Wenn Eliahu Inbal einspringt, wird das ein Feuerwerk!

Foto: © Gürzenich-Orchester

„Liebes Publikum, leider musste Pablo Heras-Casado aus gesundheitlichen Gründen sein Dirigat absagen“. Mit dieser Ankündigung begrüßen einen heute Flyer und Plakate beim Betreten der Kölner Philharmonie. Und das ausgerechnet in einem Abo-Konzert, das enorme Herausforderungen an Publikum und Künstler stellt. Mendelssohn, Wagner und Mahler sollten es werden, Mahler und Mozart werden es letztendlich. Der eine setzt Feingefühl und Sensibilität voraus. Der andere geht in die Vollen und gießt einen waschechten Titanen in Musik. Solchen Gegensätzen muss man erst einmal gewachsen sein! Es ist daher ein Glücksfall, dass das Gürzenich-Orchester Köln trotz so kurzfristiger Absage einen weiteren Giganten gewinnen konnte: Den israelischen Dirigenten Eliahu Inbal.


Gürzenich-Orchester Köln

Eliahu Inbal, Dirigent

Kristian Bezuidenhout, Klavier

Wolfgang Amadeus Mozart – Konzert für Klavier und Orchester Nr. 22 Es-Dur KV 482

Gustav Mahler – Sinfonie Nr. 1 D-Dur “Titan”

Kölner Philharmonie, 18. Oktober 2022

von Daniel Janz

Inbal zeichnet eine lange Karriere als Dirigent aus. Jahre lang war er Chefdirigent des hr-Sinfonieorchester, dessen Ehrendirigent er bis heute ist. Weitere Engagements, wie beim Orchestra del Teatro la Fenice, beim Orchestra Sinfonica Nazionale della RAI Torino, dem Konzerthausorchester Berlin, der Tschechischen Philharmonie und dem Tokyo Metropolitan Symphony Orchestra zählt seine Vita auf. Das schürt natürlich hohe Erwartungen an den 86-jährigen Dirigentenveteran. „W.A. Mozart, Gustav Mahler, Gürzenich-Orchester Köln
Kölner Philharmonie, 18. Oktober 2022“
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Kinderkonzert in Köln: „Die Maus“ übernimmt

Foto: ww1.wdr.de

Mit Musik aus Antonín Dvořáks Sinfonie Nr. 9 in e-Moll, op 95 B 178 – “Aus der neuen Welt”

Kölner Philharmonie, 17. September 2022

WDR Sinfonieorchester
Joseph Bastian, Dirigent
Johannes Büchs, Moderation
Katja Engelhardt, Regie

von Daniel Janz

Klassische Musik und Kinder – das geht doch nicht zusammen! Da fehlt die Reife, die Kleinen langweilt es doch und im schlimmsten Fall stören sie sogar das Konzert. So jedenfalls ein althergebrachtes und viel zu oft wiederholtes Klischee. Dabei gehört die frühkindliche Förderung doch gerade zu den zentralen Aufgaben unseres Kulturmanagements und damit auch zu den Kernkompetenzen des WDR Sinfonieorchesters. Bei 13 € Eintrittspreis mit halbem Preis für die jungen Besucher lässt sich auch nicht mit zu hohen Kosten argumentieren. Wieso also nicht einmal einer solchen Veranstaltung Aufmerksamkeit schenken? „Kinderkonzert in Köln: „Die Maus“ übernimmt
Kölner Philharmonie, 17. September 2022“
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Wenn ein Eierschneider zum Instrument wird

Gürzenich-Orchester, Copyright: Holger Talinski, Quelle: https://www.guerzenich-orchester.de/de/press)

Kölner Philharmonie, 13. September 2022

Gürzenich-Orchester Köln
François-Xavier Roth, Dirigent
Mahan Esfahani, Cembalo

Miroslav Srnka – „Standstill“ – „with an all-forgivin peace“ für Cembalo und Orchester, 2022 – Kompositionsauftrag des Gürzenich-Ochesters Köln und des Rundfunk-Sinfonieorchesters Prag

