Der Schlauberger 65: Komische Dinge aus der Zeitung

Tritt den Sprachpanschern ordentlich auf die Füße! Gern auch unordentlich. Der Journalist und Sprachpurist Reinhard Berger wird unsere Kultur nicht retten, aber er hat einen Mordsspaß daran, „Wichtigtuer und Langweiler und Modesklaven vorzuführen“. Seine satirische Kolumne hat er „Der Schlauberger“ genannt.

von Reinhard Berger

Übrigens: Weihnachten. Steht ja bekanntlich vor der Tür und vor allem in den Zeitungen. Mit sehr komischen Auswüchsen. Zum Beispiel jenem Abendgottesdienst am ersten Weihnachtstag vorigen Jahres, als es im Bericht hieß: „Und die Gläubiger erlebten einen Abend voller Höhepunkte.“ Die schrecken auch vor nichts zurück, die Gläubiger. Noch nicht einmal vor der Kirche. Noch nicht einmal vor Höhepunkten in der Kirche.

Oder nehmen Sie die Meldung „Flohmarkt im Sylter Tierheim“! Sehr clever. So macht man aus Parasiten Geld. Und dann die Schlagzeile „Beamte ersetzen den Feuermelder“. Jetzt speien sie schon Schaum. Wofür ich Verständnis habe. Für alles andere nicht. „Der Schlauberger 65: Komische Dinge aus der Zeitung,
klassik-begeistert.de“
weiterlesen

Sommereggers Klassikwelt 115: Anna Bahr-Mildenburg – eine Stimme prädestiniert für das hochdramatische Fach

Foto: Anna Bahr-Mildenburg (c) Pinterest

von Peter Sommeregger

Die am 29. November 1872 in Wien geborene Tochter eines adeligen Offiziers der K.u.K. Streitkräfte hat in ihrem knapp 75-jährigen Leben erstaunliche Leistungen erbracht.

Gegen den Willen ihrer Familie studierte sie Gesang, die Studien schloss sie bei der ehemaligen Sängerin der Wiener Hofoper, Rosa Papier ab. Ihr erstes Engagement führte sie an das Stadttheater von Hamburg, wo sie 1895 als Brünnhilde, also im hochdramatischen Fach debütierte. Erster Kapellmeister war dort Gustav Mahler, mit dem sie eine Liebesbeziehung einging. „Sommereggers Klassikwelt 115: Anna Bahr-Mildenburg – eine Stimme prädestiniert für das hochdramatische Fach,
klassik-begeistert.de“
weiterlesen

Rising Stars 20: Vivi Vassileva, Perkussion – ein Wirbelwind, der Klänge zaubert

Foto: Vivi Vassileva by©AdrianaYankulova 12

Die Entwicklung und Karriere vielversprechender NachwuchskünstlerInnen übt eine unvergleichliche Faszination aus. Es lohnt sich dabei zu sein, wenn herausragende Talente die Leiter Stufe um Stufe hochsteigen, sich weiterentwickeln und ihr Publikum immer wieder von neuem mit Sternstunden überraschen. Wir stellen Ihnen bei Klassik-begeistert jeden zweiten Donnerstag diese Rising Stars vor: junge SängerInnen, DirigentInnen und MusikerInnen mit sehr großen Begabungen, außergewöhnlichem Potenzial und ganz viel Herzblut sowie Charisma.

KlickKlack – Martin Grubinger stellt Vivi Vassileva vor – 23.7.2019 – BR-KLASSIK

Als ich 2012 in München eine Aufführung der achten Symphonie von Bruckner durch das Bruckner-Akademieorchester besuchte, fiel mir ein zierliches Mädchen mit damals noch kurzen schwarzen Haaren auf, das hinten über dem Orchester mit großer Eleganz die Schlägel der Pauke bewegte. Dieser kommen in dem abendfüllenden Werk wesentliche Aufgaben bei der Gestaltung der Übergänge zu, die die junge Dame überzeugend löste und damit den musikalischen Fluss an den heiklen Nahtstellen zwischen den Themenblöcken aufrechterhielt. Als sie beim Schlussapplaus vom Dirigenten aufgerufen wurde, bekam sie im Vergleich zu den anderen Mitwirkenden die größten Beifallsstürme. Ich fand dann heraus, dass es die damals 17-jährige, aus einer bulgarischen Musikerfamilie stammende Vivi Vassileva war. „Rising Stars 20: Vivi Vassileva, Perkussion – ein Wirbelwind, der Klänge zaubert
klassik-begeistert.de“
weiterlesen

Daniels Anti-Klassiker 40: Richard Strauss – Sinfonia domestica (1904)

Author: Bain News Service, publisher – Library of Congress Catalog

Höchste Zeit sich als Musikliebhaber einmal neu mit der eigenen CD-Sammlung oder der Streaming-Playlist auseinanderzusetzen.

