Es muss eine Rückbesinnung zu einer Art von „Werktreue“ geben

So sieht der Wiener klassik-begeistert-Reporter Herbert Hiess
das Opern- und Klassikjahr 2023

Foto © Wiener Staatsoper

von Herbert Hiess

Wenn ich von unserem Herausgeber ersucht werde die persönlichen Highlights des vergangenen Jahres bekannt zu geben, wird es tatsächlich schwierig – vor allem, was die „Kunstform“ Oper anbelangt.

Denn mittlerweile ist man an einer Phase angelangt, die man gelassen als Generationenkonflikt bezeichnen kann. Auf der einen Seite in die Jahre gekommene Damen und Herren, die auf jahrzehntelange Erfahrung und vielleicht eine profunde Werkkenntnis blicken können… und auf der anderen Seite das junge (bzw. jung gebliebene) Publikum, das noch irgendeine Art von Prägung benötigt. „Das Opern- und Klassikjahr 2023
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Thielemann und die Wiener Philharmoniker: So klingt Weltklasse

Christian Thielemann © Matthias Creutziger

Wiener Philharmoniker
Christian Thielemann, Dirigent

 Programm

Felix Mendelssohn Bartholdy
Ouverture »Die Hebriden / Fingalshöhle« op. 26 (1829–1833)

Symphonie Nr. 3 a-moll op. 56 »Schottische« (1829/1841–1842)

***

Johannes Brahms
Symphonie Nr. 3 F-Dur op. 90 (1883)

Wiener Konzerthaus, Großer Saal, 12. Dezember 2023

von Kathrin Schuhmann

Am Abend des 12. Dezember 2023 versammelten sich zahlreiche Musikliebhaber im geschichtsträchtigen Großen Saal des Wiener Konzerthauses, um Zeugen einer außergewöhnlichen Darbietung durch das weltklassige Orchester der Wiener Philharmoniker unter der Leitung des renommierten Dirigenten Christian Thielemann zu werden. Kaum ein Sitz blieb unbesetzt. „Wiener Philharmoniker, Christian Thielemann, Dirigent
Wiener Konzerthaus, 12. Dezember 2023“
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Wiener Symphoniker präsentieren Programmmusik: Ein Wechselbad der Gefühle

Rudolf Buchbinder © Marco Borggreve

Wiener Symphoniker
Rudolf Buchbinder, Klavier

Barbara Rett, Präsentation
Alexander Soddy, Dirigent

Programm:

César Franck
Le chasseur maudit »Der wilde Jäger«. Symphonische Dichtung M 44 (1882)

Ludwig van Beethoven
Konzert für Klavier und Orchester Nr. 1 C-Dur op. 15 (1795–1800)

***

Arnold Schönberg
Verklärte Nacht op. 4 (Fassung für Streichorchester 1943) (1899/1943)

Wiener Konzerthaus, Großer Saal, 3. Dezember 2023

von Kathrin Schuhmann

Dass Musik, die dem Genre der Programmmusik zugehört, die Geister spalten kann, wissen wir nicht erst seit gestern. So stritten sich allein die in Wien ansässigen gelehrten Köpfe über den ästhetischen Stellenwert und vor allem auch die Legitimität dieser neuen Spielart von symphonischer Instrumentalmusik nicht weniger lang als ein halbes Jahrhundert.

In ihren oft hitzig-polemischen Feuilletons schenkten sie sich einander nichts, nachdem die programmatische Paradegattung schlechthin, die symphonische Dichtung, in Form von Franz Liszts Les Préludes 1857 erstmalig durch das Orchester der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien zu Gehör gebracht worden war. „Programmmusik: Wiener Symphoniker Rudolf Buchbinder, Klavier
Wiener Konzerthaus, Großer Saal, 3. Dezember 2023“
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In love with Trifonov: Hammerklaviersonate trifft auf Tastenstreichler 

Daniil Trifonov © Dario Acosta

Ja, ist denn heute schon Weihnachten? Nein, sogar der erste Advent ist schon vorbei. Dennoch liefert Daniil Trifonov im Wiener Konzerthaus einen Klavierabend, der eine Überraschung nach der anderen platzen lässt. Mit vielen Synonymen hat die Presse den „seltenen Geist des Genialischen“, den „pianistischen Hexenmeister“ aus Russland umschrieben. „Molekularkoch“, „schwarzer Magier“ und neuerdings gar „Medium einer besseren Welt“ gesellen sich hinzu. Was die meisten dabei vergessen haben: Erneuerer und Tastenstreichler, der viel Unerwartetes aus den Fingern zaubert.

