„Ich freu' mich aufs Heiraten!“: …und Lübeck freut sich auf den „Rosenkavalier“!

»Der Rosenkavalier«– Die Lesung  Theater Lübeck, Salon, 28. September 2025

Michael Wallner, Andrea Stadel, Steffen Kubach und Stefan Vladar Photo Andreas Ströbl

Ob das so schön wird mit dem Heiraten, wenn man einen vor Testosteron platzenden Baron als zukünftigen Gemahl erwarten muss? Oder ahnt die hübsche junge Sophie schon, dass alles ganz anders ausgehen wird, wenn sie von ihrer Freude auf das Heiraten schwärmt?

Wie die Geschichte aus dem Rokoko-Wien endet, ist uns allen bekannt – nicht aber, was das Lübecker Theater in seiner neuen Rosenkavalier-Produktion am 18. Oktober präsentieren wird. Zuvor jedoch gab es
am 28. September eine Lesung des Librettos mit verteilten Rollen.

»Der Rosenkavalier«Die Lesung
Komödie für Musik von Hugo von Hofmannsthal

Einführungsabend und öffentliche Probe: Dienstag, 7. Oktober 2025, 18.00 Uhr.
Premiere: Samstag, 18. Oktober 2025, 18.30 Uhr.

Theater Lübeck, Salon, 28. September 2025

von Dr. Andreas Ströbl

„Das genialste Libretto der Opernliteratur“

Dass es viele Libretti gibt, die ohne die Musik einfach nicht funktionieren, ist nichts Neues. Jens Ponath, Leitender Dramaturg Musiktheater und Konzert am Theater Lübeck, legte sogar noch eins drauf, als er die Lesungs-Matinée mit Andrea Stadel, Steffen Kubach, Michael Wallner und Stefan Vladar einleitete: „Manche dieser Texte wirken, nur gelesen, wie Parodien ihrer selbst.“

Wenn man aber einen so herausragenden Kopf wie Hugo von Hofmannsthal zur Seite hat, wie es Richard Strauss fast 30 Jahre lang vergönnt war, dann kann sich in solch einem Opernlibretto tatsächlich auch eine eigene Dimension eröffnen. „Komödie für Musik“ ist ja der Untertitel der Oper, und darin wird bereits klar, dass dem Wort hier mindestens eine ebenbürtige Rolle eingeräumt wird. Als „das genialste Libretto der Opernliteratur“ würdigte Regisseur Michael Wallner im persönlichen Gespräch nach der Lesung folgerichtig Hofmannsthals Schöpfung, ein hinreißendes Ineinander von Humor, Gesellschaftssatire, Wiener Lokalkolorit und tiefsinniger Reflexion über die Zeit. Die psychologische Tiefenschärfe der Personen entsteht allein aus dem, was sie von sich geben und wie sie miteinander interagieren.

Um dies einmal zu verdeutlichen, entschlossen sich die „Macher“ der Produktion im Lübecker Jugendstiltheater dazu, das ganze Libretto mit vier Stimmen zu lesen.

Eine Komödie für…Komödianten!

Das Quartett aus der Sopranistin Andrea Stadel, dem Lübecker GMD Stefan Vladar, dem Bariton Steffen Kubach und dem bereits genannten Regisseur bot alles an Variationen in Stimmlage und Wiener Dialekt auf, zu was dieser zauberhafte Text mit offenen Armen einlädt.

Andrea Stadel gab mit wunderbarer Wärme die Marschallin mit ihrer bodenständigen Grandezza und menschlichen Zugewandtheit. Aber mit überzeugender Wandelbarkeit formte sie ebenso greifbar die Mädchenhaftigkeit von Sophie und das intrigante Wesen Anninas.

Dass Steffen Kubach weit mehr beherrscht als das Komödiantische, ist Kennern des Baritons wohlbekannt, aber es war einfach köstlich, wie er den Wutanfall des Herrn von Faninal intonierte; zudem gab er noch dem Sänger, dem Haushofmeister und dem Wirt akustisches Gesicht.

Michael Wallner fiel es als Wiener leicht, den selbstverliebten Baron Ochs plastisch zu gestalten. Tatsächlich könnte er den gleich selbst spielen! Den albern übersteigerten Akzent des Italieners Valzacchi mit rasantem Sprechtempo beherrschte er allerdings ebenso gekonnt.

Stefan Vladar, ebenfalls als Wiener prädestiniert für solche Einsätze, verlieh dem Knaben Octavian sehr sensibel eine sympathische Gestalt, aber das Lustigste war sein Mariandel, das er mit Falsettstimme und typischer Mundart lebendig werden ließ. Viele im Publikum haben Tränen gelacht!

Sicher wird die Umsetzung der Oper vielschichtig, aber diese Lesung machte einfach nur großen Spaß. Man wird das Werk nun mit Sicherheit noch einmal ganz anders wahrnehmen und die Tiefe des Texts, aber auch den großartigen Humor erweitert würdigen können.

Strauss bat Hofmannsthal darum, dass jeder sich allein mit jeweils seinem Part beschäftigen solle, die Rechnung ging auf. „Seien Sie ganz ruhig, lieber und verehrter Herr Dr. Strauss,“ antwortete der Dichter, „ich werde mich nur auf mich selbst verlassen und gar nicht auf die Musik; das ist auch die einzige Art, wie wir zusammenarbeiten können und sollen. Nur gibt mir Ihre Musik dann noch etwas sehr Schönes dazu…“

Und so verließ man dann nach der Lesung die Intimität der Studiobühne und hatte doch deutlich hörbar in seinem Inneren ebendiese Musik des Schlussterzetts, mit seinem geheimnisvollen und berückenden Zauber.

Dr. Andreas Ströbl, 29. September 2025, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

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