Dabei begegnen einem nicht nur neue oder alte Lieblinge. Einige der so genannten „Klassiker“ kriegt man so oft zu hören, dass sie zu nerven beginnen. Andere haben völlig zu Unrecht den Ruf eines „Meisterwerks“. Es sind natürlich nicht minderwertige Werke, von denen man so übersättigt wird. Diese teilweise sarkastische, teilweise brutal ehrliche Anti-Serie ist jenen Werken gewidmet, die aus Sicht unseres Autors zu viel Beachtung erhalten. 

von Daniel Janz

Richard Strauss, weltbekannt für Kompositionen, wie „Also sprach Zarathustra“, „Ein Heldenleben“, „Don Juan“, „Tod und Verklärung“, für eine ganze Reihe von hochromantischen Liedern oder seine Opern „Rosenkavalier“, „Elektra“, „Salome“, „Ariadne auf Naxos“ und vieles mehr. Bei so einer Vita sollte man meinen, er gehörte zu denjenigen Komponisten, denen alles gelang. Und doch gibt es da eine Komposition, die irgendwie aus dem Groß der herausragenden Hinterlassenschaften herausfällt. Ein Werk, das von Strauss-Liebhabern gerne vergessen oder nicht erwähnt wird. Die Rede ist von der „Sinfonia domestica“. Oder wie ein mir bekannter Musikwissenschaftler einmal despektierlich feststellte: „Ach das Ding, das gibt’s ja auch noch!“ Was ist los, dass diese Komposition so geringgeschätzt wird? Zeit, sie sich einmal genauer anzuschauen! „Daniels Anti-Klassiker 40: Richard Strauss – Sinfonia domestica (1904)
klassik-begeistert.de“
weiterlesen

Schweitzers Klassikwelt 50: Unser Wunschzettel

von Lothar und Sylvia Schweitzer

Wir blicken auf 63 bzw. 60 Jahre Opernerfahrung zurück.
„Salome“, „Der Rosenkavalier“ und „Ariadne auf Naxos“ sind die meist erlebten Werke. Dies dank einer hervorragenden Richard-Strauss-Pflege an der Wiener Staatsoper. Einige Opern erreichten nur deshalb nicht die Vielzahl an Abenden, an denen wir so zu sagen „Zeitzeugen“ wurden, weil wir auf eine ausgewogene Besetzung Wert legen. Auch wenn, um anschaulich zu werden, eine Arabella traumhaft singt, vermag sie schon von den Gesetzen der Logik her keine Zdenka im berühmten Duett zu ersetzen und benötigt einen Mandryka auf stimmlich gleicher Höhe. „Schweitzers Klassikwelt 50: Unser Wunschzettel
klassik-begeistert.de“
weiterlesen

Daniels Anti – Klassiker 39: Benjamin Britten – War Requiem (1962)

Höchste Zeit sich als Musikliebhaber einmal neu mit der eigenen CD-Sammlung oder der Streaming-Playlist auseinanderzusetzen.

Dabei begegnen einem nicht nur neue oder alte Lieblinge. Einige der so genannten „Klassiker“ kriegt man so oft zu hören, dass sie zu nerven beginnen. Andere haben völlig zu Unrecht den Ruf eines „Meisterwerks“. Es sind natürlich nicht minderwertige Werke, von denen man so übersättigt wird. Diese teilweise sarkastische, teilweise brutal ehrliche Anti-Serie ist jenen Werken gewidmet, die aus Sicht unseres Autors zu viel Beachtung erhalten.

 von Daniel Janz

Einschneidende Erlebnisse in der Menschheitsgeschichte hinterlassen oft auch ihre Spuren in Kulturen und damit der Musik. Als solches ist auch der Bereich der Orchesterkompositionen voll mit Werken, die sich auf Katastrophen, menschliche Dramen und Kriege beziehen. Meistens wird damit auch eine besondere Bedeutung verbunden – eine herausragende Stellung, die oft synonym mit Qualität gesetzt wird. Dass dies nicht automatisch immer einhergehen muss, soll heute an einem Beispiel diskutiert werden, das ab und an sogar als Ursprung für ein ganzes Genre bezeichnet wird: Die Rede ist von Benjamin Brittens „War Requiem“.

