Nach einem Jahr Pandemie – Kunst & Kultur sind noch immer in Geiselhaft der Politik (Teil 3)
von Dr. Holger Voigt,
Mediziner und Autor für klassik-begeistert.de
Die Kunst- & Kulturszene hat im letzten Jahr hervorragende, innovative und überzeugende Sicherheitskonzepte entwickelt. Sie alle haben ihre Bewährungsproben mit Bravour bestanden und gezeigt, dass es wirklich geht. Im September des letzten Jahres zur Saisoneröffnung verspürte ich tatsächlich einen Hauch von Hoffnung, dass auf diesem Weg weitergemacht werden könnte. Doch das Gegenteil war dann der Fall. Schon wieder fiel die Kultur durch das Raster und musste sich schmerzhaft ein weiteres Mal in Geiselhaft begeben.
Herausgeber Andreas Schmidt wird nun meine beiden Artikel aus dem Vorjahr („Sprecht leise – haltet Euch zurück“ und „Mühseliges Wellenreiten“) erneut publizieren, da man in ihnen nachlesen kann, dass alles schon lange Zeit bekannt war und schon damals zahlreiche praktische Lösungswege aufgezeigt wurden. Traurig wird man feststellen müssen, dass wir kaum vorangekommen sind. Die Kulturschaffenden sind wieder allein, und das darf einfach nicht sein.
„Auch aus Steinen, die Dir in den Weg gelegt werden, kannst Du etwas Schönes bauen.“
Johann Wolfgang von Goethe
Wo stehen wir eigentlich?
Ist nun eigentlich die erste Pandemiewelle durchgelaufen oder nicht? Steht eine zweite Welle unmittelbar bevor, oder sind wir gar schon mittendrin und haben es nur noch nicht bemerkt? Oder gibt es – wie Virologe Professor Hendrik Streeck gar vermutet – eine Art „Dauerwelle“ mit wechselnden Amplituden? Fragen über Fragen, und auf jede Frage nur wenige, eher provisorische Antworten. Dafür aber mehr und mehr Mutmaßungen und neue Fragen. Und dann noch die kaum in das Bewusstsein gedrungene Warnung aus China vor einem neuen Pandemie-fähigen Schweinegrippe-Virus. Wo soll das alles noch hinführen, wenn dann noch die auferlegte, nur mühsam eingehaltene Verhaltensdisziplin immer mehr abbröckelt? Immer weniger wird auf Abstandsgebote geachtet, und selbst in Supermärkten läuft mittlerweile oft sogar das eigene Personal mit Nasen-Mundschutzmasken herum, die eher als Halskrause getragen werden. Hat man das tödliche Risiko schon ad acta gelegt? „Bisher hat es mich nicht getroffen – dann wird es also auch in Zukunft so sein…?“
Und – bitteschön: Wie soll es mit dem Kulturbetrieb weitergehen? Ist jetzt erst einmal Urlaub angesagt und epidemiologische Verschnaufpause? Mitnichten! Der September als ubiquitärer Saisonauftakt-Monat ist schneller da, als vielen lieb sein kann. Und dann heißt es: Farbe bekennen!
Glücklicherweise sind die Kulturschaffenden geradezu „qua Amt“ kreativ. Sie sind – wie man vielerorts beobachten kann – nicht nur das, sondern auch innovativ und optimistisch! Die Rückkehr zum regulären Spielbetrieb muss das oberste Ziel sein, was schon Ludwig van Beethoven wusste: „Muß es sein? – Ja, es muß sein!!“ Es mehren sich die ermutigenden Signale, dass es trotz der Bedrohungslage funktionieren könnte. Solange wichtige Vorkehrungen getroffen und eingehalten werden können. „Das Rheingold“ im Parkdeck oder die Festival-Eröffnung in der Rocca Brancaleone in Ravenna beweisen: Es gibt einen Weg hinaus. Man muss es nur anpacken.
