Elbphilharmonie Hamburg: Eine große Stimme umwogt ein großes Klavier

Elbphilharmonie Hamburg, 24. September 2023, Kleiner Saal

Barno Ismatullaeva, Sopran, & Leon Gurvitch, Klavier
Foto: Jerzy Pruski ©

PROGRAMM

Leon Gurvitch
Songs without tears (Uraufführung)
Variationen über Robert Schumann / Heinrich Heine »Im wunderschönen Monat Mai« für Klavier (Uraufführung)
Heine-Lieder »Träumereien« für Sopran und Klavier

– Pause –

Leon Gurvitch
Vocalise
Variations on a Theme by Paganini
Liederzyklus nach Anna Akhmatova »König Grauauge« für Sopran und Klavier (Uraufführung)

von Andreas Schmidt

Stellen Sie sich vor, Sie gehen in einen „Kleinen Saal“, es spielt ein begnadeter Pianist auf einem schwarzschönsatten Flügel von C. Bechstein, die Sängerin, der Weltstar Olga Peretyatko, ist krank, Corona, und es gestaltet sich mit der neuen Sängerin Barno Ismatullaeva ein Abend, der von Harmonie und Brillanz zwischen dem Wunderflügelspieler Leon Gurvitch und der begnadeten Sopranistin aus Usbekistan geprägt ist.

Der Klavier-Gott kommt aus Minsk, Weißrußland, er spielt so zärtlich, mit so viel Gefühl, mit Liebe, dass es vielen im Publikum den Atem verschlägt.

Es sind SEINE !!!! Kompositionen, ich höre so viele „neue“ Kompositionen, von denen fast alle keinen Bestand haben werden… aber diese Kompositionen dieses zart-sensiblen, feinen Mannes sind von einer Schönheit, die, na klar, etwas adaptieren, aber sie generieren Neues, Unerhörtes, unerhörtes Schönes.

Das Werk des Leon Gurvitch ist groß. Ich sehe die besten Filme der Welt vor meinen Augen und höre, atemlos, die Musik dieses Leon.

Bei Leon Gurvitch sind allen Gefühls- und Lebenslagen mit „drinne“.

Und dann, wow, diese Stimme: Barno Ismatullaeva ist Ensemblemitglied der Staatsoper Hannover. Ich habe lange schon nicht mehr bei einer Frau knapp über 30 eine so ausgewogene, gefühlvolle, balancierte Stimme gehört.

Barno kann sanft und herzensvoll. Barno kann powern, dass es einen aus den Socken haut.

Barno singt mit Liebe und mit einer unglaublichen Intensität.
Ich empfehle allen Lesern, diese Stimme zu hören.

Beide Künstler haben die Kompositionen binnen zwei Tagen erarbeitet.

Ein Abend der dankbaren Extraklasse.

Andreas Schmidt, 25. September 2023, für
klassik-begeistert.de und klassik-beigestert.at

Portrait: Leon Gurvitch klassik-begeistert.de, 22. November 2022

Interview: Leon Gurvitch klassik-begeistert.de, 15. September 2023

 

 

Hoch in den Jahren und kein bisschen müde: Herbert Blomstedt dirigierte die Berliner Philharmoniker

Foto: Martin U.K. Lengemann

Richard Strauss: Metamorphosen

Ludwig van Beethoven: Sinfonie Nr. 3 „Eroica“

Berliner Philharmoniker
Musikalische Leitung: Herbert Blomstedt

Philharmonie Berlin, 22. September 2023

von Kirsten Liese

Die Auftritte des dienstältesten Dirigenten bescheren immer wieder Konzerterlebnisse der besonderen Art. Nach dem Sturz im vergangenen Jahr, der einen Beinbruch nach sich zog, dirigiert Herbert Blomstedt nun nicht mehr im Stehen, aber das muss ein 96-Jähriger nun wahrlich auch nicht.

In seinem Erleben von Musik finden sich – und das ist das eigentlich Phänomenale – nicht die geringsten Anzeichen von Altersmüdigkeit, im Gegenteil: Sein jüngstes Konzert mit den Berliner Philharmonikern ist einmal mehr bestimmt von einer sagenhaften Präsenz und Wachheit. „Berliner Philharmoniker, Herbert Blomstedt, Strauss & Beethoven
Philharmonie Berlin, 22. September 2023“
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Diese h-Moll-Messe fordert heraus, fordert dazu auf, zu explorieren, drängt sich nicht auf und offenbart sich nicht von selbst.