Anton Bruckner  – Sinfonie Nr. 3 d-Moll WAB 103, 1. Fassung 1872-73

 Zugabe: Jean-Philippe Rameau – Gavotte mit 6 Variationen


von Daniel Janz

Der Eierschneider ist ein vielseitiger Gegenstand. Filigran geformt aus Metall mit scharfen Saiten, eigentlich zum Zerschneiden kleiner Leckerbissen gedacht, kann er durch sie Klänge für den Konzertsaal erzeugen. So ist jedenfalls die Interpretation von Miroslav Srnka (47) aus Prag. In seinem extra für das Gürzenich-Orchester Köln sowie das Sinfonieorchester Prag komponierten Werk „Standstill“ weist er diesem ungewöhnlichen „Instrument“ als Ausdruck von „Schneeflockenrauschen“ eine Paraderolle zu. Was daraus folgt ist eine Uraufführung der besonderen Art. „Gürzenich-Orchester Köln, François-Xavier Roth, Dirigent, Mahan Esfahani, Cembalo
Kölner Philharmonie, 13. September 2022“
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Eine gut geölte Maschine rattert durch Köln

Franz Welser-Möst, The Cleveland Orchestra © Claudia Höhne

Das Cleveland Orchestra gastiert unter Franz Welser-Möst mit Strauss und Berg in der Kölner Philharmonie.

Köln, Philharmonie, 5. September 2022

Richard Strauss (1864-1949) – Macbeth op. 23 TrV 163

Alban Berg (1885-1935) – Lyrische Suite für Streichquartett, Fassung der Sätze 2-4 für Streichorchester

Richard Strauss – Suite aus Der Rosenkavalier, TrV 227d (für Orchester zusammengestellt von Franz Welser-Möst)

von Brian Cooper, Bonn

Richard Strauss war 22 Jahre alt, als er mit der Komposition seiner ersten Tondichtung begann. Macbeth wird verhältnismäßig selten gespielt, und so war es ein besonderes Vergnügen, das Cleveland Orchestra damit in Köln zu hören. Das Werk steht in d-Moll, und gleich zu Beginn, ganz kurz nur, sind Anklänge an den Anfang von Beethovens Neunter unüberhörbar. Bilde ich mir zumindest ein.

Doch ist es erkennbar schon reinster Strauss, der mit seiner „spannungsgeladenen wie zugleich klangkulinarischen Tondichtung“ – diese schöne Formulierung steht im Programmheft – hier den Grundstein für spätere Werke legte. Das üppig besetzte Orchester spielte mit Verve, sattem Klang und schier unbegreiflicher Perfektion. Warum ist das Blech in den großen US-amerikanischen Orchestern so unglaublich gut? Es könnte an der Tradition der marching bands liegen – so ein interessanter und durchaus einleuchtender Erklärungsversuch. „Cleveland Orchestra, Franz Welser-Möst, Strauss und Berg
Köln, Philharmonie, 5. September 2022“
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Beim ‚Sacre‘ scheidet sich erneut die Spreu vom Weizen

Foto: © Tillmann Franzen

Kölner Philharmonie, 10. Juni 2022

Elnaz Seyedi – A mark of our breath (Uraufführung) – Kompositionsauftrag des WDR – Miniaturen der Zeit –

Dmitri Schostakowitsch – Konzert Nr. 1 a-Moll op. 77 für Violine und Orchester

Igor Strawinsky – Le sacre du printemps

Zugabe: Samuel Carl Adams – Diptych

WDR Sinfonieorchester
Cristian Măcelaru, Dirigent
Karen Gomyo, Violine

von Daniel Janz

Da sind wir also wieder hier in Köln – das in letzter Zeit schwächelnde WDR Sinfonieorchester und der ‚Sacre du printemps‘, der hier fast ein Dauergast ist aber leider auch oft genug zum Reinfall wurde. Das auch noch angereichert mit Musik von Schostakowitsch und einer Uraufführung weckte im Vorfeld sowohl hohe Erwartungen als auch Sorge. Eine Mischung, die so oder so aber verspricht, ein Abend voller Spannung zu werden. Kein Wunder also, dass das Publikum an diesem Sommerabend bemerkenswert zahlreich erschienen ist, um mitzuerleben, wie sich Orchester und sein rumänischer Chefdirigent Cristian Măcelaru (42) schlagen.

Als erstes Werk des Abends präsentieren sie eine Uraufführung der inzwischen renommierten Komponistin Elnaz Seyedi (40) aus Teheran. Ihr Werk „a mark of our breath“ (zu Deutsch: „eine Spur unseres Atems“) entstand unter der Reihe „Miniaturen der Zeit“ als Auftragsarbeit des WDR. In diesem möchte sie laut ihren eigenen Worten: „die Zerstörung des scheinbar Ursprünglichen“ durch „die menschlichen Stimmen – als gleichzeitig gespielt und gesungen in den Blechbläsern“ ausdrücken. Eine Thematik, die – so beschreibt es das Programm – im Zusammenhang mit „Nachhaltigkeit“ sowie der „Coronakrise“ stehen soll.