Ich plädiere hier für einen nationalen integrativen Thinktank, z.B. in Form eines zentralen Internet-Portals, auf dem im Wochentakt Bilanz gezogen wird und jeder, der mithelfen möchte, eigene kreative Vorschläge einbringen kann. Es muss möglich sein, dass gute Ideen auf diese Weise andernorts rasch übernommen werden können. Es zählt nur die Idee an sich, der Realisationsansatz und das Resultat. Kein Forum zur Selbstdarstellung von Politikern und Amtsträgern, kein eingetragener Verein, der erst monatelang über Vorsitz und Satzung konferiert, keine Behörde, die erst einmal in die Sommerferien geht und Überstunden abbummelt. Sondern zupackende Vorschläge, die einfach ausprobiert werden, bevor man sie wieder fallenlässt, ohne es überhaupt versucht zu haben. Wer, wenn nicht die Kulturschaffenden selbst, wissen am besten mit derartigen Fragen schöpferisch umzugehen?
Worum geht es eigentlich?
Überall dort, wo Menschen auf engem Raum zusammenkommen, werden Keime übertragen, insbesondere dann, wenn es sich um geschlossene Räume handelt. Das war immer so und hat dazu geführt, dass sich diverse Infektionskrankheiten weiterverbreiten konnten. Virale Atemwegsinfekte, unter ihnen auch die gefährliche „echte“ Virusgrippe, breiteten sich so auch über den Konzertsaal weiter in die Gesellschaft aus und folgten dabei einem saisonalen Rhythmus. Wer keine Grippe-Schutzimpfung hat durchführen lassen, konnte so diese Erkrankung erwerben und sogar an ihr versterben. Durch die ständige Virusmutation ist der zur Verfügung stehende Impfstoff zumeist nicht passgenau auf den jeweils kursierenden Erregertyp ausgerichtet, so dass jährlich Vakzinen entwickelt werden, die Komponentensurrogate mehrer Virusstämme enthalten. Auch damit gelingt ein sicherer Impfschutz nicht, doch wird in der Regel erreicht, dass Geimpfte einen schwächeren Infektionsverlauf haben.
Erreger, die zu den Bakterien, Protozoen oder Pilzen gehören, sind in aller Regel nicht leicht übertragbar, da sie besondere örtliche Bedingungen auf Wirtsseite erfordern, die ein Angehen der Infektion begünstigen. So ist auch heute noch die (offene) Lungentuberkulose prinzipiell im Konzertsaal übertragbar, was aber tatsächlich kaum vorkommt. Ich selbst habe früher als Arzt in der (offenen) Aufnahmestation einer Tuberkulose-Fachklinik gearbeitet. Ich kam Tuberkulin-negativ und verließ die Klinik später Tuberkulin-negativ, obwohl ich ausschließlich mit ansteckungsfähigen („offenen“) Patienten zu tun hatte.
Ansteckungsfähigkeit („Kontagiosität“) ist also eine sehr wichtige Grundvoraussetzung bei Epi- und Pandemien.
Ein Beispiel dazu: Die durch das Zoster-/Varizella-Virus ausgelöste Viruskrankheit „Windpocken“ (Varizellen) hat ihren Namen auf anschauliche Weise dadurch erworben, dass sie über „den Wind“ verbreitet wird (Tröpfcheninfektion). Die Ansteckungsfähigkeit ist außerordentlich groß. Würde man sie durch ein Abstandsgebot versuchen einzudämmen, wären vermutlich nicht einmal 50 m ausreichend! Dass sich diese Erkrankung nicht ständig neu verbreiten kann, liegt einfach daran, dass sie in der Regel im Kindesalter durchgemacht wird, sie also eine „Kinderkrankheit“ darstellt. Weh dem, der keinen Impfschutz hat bzw. diese Erkrankung erst als Erwachsener bekommt: Die Erkrankung im Erwachsenenalter ist eine sehr schwere, wochenlang anhaltende, äußerst beeinträchtigende Krankheit, wohingegen die Kinder, die sie übertragen haben, meist nur leicht erkrankt sind und alles schon in kurzer Zeit erledigt haben.
Die Erkrankung durch das COVID19-Virus (SARS-COV2) ist eine Viruserkrankung durch einen völlig neuen Coronavirus-Typ, für den es beim Menschen keine Vorimmunität gibt: Für das Immunsystem des Menschen, der meist nur Kontakt mit den Coronavirus-Typen 1-4 hatte (Schnupfenvirus), muss ein völlig neuer Lernprozess durchlaufen werden. Auch hier ist der Aufbau einer Antikörper-vermittelten Immunität für den Krankheitsverlauf entscheidend, doch sind die genaueren Umstände von Infektion („Anhaftung“), Krankheitsentstehung und -verlauf sowie der zeitliche Ablauf des Aufbaus einer Immunantwort sowie deren Effizienz noch immer nicht hinreichend entschlüsselt.
