Postings auf den Social-Media-Kanälen erahnen. Woran Mickisch verstorben ist, ist unbekannt.

von Jürgen Pathy

Ein paar Eckdaten zu einem bewegten Leben

Stefan Mickisch, der vor allem bekannt geworden ist wegen seiner Einführungskonzerte zu Richard Wagner, wurde 1962 in Schwandorf geboren. 1978 – 1982 Unterricht am Meistersinger-Konservatorium in Nürnberg, wo er in den Fächern Klavier, Violine und Komposition ausgebildet wurde. Es folgte ein Studium der Musik- und Operngeschichte an der Musikhochschule in Hannover. Seit 1998 leitete er die Aufführungen der Bayreuther Festspiele mit Einführungsvorträgen vom Flügel aus ein. Weil er die Corona-Maßnahmen der Regierung heftig kritisierte, wurde ihm vor kurzem erst der Zugang zur Villa Wahnfried verboten.

Ein Umstand, der ihm zwar viel Publicity einbrachte, aber auch eine Menge Gegenwind. Interessant wäre es gewesen, zu erfahren, wie er dieses Hausverbot persönlich aufgenommen hat. Leider hat mich seine Nachricht nicht mehr erreicht. Seit seinem Auftritt im Wiener Konzerthaus im Januar 2020 standen wir in Kontakt. Via SMS. Kein reger Austausch, eher sporadisch.

Kurz nach dem Konzert hatte ich ihn darauf aufmerksam gemacht, dass Richard Wagner in „Die Walküre“ aus Liszts h-Moll Sonate zitiert. Eindeutig zu hören. Vor allem, wenn man das Werk am Klavier hört. Weshalb der Wagner-Experte schlechthin, der er ohne Wenn und Aber gewesen ist, das nicht vernommen hatte? 

Unvergessen bleiben Mickischs virtuose Präsentationen am Klavier – vor allem von Wagners Meisterwerken. Seine Ausführungen waren geistreich, fundiert und unterhaltsam und erreichten jeden im Saal – ob den Professoren für Musikgeschichte oder den Anfänger in Sachen klassischer Musik. Mickisch schöpfte aus einem schier unerschöpflichen Wissensfundus und verschlug dem Publikum immer wieder den Atem mit seinem brillanten Klavierspiel.

Aber nicht nur mit Wagner beschäftigte sich Mickisch. Das wäre ihm viel zu eng, wie er in einem Interview verriet. Ebenso widmete er sich Korngold, Richard Strauss, Skrjabin, Reger und Beethoven. Am 8. Dezember 2020 hatte er erst Beethovens „Waldsteinsonate“ aufgenommen. „Denn schließlich hatten wir Beethoven-Jahr und nicht Corona-Faschismusjahr“, wie er schrieb.

Im April 2020 hatte er für Aufregung gesorgt. Via Facebook hatte er aufgerufen sich gegen Exekutive und Legislative zu stellen: „Keine GEZ zahlen, keine Polizei respektieren.“ Nun ist dieser selbst erklärte Widerstandskämpfer für immer verstummt.

Sein plötzlicher Tod bietet Raum für Spekulationen. Öfter musste er wegen schwerer Depressionen Konzerte absagen, was er auch öffentlich kommunizierte. Stefan Mickisch hinterlässt seine Frau, die er 2019 heiratete. Und angeblich einen letzten Wunsch: in Wien begraben zu werden – dort, wo es das beste Publikum gäbe.

7 Gedanken zu „Zum Tod von Stefan Mickisch
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  1. Herr Pathy schreibt über Stefan Mickisch: „Weil er die Corona-Maßnahmen der Regierung heftig kritisierte, wurde ihm vor kurzem erst der Zugang zur Villa Wahnfried verboten.“ Zur Ehrenrettung von Museumsdirektor Dr. Sven Friedrich muss gesagt werden, dass dies auf keinen Fall der Grund war. Hier kann man die wirklichen Gründe nachlesen: https://www.br-klassik.de/aktuell/news-kritik/stefan-mickisch-corona-bayreuth-hausverbot-100.html

    Prof. Karl Rathgeber

    1. Lieber Herr Rathgeber,

      pardon, Sie irren. Bitte lesen Sie den von Ihnen beigefügten Link noch einmal genau durch.

      Herzlich

      Andreas Schmidt.

      1. Lieber Herr Schmidt,

        Dr. Friedrich war so aufgebracht, weil Stefan Mikisch sich mit Hans Schott verglich und von „Coronafaschismus“ sprach.
        Nicht die Kritik an den Coronamaßnahmen war der Grund für das Hausverbot, sondern der unzulässig Selbstvergleich mit dem deutschen Märtyrer Hans Scholl und der Vergleich der Maßnahmen der Bundesregierung mit Faschismus.

        Beste Grüße
        Karl Rathgeber

    1. Lieber Herr Pathy,

      Stefan Mickisch starb genau am 17.02.2021, am Aschermittwoch. „Am Aschermittwoch ist alles vorbei.“ Ein sehr denkwürdiger Todestag, wie ich finde!

      Schöne Grüße
      Agnes Simona Sires

  2. Vom Museumsdirektor Dr. Sven Friedrich habe ich vorher nichts gehört und kenne seinen Hintergrund nicht. Wohl aber schätze ich die geistreichen und anregenden Einspielungen von Herrn Mickisch seit langen Jahren. Der Äusserung von Herrn Dr. Friedrich „man müsse den sogenannten Querdenkern entschieden entgegentreten“ widerspreche ich nicht. Ich bin kein Sympathisant der Querdenker. Querdenken sollte aber – gerade, oder vielleicht vor allem, bei Künstlern erlaubt sein und besonders geschützt werden und sei es noch so abwegig.

    In der Art und Weise und im Kontext, wie die Äusserung von Herrn Dr. Friedrich vorgebracht wurde, kommt mir seine Äusserung eher wie wohlfeiler Heroismus vor. Vorgebracht von einem, der zum Establishment zählt, wahrscheinlich wohl genährt und gut abgesichert. Mit anderen Worten: Er hat dabei nichts riskiert.

    Im Rückblick des Todes von Stefan Mickisch erscheinen dessen merkwürdig unpassenden Äusserungen wie ein Hilfeschrei. Statt seine Not zu erkennen und vielleicht zumindest versuchen ihn zu verstehen (man kannte sich ja anscheinend recht gut), wurde die Gelegenheit für billige PR verwendet.

    Ich frage mich, inwieweit diejenigen, die ihn sozial so scharf geächtet haben, eine Mitschuld an seinem Tod tragen. Wenn Satire (fast) alles darf, so soll die Kunst und der Künstler oder die Künstlerin auch (fast) alles dürfen.

    Emmanuel Steinbeis

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