Die Musik vermittelt von Beginn an die Vorstellung von etwas Ursprünglichem. Der einleitende Cluster erzeugt einen statischen, eintönig gleichen Eindruck – ganz so wie das Wendland, in dem Seyedi das Werk 2021 komponierte. Im Gegensatz zu ihrer Beschreibung wird diese Statik jedoch nie durchbrochen. Das Orchester sticht zwar häufig durch Staccati aus allen Instrumentengruppen dagegen an. Zerstörung lässt sich hier aber beim besten Willen nicht entdecken. Viel eher werden diese vielen kleinen Effekte gegen das Grundklanggemisch gefühlt endlos wiederholt. „WDR Sinfonieorchester Cristian Măcelaru, Dirigent, Karen Gomyo
Kölner Philharmonie, 10. Juni 2022“
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Spektakuläre Hochromantik trifft auf ein etwas müdes Publikum

Foto: Lionel Bringuier (c) Paulo Dutto

Von der Qualität her haben sich Orchester und Dirigent heute Abend stattdessen durch eine Vorstellung auf ganz hohem Niveau ausgezeichnet, die Lust auf mehr macht und eine Empfehlung für zukünftige Aufführungen dieses Orchesters rechtfertigt. In dem Sinne also: Bis bald!

Kölner Philharmonie, 30. Mai 2022

Gürzenich-Orchester Köln
Lionel Bringuier, Dirigent

Stefan Dohr, Horn

Igor Strawinsky – Pogrebal’naja pesn‘ / Chant funèbre op. 5

Richard Strauss – Konzert für Horn und Orchester Nr. 2 Es-Dur TrV 283

Igor Strawinsky – Petroushka (1910-11, rev. 1946-47)

Zugabe: Olivier Messiaen – Des Canyons aux étoiles – Satz 6 „Appel interstellair“ für Horn-Solo

von Daniel Janz

Strauss und Strawinsky – zwei Komponisten, die um die Wende zum 20. Jahrhundert ihre jeweiligen Nationen prägten. Der eine, der mit seinen frühen Programmmusiken die Konzertsäle der Welt eroberte und dann erfolgreich den Sprung zur Oper schaffte. Der andere, der durch seine Ballettkompositionen früh für Aufsehen sorgte und sich dann zu einem richtigen Allrounder der Orchesterkomposition entwickelte. Zwei Giganten, die – wenn sie auf dem Programm stehen – eigentlich immer für ein sensationelles Konzerterlebnis gut sind.

Und ganz im Sinne eines atemberaubenden Konzerterlebnisses beginnt an diesem Montagabend das Gürzenich-Orchester unter dem französischen Gastdirigenten Lionel Bringuier (35). Strawinskys Chant funèbre – auch als „Grabgesang“ zu übersetzen – ist hier eine freilich selten aufgeführte Kostbarkeit. Dabei kann dieses Frühwerk des aus Russland stammenden und nach Frankreich migrierten Komponisten mit seinem düster grummelnden Einstieg bereits von der ersten Note an ergreifen. Für Kontraste sorgt es weiterhin durch flirrende Streicher und Holzfiguren, die gegen das tiefe Brummen im Bass und leise Donnern des Schlagwerks ansingen. Das sich daraus entwickelnde Thema schreitet durch alle Orchestergruppen, bis es sich schließlich in die Vollen steigert und einen hochromantischen Höhepunkt markiert. „Gaukler, Stefan Dohr, Gürzenich-Orchester Köln, Lionel Bringuier
 Kölner Philharmonie, 30. Mai 2022“
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Von der Seele der Musik

Foto: Roth Francois Xavier, © Marco Borggreve

Kölner Philharmonie, 9. Mai 2022

Gürzenich Orchester Köln
François-Xavier Roth, Dirigent

Antoine Tamestit, Viola

Leoš Janáček – „Des Spielmanns Kind“ (1912)
Morton Feldman – „The Viola in my Life IV“ (1971)
Richard Strauss – „Ein Heldenleben“ op. 40 (1898)

Zugabe: Johann Sebastian Bach – Prelude aus Cellosuite Nr. 1 in G-Dur in Bearbeitung für Solo-Viola

von Daniel Janz

„Seelenleben“ – das ist ein Titel, der tief blicken lässt. Unter ihm versammelt sich das Gürzenich Orchester Köln unter Chefdirigent François-Xavier Roth (50), um in psychoanalytischer Präzision drei Komponisten zu präsentieren, die sehr unterschiedlich ihr Innerstes auszudrücken vermochten. Seien es Morton Feldmans sphärische Klänge in „The Viola in my Life“ oder die Heldengeschichte in Richard Straussens „heroischer Sinfonie“… diese Werke dürfen heute für sich selbst sprechen.

