Mahler 2 im Musikverein: Starker Beifall für Orchesterverein der Gesellschaft der Musikfreunde

Gustav Mahler Symphonie Nr. 2,  Musikverein Wien

Foto: Musikverein Wien / Müller
Wiener Musikverein, Goldener Saal,
16. April 2018
Gustav Mahler Symphonie Nr. 2 c-Moll „Auferstehung“
Orchesterverein der Gesellschaft der Musikfreunde (GdM) in Wien
Robert Zelzer Dirigent
Cantus Novus Wien (Chor)
Boku-Chor
Kammerchor Salto Vocale Perchtoldsdorf
Cornelia Horak
Sopran Hermine Haselböck Alt

von Julian Dworak

Gustav Mahlers 2. Sinfonie in c-Moll ist wie eine Geschichte. Keine kurze Gutenachtgeschichte, sondern eine abendfüllende Erzählung mit Haupt- und Nebenhandlung. Der Orchesterverein der Gesellschaft der Musikfreunde unter der Leitung von Robert Zelzer hat sich der Aufgabe gestellt, Mahlers „Auferstehungssinfonie“ zu interpretieren. Ein fünfsätziges Werk monumentalen Ausmaßes.

Ein wohlig warmer Sonntagabend ist vorherbestimmt für ausgedehnte Parkspaziergänge, im besten Falle mit einem Eis in der Hand… Wer aber eine Karte für Mahlers 2. Sinfonie besaß, ließ sich nicht von den Verlockungen eines lauen Frühlingsabends verführen, auch wenn manch Konzertgänger erst in letzter Sekunde den sonnenbestrahlten Vorplatz des Wiener Musikvereins verließ. Heitere Frühlingsgefühle mussten für eine Weile pausieren.

Dirigent Robert Zelzer begrüßte das ausverkaufte Auditorium mit dem notwendigen Ernst. Eine „Todtenfeier“, wie Mahler den ersten Satz selbst bezeichnete, stand am Anfang eines 80-minütigen musikalischen Mikrokosmos. Die gänzlich in schwarz gehaltene Kleidung des Chors war da nur angemessen.

Der Orchesterverein der Gesellschaft der Musikfreunde (GdM) ist das älteste Amateur-Orchester Wiens. Jährlich konzertiert es dreimal an verschiedenen Spielstätten, davon mindestens einmal im Wiener Musikverein.

Bestimmt, gar ein wenig hektisch gab Zelzer den Auftakt. Die hohen Streicher tremolierten, die tiefen Streicher schlossen sich mit unruhigen Figurationen an. Auf diesem Fundament setzten die Bläser das Hauptthema des ersten Satzes. Spannung bäumte sich auf, bis mit Pauken und Becken die erste von zahlreichen Kulminationen erreicht wurde.

Gustav Mahler schrieb den ersten Satz seiner 2. Sinfonie im Jahre 1888 vorerst als eigenständige symphonische Dichtung. Die Form dieser „Totenfeier“ hat durchaus Züge der klassischen Sonatenhauptsatzform, jedoch wiederkehrende musikalische Bausteine und eine formale Satzstruktur sind nicht Hauptcharakteristikum der Komposition. Es soll vor allem eine hörbare Totenfeier sein, mit allen dazugehörigen emotionalen Facetten! Erst einige Jahre nachdem Mahler die Tondichtung beendet hatte, stellte er sie an den Anfang seiner 2. Sinfonie. Diese vertonte Beschreibung einer Totenfeier interpretierten die Instrumentalisten sehr ansprechend.

„Sehr gemächlich, nie eilen“, schrieb Mahler als Vortragsanweisung für den zweiten Satz. Dies gelang dem großen Orchester äußerst treffend. Die Musik versprühte Leichtigkeit, daran war im ersten Satz nicht zu denken. Eine ausgedehnte Pizzicato-Passage, mit dezenten Harfenklängen ergänzt, erschuf ungeahnte Klänge und rundete den Satz ab. Bescheiden, ländlich sowie tänzerisch. Eine kleine Erholung, eine schöne Insel, ein starker Kontrast. Das war in sich sehr stimmig!

Dramaturgisch gesehen war der zweite Satz ein Resümee. Ein Blick auf die Vergangenheit, auf die schönen Zeiten des bereits verstrichenen Lebens.

Sowohl im dritten als auch im vierten Satz bedient sich Mahler bei seinen eigenen Liedkompositionen. Im dritten Satz entlehnt er musikalische Ideen, verzichtet aber auf Gesang. Der vierte Satz beinhaltet eine Gesangsstimme, die erste in den Mahlerschen Sinfonien.

Perfekt stieg Hermine Haselböck ein. Die Altistin war von Anfang an in der Musik, und sang ausgewogen ohne große Anstrengung. Jenes Orchesterlied war eine gelungene Einleitung für den finalen Satz. Die Auferstehung.

Der Chor erhob sich, musste aber noch auf seinen Einsatz warten. Die prägnanten Figuren der tiefen Streicher des ersten Satzes setzten ein. Spannungsaufbau und -abfall wechselten sich ab. Dann ein Überraschungsmoment. Eine Saaltür war offen und aus Ihr tönten Bläser. Kreativ wurde das Fernorchester platziert und sorgte auch für Auflockerung.

Etwa in der Mitte stimmte der Chor mit den Worten „Auferstehen, ja auferstehen wirst du […]“ ein. Eine Zeile aus der Feder des deutschen Dichters Friedrich Gottlieb Klopstock. Mit Cornelia Horak im Sopran fügte sich gleichzeitig das letzte wichtige Element in die Sinfonie. Die Musik steigerte sich fortan, bis sie schlussendlich ihre volle Klanggewalt entfaltete. Ein langer Schlussakkord besiegelte das Ende eines imposanten Schlusssatzes.

Starker Beifall ließ nicht lange aus sich warten. Zelzer schien dankbar, seine Ernsthaftigkeit war verflogen.

Die Frage, ob es nach so einem Werk noch eine Zugabe gibt, erübrigte sich von selbst. Die These der Totenmesse wurde von einem triumphalen Auferstehungssatz   beantwortet. Mahlers 2. Sinfonie – ein Gesamtkunstwerk – erfuhr eine würdige Aufführung.

Julian Dworak, 17. April 2018, für
klassik-begeistert.de

Ein Gedanke zu „Gustav Mahler Symphonie Nr. 2,
Musikverein Wien“

  1. Robert Zelzer steht eben für höchste Qualität. Es ist der Musikwelt sehr zu wünschen, dass dieser Dirigent die Chance geboten bekommt, auch mit renommierten Orchestren zu arbeiten um überregional von seiner musikalischen Arbeit überzeugen zu können.

    Hannes Klump

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