Foto © Szilvia Csibi /adamfischer.at
Mit diesen äußerst lebendigen und musikalisch exzellenten Meistersingern begeistert Ádám Fischer auch das Budapester Wagner-Publikum und ließ die freudige Stimmung dieser Oper feierlich durch den Saal fegen! Neben einem zauberhaft klar spielenden Orchester trug auch das durchweg herausragend besetzte Gesangsensemble die Solopartien mühelos und souverän auf den Schultern.
Müpa Budapest, Bartók Béla Nemzeti Hangversenyterem (Béla-Bartók-Konzerthalle), 26. Juni 2025
Die Meistersinger von Nürnberg
Musik und Libretto von Richard Wagner
Ádám Fischer, musikalische Leitung
von Johannes Karl Fischer
Vor Aufzugsbeginn blasen Trompetenfanfaren die Meistersinger-Motive von den Balkonen, das ganze natürlich bei sechzigminütigen Pausen und schwitzwarmen Sommertemperaturen. Kennt man irgendwoher.
Im Saal herrschte eine für Wagner-Verhältnisse wohl einmalige Atmosphäre. Zwar saß das Orchester im Graben und stand ein minimalistisches Bühnenbild hinter den Sängern, doch konnte sich die Konzertsaalatmosphäre hinter den vom Chor gefüllten Rang-Reihen kaum verstecken.
Auch die Orgel thronte sicht- und hörbar majestätisch über den Zuschauerraum. „Halbszenisch“, meinte meine extra aus Kalifornien eingeflogene Mutter. Von wegen: Diese Inszenierung von Dirk Becker ließ einen das Johannisfest erleben als säße man auf der Nürnberger Festwiese. Stolzing spazierte stets durch den Zuschauerraum zu seiner Eva, ein Stühle und Notenpulte stapelnder David wurde neben Schustergesell auch noch Orchesterwart. Lebendiger, freudiger, zugänglicher kann man diese Oper kaum auf die Bühne bringen!
Allen voran erhob allerdings die vom Publikum lautstark gefeierte Leistung von Ádám Fischer diese Aufführung in die Wagner-Spitzenliga. Selten habe ich das Meistersinger-Vorspiel – ein zauberhaftes Kunstwerk der höchste Klasse an sich – so klar, durchsichtig wie feurig gehört. Jede einzelne Stimme fügte sich mühelos an den Rechten Ort der monumentalen Partitur, die Tuba-Melodie schwebte sanft aus den Mitten des dreistimmigen Kontrapunkts empor. Fischers Dirigat ließ das Orchester die ganzen viereinhalb Stunden mit einer Seele durchatmen und die namenlose musikalische Freude der triumphalen Schlusschöre durch den Saal fegen!
Ihm zur Seite stand ein durchweg großartig besetztes Gesangsensemble, welches die teils monumentalen Herausforderungen ihrer Partien souverän auf ihren Schultern trug. Magnus Vigilius sang den Stolzing mit klarem und vor allem zum Schluss fast schon heldenhaftem Tenor. Zwar ohne Schwert aber dafür mit umso stärkerer Stimme kämpfte er innbrünstig um seine Eva. Seine Texte dichteten makellos die Stollen und segelten ausdrucksvoll durch Wagners kunstvolle Poeterei. Auch Tobias Schabels Sachs meisterte die Monologe seiner Rolle mit klarem, wohl klingendem Bass. Vor allem im textlich kontroversen Schlussmonolog packte er nochmal all seine Kräfte aus und stemmte seine Stimme in Wagners zauberhaftem vierstimmigen Kontrapunkt eindrucksvoll in den Saal!
Einen deutlichen Achtungserfolg lieferte Cornel Frey als David, der die Rolle des Lehrlings keck wie humorvoll über die Bühne brachte. Mit viel spaßiger Singkraft in den Höhen amüsierte er das Publikum und stellte den Ruf von Wagners einziger nicht tragischer Oper als Komödie bestens unter Beweis! Gabor Bretz’ königlich bärenstarker Bass resonierte als Vater Pogner souverän im Saal, während Bo Skovhus seinen Witzfigur-Beckmesser routiniert als Stolzings Advocatus diaboli glänzen ließ. Auch aus den Reihen der restlichen Meistersinger stiegen immer wieder einige Spitzenleistungen empor, als wäre das ein Wettsingen und den nächsten Sachs und Stolzing…
Zum Highlight des Abends wurde Polina Pasztircsáks Eva. Völlig entfesselt strahlte ihr leuchtender Sopran in der von Wagner viel zu klein gehaltenen Rolle zwischen den sehr zahlreichen Tenören und Bässen dieser Oper hervor, ihre Liebe zu Stolzing spürte man mit jeder Silbe des Textes in musikalischen Herzen blühen! Auch Erika Gál erhob die Magdalena mit präsentem, doch rund und klar klingenden Mezzo deutlich aus dem Schatten der auch ihr leider sehr wenigen zugewiesenen Töne und stellte sich musikalisch deutlich an die Spitze der allesamt herausragenden Gesangsbesetzung.
Der wohl einzig richtigen Choroper Wagners stand mit den Sängern des Ungarischen Rundfunk und Nationalchor ein bravourös besetzter Chor zur Stelle. Aus allen Seiten und Rängen des Saales schwebte ihr souveräner Klang wie durch die Kirchenschiffe eines prächtigen Doms. Besonders der „Wach auf“ Chor thronte mächtig über Solisten und Orchester, freudestrahlend schallten die Stimmen in die Ohren des Publikums.

Mit dieser lebendigen, musikalische exzellenten Meistersinger-Aufführung festigten sich Ádám Fischers Budapester Wagner-Days an der Spitze der internationalen Opernliga. Letztes Jahr sagte der Dirigent in einem Interview, er leitet sein Festival gerne weiter, „solange man ihn dort noch haben will.“ Das Publikum fällte heute ein eindeutiges Urteil: Ádám Fischer lebe lang!
Johannes Karl Fischer, 29. Juni 2025 für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at
Richard Wagner, Die Meistersinger von Nürnberg Müpa Budapest, Béla Bartók Saal, 26. Juni 2025
Johannes Karl Fischer im Interview mit Ádám Fischer – Teil 2 klassik-begeistert.de, 27. April 2024