Über Kriege zu berichten ist immer eine undankbare Aufgabe, insbesondere wenn man als Betroffener davon erzählt. Nicht nur die Erfahrungen, die man in solchen Kontexten machen muss, reichen, um für ein ganzes Leben zu traumatisieren. Auch die Zerstörung, all das Leid und den Terror des Kriegs wiederzugeben, verlangt alles Menschenmögliche ab. Es verwundert daher nicht, dass es zahlreiche Beispiele dafür gibt, dass Menschen statt der Aussprache das Schweigen suchen und die gemachten Erfahrungen mit sich sterben lassen. „Daniels Anti – Klassiker 39: Benjamin Britten – War Requiem (1962),
klassik-begeistert.de“
weiterlesen

Sommereggers Klassikwelt 114 : Irmgard Seefried zum Gedenken

Foto: pinterest.com

von Peter Sommeregger

Die 1919 in einem Dorf im Allgäu geborene Tochter eines Schullehrers erhielt schon frühzeitig von ihrem Vater Gesangsunterricht. Als diese aber den Wunsch äußerte, den Gesang zum Beruf zu machen, war er anfangs nicht begeistert von dieser Idee. Die junge Irmgard hielt aber auch an ihrem Plan fest, als sie ihren Vater durch einen Autounfall als Siebzehnjährige verlor. Sie absolvierte das Konservatorium in Augsburg und wurde bereits 1940 an das Theater in Aachen engagiert, an dem zu dieser Zeit Herbert von Karajan Generalmusikdirektor war. Der erkannte das Potential der jungen Sängerin und erarbeitete mit ihr Partien des jugendlich-lyrischen Faches.

Der Name der jungen Sopranistin scheint sich schnell verbreitet zu haben, denn 1943 sang sie bereits an der Semperoper in Dresden und an der Wiener Staatsoper bei Karl Böhm vor. Der engagierte sie vom Fleck weg für die Eva in den „Meistersingern von Nürnberg“ in Wien. Dies sollte der Beginn einer dreißigjährigen, erfolgreichen Karriere an diesem Haus werden. „Sommereggers Klassikwelt 114 : Irmgard Seefried zum Gedenken,
klassik-begeistert.de“
weiterlesen

Daniels Anti Klassiker – 38: Giacomo Puccini – „Nessun dorma“ aus „Turandot“ (1926)

Foto: pinterest.com

Höchste Zeit sich als Musikliebhaber einmal neu mit der eigenen CD-Sammlung oder der Streaming-Playlist auseinanderzusetzen.

Dabei begegnen einem nicht nur neue oder alte Lieblinge. Einige der so genannten „Klassiker“ kriegt man so oft zu hören, dass sie zu nerven beginnen. Andere haben völlig zu Unrecht den Ruf eines „Meisterwerks“. Es sind natürlich nicht minderwertige Werke, von denen man so übersättigt wird. Diese teilweise sarkastische, teilweise brutal ehrliche Anti-Serie ist jenen Werken gewidmet, die aus Sicht unseres Autors zu viel Beachtung erhalten.

von Daniel Janz

Im Fundus der Klassischen Musik gibt es viel zu viele Werke, die im gesellschaftlichen Bewusstsein vergessen oder in den Hintergrund gerückt sind. Finden solche Werke den Weg zurück zu breiter Beachtung, ist das eigentlich begrüßenswert. Doch leider ist damit heutzutage häufig eine Überrepräsentation, wenn nicht sogar ein medialer Verschleiß verbunden. Nehmen wir beispielsweise Griegs Peer Gynt Suite und wir werden uns erinnern, dass sie heute, im frühen 21. Jahrhundert dem modernen Trend erliegt, ein Stück so oft zu wiederholen, bis es keiner mehr hören mag. Und so handelt auch dieser Beitrag von einem Werk, das im Sinne dieses Trends seit einigen Jahren malträtiert wird. Die Rede ist von der „Nessun dorma“-Arie aus Giacomo Puccinis Oper „Turandot“. „Daniels Anti Klassiker – 38: Giacomo Puccini – „Nessun dorma“ aus „Turandot“ (1926)
klassik-begeistert.de, 24. November 2021“
weiterlesen

Sommereggers Klassikwelt 113: Die wunderbare, unvergessliche Lucia Popp

Foto: Lucia Popp © BR Klassik

von Peter Sommeregger 

Manche Lücken schließen sich nie. Als die Sopranistin Lucia Popp am 16. November 1993 mit nur 54 Jahren starb, hinterließ sie eine solche.