Autograph der Messe h-Moll mit Eintragungen von C.P.E. Bach (Foto: public domain via Staatsbibliothek zu Berlin)

Johann Sebastian Bach
Messe h-Moll BWV 232

Collegium Vocale Gent
Ensemble des Collegium Vocale Gent
Philippe Herreweghe  Dirigent

Philharmonie Berlin, 13. September 2023

von Nikolai Röckrath

Die h-Moll-Messe von Johann Sebastian Bach. Das Werk, für das einem schnell einmal die Superlative ausgehen. Das „größte musikalische Kunstwerk aller Zeiten und Völker“ (Hans-Georg Nägeli, Musikforscher), der „Mont Blanc der Kirchenmusik“ (Franz Liszt). Ein musikalisches Vermächtnis der gesamten Schaffenszeit des Komponisten mit einer Entstehungsgeschichte von insgesamt rund 35 Jahren. Eines der drei Dinge, von denen mein Vater sagt, dass er sie auf eine einsame Insel mitnehmen würde – womöglich neben einem CD Player und einer Stereoanlage. „Johann Sebastian Bach, Messe h-Moll BWV 232
Philharmonie Berlin, 13. September 2023“
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Ein Abend zeitgenössischer Musik beim Musikfest Berlin beschreibt unsere Welt

Kirill Petrenko (Foto: Stephan Rabold)

Musikfest Berlin Kirill Petrenko und Christian Gerhaher

Iannis Xenakis         
Jonchaies für Orchester

Márton Illés
Lég-szín-tér für Orchester

Karl Amadeus Hartmann
Gesangsszene

György Kurtág         
Stele für Orchester op. 33

Berliner Philharmoniker
Kirill Petrenko           Dirigent
Christian Gerhaher  Bariton

Philharmonie Berlin, 14. September 2023

von Sandra Grohmann

Adrenalin. Abstraktion. Mathematik. Gefühl und Verstand. Und ein sehr weiter, bis ins Gegensätzliche gehender Interpretationsspielraum. Iannis Xenakis, der in Rumänien geborene Grieche, der – Bauingenieur, schwerverletzter antinazistischer Partisane – ins französische Exil ging, hat mit seiner Weiterentwicklung serieller Musik das Universum vermessen. Stehen die Flötentöne für Vogelgesang oder für den hohlen Klang des Rattenfängers? Sind die in fast nicht enden wollenden Steigerungen, die unentwegt emporkletternden Exaltationen orgiastisch oder tsunamihaft?

„Musikfest Berlin, Kirill Petrenko und Christian Gerhaher
Philharmonie Berlin, 14. September 2023“
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Mahlers Auferstehungs- Symphonie leuchtet wie ein Licht in der Dunkelheit

Mirga Gražinytė-Tyla, Foto: Thomas Grill

Gustav Mahler
Symphonie Nr.2 „Auferstehung“

Talise Trevigne  Sopran
Okka von der Damerau  Mezzosopran

Philharmonischer Chor München
Münchner Philharmoniker

Mirga Gražinitė-Tyla  Dirigentin

Philharmonie Berlin, 12. September 2023

von Peter Sommeregger

Nur einen Tag nach dem Bayerischen Staatsorchester konnte man in Berlin im Rahmen des Musikfestes ein zweites Münchner Spitzenorchester erleben. Die Münchner Philharmoniker, die im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg ihres Putin-nahen Chefs Gergiev verlustig gingen, lieferten mit der Litauerin Mirga Gražinitė-Tyla den Beweis, dass es sehr gut auch ohne ihn geht, und dass Frauen am Dirigentenpult allmählich häufiger anzutreffen sind. „Münchner Philharmoniker, Mirga Gražinitė-Tyla  Dirigentin, Gustav Mahler Symphonie Nr.2
Philharmonie Berlin, 12. September 2023“
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Münchner Philharmoniker glänzen mit Mahler

Münchner Philharmoniker, Philharmonie © Fabian Schellhorn

Mirga Gražinytė-Tyla dirigierte die Zweite beim Musikfest Berlin 2023

Gustav Mahler: Sinfonie Nr. 2 „Auferstehung“

Münchner Philharmoniker
Philharmonischer Chor München
Musikalische Leitung: Mirga Gražinytė-Tyla

Philharmonie Berlin, 12. September 2023

von Kirsten Liese

Es ist die Zeit der Frauen. Immer zahlreicher erobern sie die Dirigentenpulte. Unlängst feierte Joana Mallwitz beim Berliner Musikfest mit dem Konzerthausorchester ihren umjubelten, viel beachteten Einstand als erste Berliner Chefdirigentin.

Nun folgte die Litauerin Mirga Gražinytė-Tyla, seit 2016 Musikdirektorin des City of Birmingham Symphony, und schon seit längerem  eine der profiliertesten Frauen am Pult. Ich hatte bislang noch keine Gelegenheit sie zu hören, so wurde es endlich Zeit. Aber der Reihe nach. „Musikfest Berlin: Münchner Philharmoniker, Mirga Gražinytė-Tyla
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Zwischen Trauer und Gipfelsturm – Das Bayerische Staatsorchester unter Vladimir Jurowski glänzt in Berlin

Bayerisches Staatsorchester, Vilde Vrang, ©  Geoffroy Schied

Victoria Vita Polevá, Symphonie Nr. 3 “White Interment”