Kontakt- und Tröpfcheninfektion können bei COVID19 mehr als eine Erkrankung der oberen Luftwege nach sich ziehen, und selbst genesende Patienten zeigen oft monatelange Erkrankungsfolgen an zahlreichen Organsystemen (inkl. Zentralnervensystem, Nieren u.a.). Die anfängliche Grundannahme – oft von gewissenlosen Politikern vor laufenden Kameras kolportiert – es handele sich um eine fast symptomfreie Bagatellerkrankung, ist längst durch die Wirklichkeit widerlegt – mit hohen Opferzahlen weltweit. Wer hier von einer „Krise“ spricht, weil er meint, Krisen gingen vorüber – und nicht von einer manifesten Katastrophe, geht leichtfertig und fahrlässig mit Sprache um. Auch hierzulande wurde anfänglich amtlich davon gesprochen, die Bedrohung durch die „klassische“ Grippe sei viel bedeutsamer. Angesichts von fast 10.000 Verstorbenen allein in Deutschland klingen diese Äußerungen mehr als zynisch in einem Land, das bei einer anderen Katastrophe mit nur wenigen Todesopfern Trauerbeflaggung anordnet und im Fernsehen übertragene Trauerfeiern abhält. Auch wir in Deutschland befinden uns in einer Katastrophe, auch wenn wir vergleichsweise mit sehr viel Glück die Erkrankungszahlen niedrig halten konnten, zumal wir aus dem fürchterlichen Pandemie-Verlauf unmittelbar vor unserer Haustür (Italien, Spanien etc.) lernen konnten.
Was ist die Zielsetzung? Notwendigkeit der Definition ehrgeiziger Ziele
Es gibt glücklicherweise eine ingeniöse Kreativität innerhalb der gesamten Kulturszene, die beeindruckend ist. Die erfinderisch machende Not beflügelt in kreativen Köpfen Lösungsansätze, an die zuvor noch niemand gedacht hatte. Meistens werden sie an spezifischen Standorten entwickelt, an denen die besonderen lokalen Gegebenheiten bereits die Bandbreite von Lösungsideen vorgeben, zugleich aber auch einschränken.
Mit Sicherheit wird man Kultur-Deutschland architektonisch nicht umbauen können. Eine Elbphilharmonie nur mit 100 ZuhörerInnen zu füllen, die mit Sicherheitsabstand platziert werden und eine Nasen-Mundschutz-Maske tragen müssen, während ein Mahler-Sinfonieorchester auf geradezu kammermusikalische Dimensionen herunterverdünnt wird, kann nicht die Lösung sein, selbst wenn man das Konzert 2 oder 3 mal am Tag für eine kleinere Zuhörerzahl wiederholt. Die Akustik der Elbphilharmonie ist für andere Dimensionen ausgelegt und teuer auf technologischem Spitzenniveau entwickelt worden. Sie nicht zu nutzen, ist ein Widerspruch in sich.
Es kann auch nicht das Ziel sein, ein Sinfonieorchester ohne Publikum zu platzieren, um das Konzert nur mehr zu streamen, auch wenn die dazu benötigten Techniken immer ausgefeilter werden. Wir hätten dann eben nur „Geisterkonzerte“, und das wollen wir alle wirklich nicht.
Konzersäle wie der Pierre Boulez-Saal in Berlin wurden extra so konzipiert, dass eine intime Klangatmosphäre geschaffen wird, in der MusikerInnen und ZuhörerInnen miteinander perzeptiv verschmelzen. Das kann man nicht in regulatorische Tüten verpacken und zum Gebrauch anbieten. Also seien wir ehrlich:
Wir wollen, dass es wieder so wird wir zuvor! Aber sicher!