Der Lebensweg der 1939 nahe Bratislava in der Slowakei geborenen Sängerin war anfangs geprägt durch das kommunistische Regime in ihrer Heimat, das Ausreisen nur in wenigen Fällen gestattete, was ihre 1963 begonnene Karriere als Koloratursopran natürlich beeinträchtigt hätte. Sie nutzte einen Besuch bei Verwandten in Wien, um an der Staatsoper vorzusingen, und wurde umgehend engagiert.

Noch im gleichen Jahr sang sie in Otto Klemperers bis heute unerreichten „Zauberflöte“- Aufnahme die Königin der Nacht, die sie später in ihrer Karriere auch an der Met in New York sang, ehe sie zur Pamina wechselte. Ihre große, internationale Karriere entwickelte sich rasant, einige Jahre war sie auch am Opernhaus in Köln engagiert, wo sie mit dem Dirigenten István Kertész zusammenarbeitete. „Sommereggers Klassikwelt 113: Die wunderbare, unvergessliche Lucia Popp,
klassik-begeistert.de“
weiterlesen

Rising Stars 19: Johannes Kammler, Bariton – ein junger Kavalier, der Gefallen findet

Foto: © Besim Mazhiqi

Die Entwicklung und Karriere vielversprechender NachwuchskünstlerInnen übt eine unvergleichliche Faszination aus. Es lohnt sich dabei zu sein, wenn herausragende Talente die Leiter Stufe um Stufe hochsteigen, sich weiterentwickeln und ihr Publikum immer wieder von neuem mit Sternstunden überraschen. Wir stellen Ihnen bei Klassik-begeistert jeden zweiten Donnerstag diese Rising Stars vor: junge SängerInnen, DirigentInnen und MusikerInnen mit sehr großen Begabungen, außergewöhnlichem Potenzial und ganz viel Herzblut sowie Charisma.

NEUE STIMMEN 2017 – Finale (2. Preis): Johannes Kammler singt „Mein Sehnen, mein Wähnen“, Die tote Stadt

An der Bayerischen Staatsoper kann man gut Rising Stars entdecken, man muss nur auf die Darsteller kleinerer Rollen achten, die häufig Mitglieder des Opernstudios sind. Wenn man bedenkt, dass von jährlich 800 Bewerbern nur drei bis vier in diesen Kreis aufgenommen werden, wird klar, welche handverlesenen Hoffnungsträger hier ihre erste Bühnenerfahrung sammeln. So waren auch die außerordentlichen Qualitäten des 1988 in Augsburg geborenen Johannes Kammler nicht zu überhören, der von 2015 bis 2017 dem Opernstudio und dann noch eine Spielzeit lang dem Ensemble der Bayerischen Staatsoper angehörte und 2018 an die Stuttgarter Oper wechselte.

Er ist der Sohn von Reinhard Kammler, dem Gründer und langjährigen Leiter der Augsburger Domsingknaben. In diesem dem Chorgesang geweihten Umfeld erhielt er seine erste musikalische Ausbildung. Es folgten Gesangsstudien in Freiburg im Breisgau, in Toronto und an der Guildhall School of Music in London. Schon bald gaben ihm auch die Konzerte seines Vaters die Möglichkeit, sich solistisch zu erproben. Sogar vor dem bekanntermaßen musikverständigen Papst Benedikt XVI wirkte er schon als Solist bei einem Konzert in der Sixtinischen Kapelle mit.

Weihnachstoratorium – Kantate I: Arie „Großer Herr, o starker König“ (Augsburger Domsingknaben, Johannes Kammler, Bass) Sixtinische Kapelle, 2010

Die Zeit an der Bayerischen Staatsoper legte eine gute Grundlage für Johannes Kammlers Karrierestart, doch schon bald verließ er dieses Haus. Wie er mir sagte, war er enttäuscht, dass den männlichen Ensemblemitgliedern kaum interessante Rollen angeboten wurden. In dieser Hinsicht konnte ihm das Staatstheater Stuttgart weit mehr bieten und er stand dort ziemlich schnell als Dottor Malatesta in Don Pasquale, Marcello in La Bohème, Guglielmo in Così fan tutte und Graf Almaviva in Figaros Hochzeit auf der Bühne. Mehr wäre noch gegangen, wenn ihm Covid keinen Strich durch die Rechnung gemacht hätte. So konnte sein Debüt als Papageno erst mit Verzögerung erfolgen, doch nun ist der Spielbetrieb wieder in Gang gekommen und er wird in dieser Spielzeit noch als Don Giovanni und als Figaro im Barbier von Sevilla debütieren. Auch Rolando Villazón ließ es sich nicht nehmen, ihn in seiner Serie „Stars von morgen“ einem breiten Fernsehpublikum vorzustellen.

