Manfred Honeck © Felix Broede
Die Musikstadt Hamburg hat so einige Probleme. In der Staatsoper ist es zu ruhig, die Auslastung ist einfach zu gering. In der Elbphilharmonie ist es zu unruhig, weil sich im recht gut gefüllten Haus oftmals Event-Publikum sammelt. Das eine ungute Unruhe in das Haus trägt. Und einfach mal quatscht, klatscht oder sonstwie lärmt, wo es das Werk überhaupt nicht verträgt. Außerdem wird den heimischen Orchestern gerne mal abgesprochen, Weltklasse zu sein.
NDR Elbphilharmonie Orchester
Manfred Honeck Dirigent
Francesco Piemontesi Klavier
Johannes Brahms Konzert für Klavier und Orchester Nr. 2 B-Dur op. 83
Antonín Dvořák Sinfonie Nr. 8 G-Dur op. 88
Elbphilharmonie, Großer Saal, 6. März 2025
von Jörn Schmidt
An der Staatsoper Hamburg sieht man Omer Meir Wellber und Tobias Kratzer als Heilsbringer. Die beiden müssen ein Kunststück vollbringen. Die Ränge soll das Duo füllen. Und dabei an die Goldene Zeit der Intendanz von Rolf Liebermann anknüpfen.
Zugegeben, das ist eine Herkulesaufgabe. Die beiden Neuen setzen erstmal voll auf Neuerungen. So gibt es in den Konzerten des Philharmonischen Staatsorchesters Hamburg 2025/2026 nur noch 2/3 Beethoven. Und auch nur ½ Tschaikowsky. Usf. Wie ich das meine?
Lesen Sie dazu bitte die letzte Folge meiner Kolumne. Oder stellen Sie sich vor, Sie möchten ein Gemälde erneuern, um neue Sichtweisen zu ermöglichen. Und rücken zum Beispiel Leonardo da Vincis Mona Lisa mit einem Eimer Farbe zu Leibe.
Ob das gut geht? Andreas Schmidt, der Herausgeber von klassik-begeistert, und ich haben eine Flasche hervorragenden Rotwein darauf verwettet, dass dieses avantgardistische Konzept nächste Spielzeit nicht mehr Zuschauer begeistert als Kent Nagano und Georges Delnon. Ob Tobias Kratzer dagegenhält, ist Stand heute offen.
Auch das NDR Elbphilharmonie Orchester hatte Goldene Zeiten. Hans Schmidt-Isserstedt, Günter Wand, Herbert Blomstedt, Christoph Eschenbach und Christoph von Dohnányi waren legendäre Chefdirigenten, die jeweils eine goldene Ära des NDR-Klangkörpers geprägt haben.

Kam man aus dieser Vergangenheit vielleicht Lehren ziehen? JA, unbedingt. Bereits letzten Dezember hatte Marek Janowski an gleicher Stelle gezeigt, was immer noch an Qualitäten im NDR Elbphilharmonie Orchester steckt. An Klangfarben, Spielkultur und Flexibilität.
Die eingangs gezeigten drei Probleme hat der Österreicher Manfred Honeck gestern nachgerade spielerisch gelöst. Klassik-begeistert war vor Ort und verrät exklusiv das Hamburg-Geheimnis des Österreichers Manfred Honeck. Dem in der Elbphilharmonie ein grandioser deutsch-tschechischer Abend gelang.
Geheimnis 1 – Wie füllt man die Ränge?
Statt 2/3 oder 1/2 spiele man 100% Brahms und 100% Dvořák. So, wie es in der Partitur steht. Dann findet man die richtige Balance zwischen Werktreue, Details und einem sogartigen Fluss der Musik. Das spricht sich rum und lockt Neulinge wie Kenner und Enthusiasten in den Saal.
Geheimnis 2 – Wie erzeugt man eine Spannung, die das Publikum gebannt lauschen lässt?
Statt 1/3 oder 1/2 spiele man 100% Brahms und 100% Dvořák. So, wie es in der Partitur steht. Dann findet man die richtige Balance zwischen Werktreue, Details und einem sogartigen Fluss der Musik. Das zieht selbst das Elbphilharmonie-Publikum in seinen Bann. Man muss dann nicht mehr zwischen den Sätzen applaudieren. Oder vor lauter Langeweile schwätzen. Die Spannung hält bis zum Schluss und entlädt sich nach dem Werk.
Geheimnis 3 – Wie motiviere ich meine Musiker, wie ein Weltklasse-Orchester zu spielen?
Statt 1/3 oder 1/2 spiele man 100% Brahms und 100% Dvořák. So, wie es in der Partitur steht. Dann findet man die richtige Balance zwischen Werktreue, Details und einem sogartigen Fluss der Musik. Das erinnert die Musiker an die Goldenen Zeiten ihres großartigen Orchesters. Und sie wachsen begeistert über sich hinaus.
Der Dirigent ist eben doch der wichtigste Mann auf dem Platz, Maestro Honeck.
Jörn Schmidt, 7. März 2025, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at
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