Dabei können durchaus Zu- und Abströme von Menschen – sowohl MusikerInnen, ZuhörerInnen als auch das Personal effektiver durch die Aufführungsstätten geschleust werden. Je größer und effektiver die Organisation des Zu- und Abströmens, desto „natürlicher“ kann es beim eigentlichen Konzertgeschehen im Saal zugehen – das ist Sinn einer Zugangskontrolle. Schließlich will niemand einen Chor hinter einzelnen Plexiglasscheiben singen hören oder eine Ballettaufführung ansehen, in der es nur noch Solotänzer gibt. Auch Open-Air ist hier keine Lösung; da könnte es dann in unseren Breiten durchaus passieren, dass ZuhörerInnen nicht an COVID19 erkranken, sondern an allen anderen möglichen Erkältungskrankheiten. Und auch ein Rheingold auf dem Parkdeck läßt sich nicht beliebig in die Landschaft hinein multiplizieren.
Wir brauchen keine bescheidenen, sondern ambitionierte Zielsetzungen!
Selbst wenn nicht alles (sofort) erreicht werden kann, wird man mehr erreichen können, als würde man einer Strategie der kleinen Schritte folgen. Wie klingt ein Orchester oder gar ein Chor, wenn die erzeugten Klangwellen sich in einem großen halbleeren Raum verflüchtigen? Derartige Überlegungen sollte man gar nicht erst beginnen. Das Ziel muss sein, es wie zuvor zu handhaben. Nur eben mit mehr Schutzvorkehrungen in den Bereichen außerhalb des Konzertsaales selbst, also bereits beim Zutritt.
Nur Warten auf den Impfstoff?
Der weltweit ersehnte Impfstoff wird kommen. Es werden sogar mehrere sein – der Forschungsdruck ist gigantisch, und die Gewinnmargen für Anbieter dürften schwindelerregend sein. Aber wird er genügend wirksam sein können? Impfstoffe, die gegen die bislang bekannten vier Coronavirus-Varianten entwickelt wurden, zeigten eine nur geringe Immunogenität und eine kaum messbare Schutzwirkung. Noch heute ist unbekannt, ob Rekonvaleszenten (Genesende) durch ihre gebildeten Antikörper überhaupt gegen eine Re-Infektion geschützt sind. Und wenn ja, wie lange eine solche Schutzwirkung überhaupt anhält. Zu viele Fragen sind noch immer unbeantwortet. Zwar wird der Impfstoff kommen, doch die damit verknüpften Fragen werden vermutlich frühestens erst Ende 2021 (!) beantwortet werden können.
Und was ist, wenn sich zwischenzeitlich ein weiteres Pandemie-Virus auf den Weg machen würde? Es muss ja nicht bei einer Pandemie bleiben. Schon kursieren Meldungen über ein neues Schweinegrippe-Virus, das in China nachgewiesen wurde und als Pandemie-fähig eingestuft wird. Man möge sich nur einmal die instruktive Schluss-Szene des sehr realistischen Spielfilms „Contagion“ (2011, Regie: Steven Soderbergh) dazu ansehen.
Möglichkeiten der Örtlichkeit
Man wird die baulichen Strukturen nicht umbauen können. Somit bleiben Maskenpflicht und Abstandsgebot, auch für das Personal. Aufstellen von Desinfektionsspendern in großer Zahl, Einzelzu- und Abgang zur Toilette (vermutlich ein echtes Problem, Bedarfstoiletten außerhalb?).
Möglichkeiten des Kartenmanagements
Im Kartenmanagement lässt sich der geordnete Zugang zur Abendkasse – vergleichbar dem im Supermarkt – regulieren. Generell sollte der Ticketverkauf möglichst vollständig in das Internet verlagert werden, mit Selbstausdruck der Tickets und Selbst-Einscannen beim Zutritt.
Klimatechnik
Es wird mit Sicherheit auf diesem technologischen Sektor zukünftig Fortschritte geben. Klimaanlagen, Raumzirkulation, gegenwärtig experimentell untersuchte Ausbringung von Wasserstoffperoxid-basiertem Sprühnebel u.v.a. könnten eine Zusatzmaßnahme darstellen.
Tools für ZuhörerInnen
Neben Nasen-Mundschutzmaske, Brillenvisieren zum Herunterklappen oder direkt über die Brille aufziehbar, handliche Desinfektionsmittel für die Hand- oder Hosentasche, kleine Nasenfilter, die 8 Stunden Schutz geben können (nicht 100-prozentig sicher, aber vielleicht besser als nichts) gibt es viele Ideen, die eine Überlegung wert wären.