Den Anfang macht jedoch eine frühromantisch klingende Orchester-Ballade von Leoš Janáček. Obwohl er sie im Jahr 1912 komponierte – zu dieser Zeit schrieben andere bereits atonal –, erinnert ihr Klang eher an Schumann, als an Zeitgenossen, wie Richard Strauss oder den (zu diesem Zeitpunkt jüngst verstorbenen) Gustav Mahler. Sei es bei dem süßlich säuselnden Einstieg der ersten Violine zu den Holzbläsern, tänzerischen Glockenspieleinwürfen oder verspielten Holzbläsermotiven, denen gegenüber dramatische Zwischenspielen im Tutti für Abwechslung sorgen – dieses Werk hat etwas Leichtes, Beschwingtes, das dieses Orchester auch fokussiert herausarbeitet. „Seelenleben, Gürzenich Orchester Köln, François-Xavier Roth, Dirigent,
Kölner Philharmonie, 9. Mai 2022“
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Krieg und Frieden – bewegend und ungewollt aktuell

Foto: © Tillmann Franzen

WDR Sinfonieorchester, Kölner Philharmonie, 11. März 2022

Valentin Silvestrov – „Hymne-2001“

Joseph Haydn – Missa in Tempore Belli Hob. XXII:9 / „Paukenmesse“

Dmitri Schostakowitsch – Sinfonie Nr. 5 d-Moll op. 47

WDR Rundfunkchor
WDR Sinfonieorchester

Manfred Honeck, Dirigent
Jeanine De Bique, Sopran
Anna Lucia Richter, Mezzosopran
Patrick Grahl, Tenor
Paul Armin Edelmann, Bass
Nicolas Fink, Einstudierung

von Daniel Janz

„Als wir vor zwei Jahren dieses Programm erstellt haben, konnte niemand wissen, dass es zur grausamen Realität werden würde“, begrüßt Manfred Honeck (63) an diesem Freitagabend das Publikum in der Kölner Philharmonie. Kaum hätte ein Satz besser den Wahnsinn der heutigen Tage verdeutlichen können. Es ist in der Tat ein gespenstischer Moment, der dieses Konzert einleitet. Das Pogramm mit dem Titel „Krieg und Frieden“ hätte ursprünglich nur für die zur Aufführung stehenden Werke gelten sollen. Nun aber gibt es höchstaktuell das wieder, was wir täglich miterleben.

Es spricht für den österreichischen Dirigenten und das Orchester, dass sie ihr Programm den aktuellen politischen Umständen entsprechend erweitert haben. Der Abend, der ursprünglich „nur“ mit Joseph Haydns Paukenmesse Hoffnung spenden und mit Schostakowtischs fünfter Sinfonie die Zerrissenheit unter diktatorischen Regimen darstellen sollte, wurde kurzfristig um die „Hymne-2001“ des auch heute noch aktiven ukrainischen Komponisten und Aktivisten Valentin Silvestrov (84) erweitert. Mit dem Programm verbindet ihn nicht nur der Krieg in der Ukraine oder sein Geburtsdatum; er wurde in demselben Jahr geboren, wie Schostakowitschs fünfte Sinfonie uraufgeführt wurde. Ähnlich wie Schostakowitsch war auch Silvestrov in der Sowjetunion starken Repressionen ausgesetzt. Bekannt ist er deshalb auch u.a. für politisch motivierte Kompositionen, wie beispielsweise das im Lichte der Maidanproteste entstandene Werk „Diptych“ oder das „Gebet für die Ukraine“ (2014). „WDR Sinfonieorchester, Silvestrov, Haydn, Schostakowitsch,
Kölner Philharmonie, 11. März 2022“
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Grandiose Live-Aufführung in Köln schlittert haarscharf an Eklat vorbei

 

Foto:  © Helge Hansen_Sony Music Entertainment


Kölner Philharmonie,
7. Februar 2022

Wolfgang Amadeus Mozart – Ouvertüre aus: La clemenza di Tito KV 621
Wolfgang Amadeus Mozart – Konzert für Klavier und Orchestre d-Moll KV 466
Gustav Mahler – Sinfonie Nr. 1 D-Dur “Titan”