Alban Berg, Konzert für Violine und Orchester „Dem Andenken eines Engels“

Richard Strauss, Eine Alpensinfonie op. 64

Philharmonie Berlin, Großer Saal, 11. September 2023

Vladimir Jurowski, Dirigent
Vilde Frang, Violine
Bayerisches Staatsorchester

von Dr. Andreas Ströbl

Was die drei sehr unterschiedlichen Stücke, die das Bayerische Staatsorchester anlässlich seines 500-jährigen Bestehens am 11. September 2023 im Rahmen des Musikfests Berlin im Großen Saal der Berliner Philharmonie aufführte, verbindet, erschloss sich tatsächlich beim Hören. Zwar hatten die Macher des Programmheftes den erläuternden Texten das durchaus passende Motto „Lebenspfade“ vorangestellt, aber es hätte aufgrund der plastischen Klanggemälde auch „Lebensbilder“ oder „Tongemalte Empfindungen“ heißen können. „Bayerisches Staatsorchester, Vladimir Jurowski und Vilde Frang
Philharmonie Berlin, Großer Saal, 11. September 2023“
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Das Bayerische Staatsorchester pflegt eine Tradition von 500 Jahren

Vilde Frang © Sussie Ahlburg, EMI Classics

Musikfest

500 Jahre Bayerisches Staatsorchester

Victoria Vita Polevá
Symphonie Nr.3 „White Interment“

Alban Berg
Konzert für Violine und Orchester „Dem Andenken eines Engels“

Richard Strauss
Eine Alpensinfonie

Vilde Frang  Violine

Bayerisches Staatsorchester
Vladimir Jurowski  Dirigent

Philharmonie Berlin, 11. September 2023

von Peter Sommeregger

Das Bayerische Staatsorchester begeht in diesem Jahr die Feier seines 500-jährigen Bestehens. Bei seinem aktuellen Gastspiel beim Musikfest Berlin präsentiert es sich mit einem reizvollen, vielschichtigen Programm.

Der neue Chefdirigent Vladimir Jurowski, der bekanntlich mehr als nur einen Koffer in Berlin hat, sorgt für einen besonders intensiven Konzertabend, aber der Star ist natürlich das vorzügliche Orchester. „500 Jahre Bayerisches Staatsorchester, Bayerisches Staatsorchester Vladimir Jurowski  Dirigent
Philharmonie Berlin, 11. September 2023“
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Das Boston Symphony Orchestra huldigt der klassischen Moderne

Venedig 1988 (Foto: Estate of Sibylle Bergemann / OSTKREUZ / Courtesy Loock Galerie)

Julia Adolphe
Makeshift Castle

George Gershwin
Concerto in F

Igor Strawinsky
Petruschka

Jean-Yves Thibaudet  Klavier

Boston Symphony Orchestra
Andris Nelsons  Dirigent

Philharmonie Berlin, 5. September 2023

von Peter Sommeregger

Das Boston Symphony Orchestra, einer der besten Klangkörper der USA, ja der Welt, gastiert regelmäßig beim Musikfest Berlin, auch dieses Jahr wird ihnen ein herzlicher Empfang bereitet.

Zu Beginn erklingt eine Auftragskomposition der jungen amerikanischen Komponistin Julia Adolphe. Da Andris Nelsons sowohl Chef des Bostoner Orchesters, als auch des Leipziger Gewandhausorchesters ist, können beide zusammen leichter neue Werke in Auftrag geben, auch das ein Vorteil dieser Konstellation. „Musikfest Berlin, BSO Andris Nelsons, Dirigent, Jean-Yves Thibaudet
Philharmonie Berlin, 5. September 2023“
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Schammis Klassikwelt 18: Wann geht der nächste Schwan?

Foto:  Leo Slezak als Otello mit Frances Alda als Desdemona: White Studio (Metropolitan Opera’s Archives)


Zum 150. Geburtstag von Leo Slezak

Wer war Leo Slezak? Vielen ist sein Name heute nicht mehr bekannt. Dabei war er einer der größten (nicht nur körperlich mit seinen ein Meter fünfundneunzig) deutschen Operntenöre anfangs des 20. Jahrhunderts. Aber in seinem Leben war er noch viel mehr: er war Filmschauspieler, Lied- und Schlagersänger, Buchautor.

Am 18. August feierten wir seinen 150. Geburtstag. Wie viele andere große Sänger und Musiker ist auch Leo Slezak in dem “Anno mirabilis” 1873 geboren.

 von Jean-Nico Schambourg

Als mährischer Junge wuchs Leo Slezak in Brünn in ärmlichen Verhältnissen auf und verdiente sein Geld mit vielen verschiedenen Berufen. So auch als Statist und Sänger im Aushilfschor an der dortigen Oper. Hier wurde der Gesangspädagoge und Bariton Adolf Robinson auf ihn aufmerksam und bildete seine Stimme aus.

„Schammis Klassikwelt 18: Wann geht der nächste Schwan?
klassik-begeistert.de, 3. September 2023“
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