Johannes Kammler bei „Stars von morgen“ (2019): An Schwager Kronos (Schubert)

Dass er sich hier auch als Interpret eines klassischen Liedes präsentiert, zeigt, wie viel ihm diese Musikgattung bedeutet und wie fesselnd er alle Möglichkeiten der Interpretationskunst einzusetzen versteht. Er nutzt sein breites Spektrum an Dynamik und Klangfarben für die nötigen Kontraste zwischen herber Dramatik und einschmeichelnd klaren Kantilenen und bringt den Text und seine Bedeutung immer verständlich zum Ausdruck. Zweimal war ich bei seinen Liederabenden im Publikum und kann ihn gar nicht genug dafür loben, dass er jedem Lied einen eigenen Charakter gibt und damit eine nicht nachlassende Spannung garantiert. Es gibt viele Beispiele in YouTube, die das belegen, und auch immer wieder Möglichkeiten, das im Konzertsaal zu erleben.

Auch der Tätigkeit als Oratoriensänger bleibt er treu. Als Solist in Haydns Schöpfung war er 2017 unter Thomas Hengelbrock in der Elbphilharmonie zu erleben, ebenso zählen Bachs Passionen zu seinem regelmäßig gepflegten Repertoire. Szenische Umsetzungen von Oratorien bieten heute auch die Möglichkeit eines Brückenschlags zwischen Oper und Konzertrepertoire. So wirkte er kürzlich an der Holländischen Nationaloper Amsterdam an einer Bühnenadaptation von Haydns Missa in tempore belli mit.

Missa in tempore belli: „Qui tollis“ by Johannes Kammler – Dutch National Opera, 2021

Wie charakterisiert man nun einen jungen Künstler mit vielfältigen Entwicklungsmöglichkeiten, ohne ihn in eine zu enge Schublade zu stecken? Der Begriff Kavaliersbariton kann hier vielleicht eine Richtung andeuten, ohne eine Festlegung zu treffen. Don Giovanni, den er demnächst in Stuttgart darstellen wird, ist z.B. mit diesem Etikett versehen, ebenso Eugen Onegin und Mandryka in Arabella. Das ist m. E. Repertoire, das er sich gut erschließen kann. Diese Charaktere müssen ein elegantes Timbre haben und ein einschmeichelndes Legato singen, aber auch dramatisch auftrumpfen können, ohne die Gunst der Damen aufs Spiel zu setzen. Auf diesem Weg sehe ich Johannes Kammler gut unterwegs und seine Mitwirkung an der konzertanten Aufführung von Arrigo Boitos hochinteressantem Opernfragment Nerone bei den Bregenzer Festspielen 2021 bestärkt mich darin, an seine besonderen Qualitäten als junger Kavalier zu glauben.

Arrigo Boito / Nerone / Duett Rubria, Fanuèl / Alessandra Volpe, Johannes Kammler, Ltg. Dirk Kaftan, Bregenzer Festspiele Juli 2021

Weiterführende Information:

Biografisch sortierte Playlist in Youtube

Offizielle Webseite

Johannes Kammler in Wikipedia

Lorenz Kerscher, 4. November 2021, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

Lorenz Kerscher, Jahrgang 1950, in Penzberg südlich von München lebend, ist von Jugend an Klassikliebhaber und gab das auch während seiner beruflichen Laufbahn als Biochemiker niemals auf. Gerne recherchiert er in den Internetmedien nach unentdeckten Juwelen und wirkt als Autor in Wikipedia an Künstlerporträts mit.

Dr. Lorenz Kerscher

„‘Musik ist Beziehungssache‘, so lautet mein Credo. Deshalb bin ich auch als Chorsänger aktiv und treffe mich gerne mit Freunden zur Hausmusik. Eine neue Dimension der Gemeinsamkeit eröffnet sich durch die Präsenz vieler, vor allem junger Künstler im Internet, wo man Interessantes über ihre Entwicklung erfährt, Anregungen zur Entdeckung von musikalischem Neuland bekommt und auch in persönlichen Kontakt treten kann. Man ist dann kein Fremder mehr, wenn man ihnen als Autogrammjäger begegnet oder sie sogar bei einem Konzertbesuch im Publikum trifft. Das ist eine schöne Basis, um mit Begeisterung die Karrieren vielversprechender Nachwuchskünstler mitzuerleben und bei Gelegenheit auch durch Publikationen zu unterstützen.“

Rising Stars 18: Federica Lombardi

Rising Stars 17: Lucienne Renaudin Vary – die mit der Trompete tanzt