Daniil Trifonov, Klavierabend

PROGRAMM

Jean-Philippe Rameau
Suite a-moll (Nouvelles suites de pièces de clavecin) (1728 ca.)

Wolfgang Amadeus Mozart
Sonate F-Dur K 300k (1781–1783)

Felix Mendelssohn Bartholdy
Variations sérieuses op. 54 (1841)

***

Ludwig van Beethoven
Sonate B-Dur op. 106 »Hammerklaviersonate« (1817–1818)

—————————————–

Zugabe:

Art Tatum, Johnny Green
I cover the waterfront (Notation: Daniil Trifonov)

Alexander Skrjabin
3. Satz: Andante (Sonate Nr. 3 fis-moll op. 23) (1897)

Federico Mompou
Variation IX. Valse und Variation XII. Galope e epílogo (Variationen über ein Thema von Chopin) (1938–1957)

Wiener Konzerthaus, 4. Dezember 2023

von Jürgen Pathy

„Was treibt der da?“, ist der dominierende Gedanke vor der Pause, während der die Gespräche ganz klar von einem Thema dominiert sind. „Dieser Mozart war schon sehr eigenartig“, bemerkt ein junger Herr in Jeans, um die 30. Eine Dame, jenseits der 60, nobel, dick aufgetragener Eyeliner und viel Lippenstift zieren ihr Gesicht, ergänzt am Nebenplatz. „Den Mozart hat er zu schnell gespielt – aber: sehr gut!“. Klingt beinahe so, als müsse man schon relativieren. Immerhin ist Trifonov in seinen jungen Jahren, 32 ist er erst, schon so hochstilisiert, als wäre er der nächste Tastengott, der am Thron von Vladimir Horowitz kratzt.

„Daniil Trifonov, Klavierabend
Wiener Konzerthaus, 4. Dezember 2023“
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Víkingur Ólafsson führt meditativ durch Bachs Goldberg-Variationen

Víkingur Ólafsson © Ari Magg

Alle Wiederholungen – das bedeutet bei den Goldberg-Variationen: Sitzfleisch ist notwendig. Nach knapp 1 Stunde und 25 Minuten setzt Víkingur Ólafsson den Schlusspunkt. Das Publikum zollt tiefsten Respekt. Standing Ovations im Großen Saal des Wiener Konzerthauses, das bis zum letzten Platz ausverkauft ist. Zum zweiten Mal innerhalb zweier Tage. Bereits am Vorabend hatte der isländische Pianist das Haus gefüllt. Aufgrund der großen Nachfrage hatten die Verantwortlichen vor wenigen Wochen einen Folgetermin angesetzt – Resultat: beide Abende ausverkauft!

Goldberg-Variationen, Johann Sebastian Bach

Víkingur Ólafsson, Pianist

Wiener Konzerthaus, 4. November 2023

von Jürgen Pathy

Wer das schafft, muss was drauf haben. Víkingur Ólafsson heißt der Kerl. Wo seine Wurzeln liegen, ist bei diesem Namen ebenso nicht zu verheimlichen. Aus dem hohen Norden, aus Reykjavík, der isländischen Hauptstadt, stammt der Pianist, der meine Wege bislang nicht gekreuzt hat. 39 Jahre alt, schlank, Hornbrille, Anzug in einer Farbe. Für Blau hat er sich an diesem Abend entschieden, in Grün war er am Vorabend aufgetreten. Die Optik: Unscheinbar, a little bit Dandy, mit Hang zum Buchhalter. Als Jurist würde er optisch definitiv ein gutes Bild abgeben. Musikalisch wirkt er ähnlich. „Goldberg-Variationen, Johann Sebastian Bach, Víkingur Ólafsson, Pianist
Wiener Konzerthaus, 4. November 2023“
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Franz Welser-Möst dirigiert Mahler 7 verhalten im Wiener Konzerthaus