Deutsches Symphonie-Orchester Berlin
Robin Ticciati, Dirigent

Leif Ove Andsnes, Klavier

Von Daniel Janz

Die Meisterkonzerte Köln – eine Reihe, die internationale Orchester zum Besuch in der Domstadt einlädt und dabei nicht nur einen frischen Wind sondern auch stets neue Eindrücke verspricht. Nachdem im vergangenen Jahr eine große Anzahl dieser Konzerte pandemiebedingt entfallen musste, freut es daher umso mehr, heute mit dem Deutschen Symphonie-Orchester Berlin auch wieder Gäste auf höchstem Niveau begrüßen zu dürfen, die mit Mozart und Mahler obendrein auch noch zwei sehr bekannte Namen im Repertoire mitgebracht haben. Garanten für das Gelingen dieser Aufführung sollen neben dem namenhaften Orchester besonders sein britischer Dirigent Robin Ticciati (38) und der norwegische Pianist Leif Ove Andsnes (51) sein.

Als Einstieg haben die Gäste eine Komposition gewählt, die getrost als eine der beeindruckenderen Musiken Mozarts zählen darf. Das Komponistentalent der Wiener Klassik brachte die Opera seria „La clemenza di Tito“ im September 1791 in Prag zur Uraufführung – derselbe Monat, in dem später auch seine weltbekannte Zauberflöte ihre Uraufführung erlebte. Aus dem in Rom spielenden Zweiakter über Verrat, Reue und Gnade ertönt heute jedoch nur die thematisch nicht im Zusammenhang stehende Ouvertüre. Eine Wahl, die sich aufgrund des eröffnenden Charakters dieses Ausschnitts anbietet. „Deutsches Symphonie-Orchester Berlin, Robin Ticciati, Leif Ove Andsnes, Klavier,
Kölner Philharmonie, 7. Februar 2022“
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Cristian Măcelaru und das Tempo – eine ambivalente Angelegenheit

Das WDR Sinfonieorchester Köln (WSO), Foto:  © WDR/Clüsserath

Kölner Philharmonie, 4. Februar 2022

Sean Sheperd – Downtime (Uraufführung) – Kompositionsauftrag des WDR
Sergej Rachmaninow – Die Toteninsel op. 29 – Sinfonische Dichtung nach Arnold Böcklin für großes Orchester
Sergej Rachmaninow – Rhapsodie a-Moll über ein Thema von Paganini op. 43 für Klavier und Orchester
Pjotr Tschaikowsky – Sinfonie Nr. 5 e-Moll op. 64

WDR Sinfonieorchester
Cristian Măcelaru, Dirigent
Denis Kozhukhin, Klavier

Von Daniel Janz

In einem hauptsächlich russisch orientierten Programm traten das WDR Sinfonieorchester und sein Chefdirigent an diesem Freitag an, um ihr Stammpublikum zu unterhalten. Der Pandemie ist es geschuldet, dass diesmal nur knapp ein Drittel des Saals gefüllt werden konnte. Laut Aussage der Webseite war das Konzert damit gänzlich Abonnementen vorbehalten. Ein letztendlich undankbarer Zustand, wenn man bedenkt, dass mit Rachmaninow und Tschakowsky zwei Größen der russischen Musikgeschichte auf dem Programm standen.

Den Beginn machte aber eine Uraufführung des US-amerikanischen Komponisten Jean Sheperd (42), der für die vom WDR beauftragte Serie „Miniaturen der Zeit“ einen Beitrag mit Fokus auf Blasinstrumente leistete. In seiner die Einsamkeit durch den Corona-Lockdown ansprechenden Komposition „Downtime“ begegnet dem Publikum eine stark reduzierte Streichergruppe ohne Violinen. Dafür spickt Sheperd die lange Zeit ziellos umherirrende Komposition mit allerhand Stilmitteln, die zum Ausdruck unserer von der Pandemie geplagten Gefühle gut funktionieren: Lang gezogene, zähe Akkorde mit Harfenglissandi, immer wieder schrille Bläserstöße und ein schon fast als Leitrhythmus fungierendes „Tick – Tack“, das als Illustration leer verstreichender Stunden gelingt. Schade, dass diese an und für sich interessante Komposition über Effekte hinaus aber nicht den Mut aufbringt, mehr anzustreben, als eine Momentaufnahme. Das hätte Potenzial zu Größerem gehabt. „WDR Sinfonieorchester Köln, Cristian Măcelaru, Dirigent, Denis Kozhukhin, Klavier
Kölner Philharmonie, 4. Februar 2022“
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