Tests und Selbsttests
Das A und O der Übertragungsprophylaxe ist schlicht und ergreifend die Verhinderung des Zutritts für COVID19-infizierte Besucher. Das mit Sicherheit auszuschließen, ist logistisch eine harte Nuss. Am sichersten ist es, wenn alle Besucher positiv für COVID19-neutralisierende Antikörper sind und deshalb als Überträger ausscheiden. Doch der Weg zur Herdenimmunität ist noch sehr weit, und ein Impfstoff nicht verfügbar. Bleibt also vorerst nur der Nachweis einer negativen Infektionslage: gesund und nicht ansteckungsfähig. Schon früh wurden zahlreiche Selbsttest-Systeme im Handel angeboten, die leider auch heute noch mängelbehaftet und weit von verlässlichen Aussagemöglichkeiten entfernt sind. Gleichwohl wird dieses Thema mit großem Einsatz bearbeitet. Vielleicht lässt sich doch in naher Zukunft ein Schnell- und Selbsttest anwenden, der eine hinreichende Aussagesicherheit ermöglicht. Die kontaktfreie Messung der Körpertemperatur zum Fieberausschluss am Einlass ist letztlich auch kein überzeugendes Einlass-Kriterium.
Dass auch seriöse Antikörpertests in kontrollierten Hochleistungslaboren ihre Tücken haben, konnt ich höchstpersönlich am eigenen Leib erleben: Es handelt sich um Tests, die eine Sensitivität und Spezifität von etwa 99% aufweisen und dabei sicher nicht mit den harmlosen Coronaviren (Schnupfenviren) kreuzreagieren (sonst wären sie auch nicht zugelassen worden). Mein erster Test war deutlich Antikörper-positiv. Ich ließ ihn aber aus derselben Blutprobe mit einem anderen Test kontrollieren, was ein negatives Resultat ergab. Nach 3 Wochen ließ ich beide Tests wiederholen: Der eine war wieder positiv, der andere wieder negativ: Kein Laborfehler. Erst in einem aufwendigen Differenzierungsverfahren, an dem die Test-Hersteller beteiligt waren, konnte gezeigt werden, dass der positive Test durch ein anderes Antigen ausgelöst wurde und wohl von einem anderen Virus stammte. Auch in der subtilsten Labordiagnostik gibt es heute also noch viele Klippen zu umschiffen, was ja wichtig ist, wenn die Antikörper-Kontrolle nach einer erfolgten Impfung ansteht. Es gibt noch vieles, was wir noch immer nicht wissen.
Fazit: Die Kulturszene befindet sich gegenwärtig auf einer steil ansteigenden Lernkurve. Unterstützen wir sie alle nach Kräften, damit es bald wieder Konzerterlebnisse gibt, die packen und ergreifen, wie es nur die Musik leisten kann.
Beenden wir durch kreative Ansätze die Passion der Chöre, deren gegenwärtige Verunsicherung kaum zu übertreffen ist.
Ich plädiere für einen nationalen, integrativen Thinktank, z.B. in Form eines zentralen Webportals, auf dem sich jeder Ideengeber einbringen kann. Von positiven Erfahrungen anderer zu lernen, beschleunigt die Rückkehr zum regulären Spielbetrieb und bewahrt vor ordnungspolitischer Gängelei, die zuweilen an Realitätsferne nicht zu übertreffen ist. Die Kultur selbst muss zum Taktgeber der Problemlösung werden. Das Potenzial dazu ist allemal vorhanden, wie man schon heute vielerorts beobachten kann.
Dr. Holger Voigt, zuerst erschienen am 20. Juli 2020, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at
Beitragsbild: © Dr. Holger Voigt
Dr. Holger Voigt, Jahrgang 1949, lebt in Kaltenkirchen (Schleswig-Holstein) bei Hamburg und ist Arzt und Wissenschaftler auf dem Gebiet der Krebsforschung mit Schwerpunkt digitale Tumorwachstumssimulation. Seine Liebe zur klassischen Musik entstand in den frühen 70er Jahren. In den 80er Jahren begann er, seinem musikwissenschaftlichen Interesse zu folgen, indem er einzelnen Komponisten (Beethoven, Mahler, Verdi) historisch und geografisch nachreiste und vor Ort die Entstehungsbedingungen ihrer Werke studierte. Er ist Herausgeber mehrerer wissenschaftlicher Bücher und seit 2018 Autor bei klassik-begeistert.de.