Konzerthaus Wien, 18. Oktober 2023

Franz Welser-Möst, Cleveland Orchestra © Claudia Höhne

Cleveland Orchestra

Simon Keenlyside, Bariton
Franz Welser-Möst, Dirigent

Gustav Mahler

Frühlingsmorgen (Sechs frühe Lieder Nr. 3) (Bearbeitung für Bariton und Orchester: Luciano Berio) (1889 vor/1987)

Ablösung im Sommer (Fünf frühe Lieder Nr. 1) (Bearbeitung für Bariton und Orchester: Luciano Berio) (1892 vor/1986)

Revelge (Des Knaben Wunderhorn) (1899)

Urlicht (Des Knaben Wunderhorn) (1893)

Rheinlegendchen (Des Knaben Wunderhorn) (1893)

Hans und Grethe (Sechs frühe Lieder Nr. 1) (Bearbeitung für Bariton und Orchester: Luciano Berio) (1892/1986)

***

Symphonie Nr. 7 e-moll (1904–1905)

von Herbert Hiess

Da teils beunruhigende Meldungen über den Gesundheitszustand von Franz Welser-Möst die Runde machen, scheint die Zeit gegeben, innezuhalten und über den oberösterreichischen Stardirigenten nachzudenken.

Und wenn Sie, sehr geehrte Damen und Herren, hier in www.klassik-begeistert.de nach Franz Welser-Möst suchen, werden Sie anhand der vielen Reviews feststellen, dass doch manchmal „durchwachsene“ Wahrnehmungen festzustellen sind. Aber dazu später. „Cleveland Orchestra, Simon Keenlyside, Franz Welser-Möst
Konzerthaus Wien, 18. Oktober 2023“
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Ebenmaß und Übersicht: Rudolf Buchbinder überzeugt im Wiener Konzerthaus

Rudolf Buchbinder © Rita Newman

Klavierabend mit Rudolf Buchbinder

Rudolf Buchbinder, Klavier

Programm

Franz Schubert
Vier Impromptus D 935 (1827)

Ludwig van Beethoven
Sonate C-Dur op. 53 »Waldstein-Sonate« (1803–1804)

***

Frédéric Chopin
Sonate h-moll op. 58 (1844)

Wiener Konzerthaus, 1. Oktober 2023

von Kathrin Schuhmann

Wenn sich Rudolf Buchbinder die Ehre gibt, das Wiener Publikum mit einem Solo-Klavierabend zu verwöhnen, ist eines gewiss: Restplatzkarten für Kurzentschlossene gibt es an der Abendkassa sicher keine mehr.

Dementsprechend war auch am Sonntagabend der Große Saal des Wiener Konzerthauses bis auf den letzten Sitz belegt und dies, obwohl die üblichen Saalplätze bereits mit einem extra Kontingent an weiteren Plätzen auf der Orgelempore und der Bühne aufgestockt worden waren. Der Andrang verwundert nicht. Nicht nur der weltklassige Pianist wird das Publikum angelockt haben, sondern zudem das von diesem ausgewählte Programm, das mit drei großen romantischen Namen auftrumpfte: Schubert, Beethoven, Chopin. „Klavierabend Rudolf Buchbinder
Wiener Konzerthaus, 1. Oktober 2023“
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Magische Momente: Anna Netrebko, Yusif Eyvazov und Étienne Dupuis beseelen ihre Fans mit "La Traviata"

AN DIESEM SAMSTAGABEND IN DER ARENA DI VERONA!!!

Die Stimme dieser Frau entspannt. Ihre satte, frauliche Tiefe und ihre strahlende Höhe sind vom Piano bis zum Forte gleichermaßen stark; ihr Timbre ist mittlerweile so abgedunkelt, dass es (fast) wie ein Mezzo klingt, ihre strahlenden Spitzentöne sind ungebrochen, ihre Phrasierungen sind traumhaft schön. Es gleicht einer Explosion, wenn sie ihre Energie zum Glühen bringt.


Wiener Konzerthaus, 
6. September 2023

Giuseppe Verdi, La Traviata (konzertant)

Anna Netrebko
Yusif Eyvazov
Étienne Dupuis

Philharmonie Baden-Baden
Konzertvereinigung Wiener Staatsopernchor
Michelangelo Mazza, musikalische Leitung

Foto © Vladimir Shirkov: Anna Netrebko und Yusif Eyvazov

von Andreas Schmidt

Es gibt im Leben eines Opern-, Stimmen- und Klassikliebhabers Momente, die magisch sind und die sich auf Ewigkeit in die Seele einbrennen. Es gibt aber wirklich nur ganz wenige Abende, die von einer so nachdrücklichen Intensität, von einer Strahl- und Leuchtkraft sowie Zauberhaftigkeit sind wie dieser Mittwochabend in Wien.

Auf dem Programm: „La Traviata“ von Giuseppe Verdi – einer divinen Jahrtausend-Oper voller phantastischer Melodien, in denen keine Note überflüssig ist.

Einer Oper voller feinfühliger Momente.

Magischer Momente. „Giuseppe Verdi, La Traviata (konzertant), Anna Netrebko, Yusif Eyvazov, Étienne Dupuis,
Wiener Konzerthaus, 6. September 2023“
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Von Geigenhimmel und Orchesterwalze – Die Wiener Symphoniker spielen auf

Vilde Frang © Sussie Ahlburg, EMI Classics

Wiener Konzerthaus, Großer Saal, Sonntag, 25. Juni 2023

Wiener Symphoniker
Vilde Frang, Violine
Fabio Luisi, Dirigent

PROGRAMM

Edward Elgar
Konzert für Violine und Orchester h-moll op. 61

***

Franz Schmidt
Symphonie Nr. 2 Es-Dur

von Kathrin Schuhmann

Das Konzert für Violine und Orchester in h-moll, op. 61 (1909–1910) von Edward Elgar (1857–1934) ist unumstritten ein Meisterwerk der romantischen Konzertliteratur, das ebenso meisterhafte Interpreten und Interpretinnen verlangt, um seine Wirkungskraft in Gänze entfalten zu können. Sowohl die Wiener Symphoniker unter der Leitung von Fabio Luisi als auch die norwegische Weltklasse-Solistin Vilde Frang demonstrierten im Matinee-Konzert vom 25. Juni im Großen Saal des Wiener Konzerthauses eindrücklich, dass sie über genau diese gefragten Ausnahme-Fertigkeiten verfügen und so überrascht es kaum, dass die Darbietung ein voller Erfolg wurde! „Wiener Symphoniker, Vilde Frang, Violine, Fabio Luisi, Dirigent
Wiener Konzerthaus, Sonntag, 25. Juni 2023“
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Blomstedt und Nielsen sind eine unschlagbare Kombination

Leonidas Kavakos © Marco Borggreve

Leonidas Kavakos, Violine
Wiener Philharmoniker

Herbert Blomstedt, Dirigent

Johannes Brahms: Konzert für Violine und Orchester in D-Dur op. 77

Carl Nielsen: Symphonie Nr. 5 op. 50

Wiener Konzerthaus,  27. März 2023

von Herbert Hiess

Es ist eigentlich schon fast unstrittig, bei Herbert Blomstedt von einem Wunder zu sprechen. Der äußerst liebenswerte und sympathische Maestro wird heuer am 11. Juli bereits 96 Jahre (!) alt. Obwohl er schon körperlich etwas gebrechlich ist; wenn er auf seinem Drehsessel am Podium Platz nimmt, motiviert er die Musiker mit einer „Jugendlichkeit“, die ihresgleichen sucht. In Zeiten einer dirigentenmäßigen Inflation, wo jede oder jeder glaubt, das Stäbchen in die Hand nehmen zu müssen und doch wenig Erfreuliches liefert, ist Herbert Blomstedt sowieso eine Sensation. „Wiener Philharmoniker, Herbert Blomstedt, Leonidas Kavakos, Violine
Wiener Konzerthaus,  27. März 2023“
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