Richard Wagners "Siegfried" in Lettland läßt aufhorchen

Richard Wagner „Siegfried“ / Konzertant  Cēsis Art Festival 2023

(Foto: Anete Rudmieze; v.l.n.r.: Andreas Conrad (Mime), Armands Siliņš (Alberich), Anna Larsson (Erda), Oliver Zwarg (Wanderer), Tarmo Peltokoski (Dirigent), Vida Miknevičiūtė (Brünnhilde), Michael Weinius (Siegfried), Kristīne Gailīte (Waldvögel), Timo Riihonen (Fafner), Ilze Sprancmane (Casting Direktorin)

Eine starke musikalische Leistung unterhalb des Radars der beachteten Sommerfestivals in Europa – ein konzertanter Mitschnitt, der klassik-begeistert.

Richard Wagner „Siegfried“ / Konzertant

Siegfried – Michael Weinius
Brünnhilde – Vida Miknevičiūtė
Wanderer – Oliver Zwarg
Erda – Anna Larsson
Mime – Andreas Conrad
Fafner – Timo Riihonen
Alberich – Armands Siliņš
Waldvogel – Kristīne Gailīte
Latvian National Symphony Orchestra

Dirigent: Tarmo Peltokoski


von Patrik Klein

Der Link zum Audiomitschnitt:

Riharda Vāgnera operas „Zīgfrīds“ koncertiestudējums Cēsu Mākslas festivālā / LR3 / / Latvijas Radio (lsm.lv)

Man kann sie im Moment im TV, Livestream, im Kino oder auf Konserve in der Medienlandschaft entdecken, sie genießen, sie kopfschüttelnd abschalten oder trefflich mit anderen über sie streiten: die Übertragungen der sommerfestlichen Premieren in Bayreuth, Salzburg, Verona oder wo auch immer.

Manchmal, so will es das Schicksal, der Zufall oder die gezielte Suche, geraten einem musikalische Schätze in die Hand, die erstrahlen vor musikalischer Qualität und ein vergnügt genüssliches Konsumieren zur Folge haben. Die konzertante Audioaufnahme des Siegfried von Richard Wagner in Lettland vor ein paar Wochen ist so ein Beispiel.

Dreiundzwanzig Jahre alt ist er, Tarmo Peltokoski heißt der blutjunge finnische Dirigent aus der Talentschmiede der Sibelius-Akademie in Helsinki, wo auch Esa-Pekka Salonen, Jukka-Pekka Saraste, Klaus Mäkelä und viele andere Stars am Pult ausgebildet wurden. Vor ein paar Monaten konnte man ihn auch erstmalig in der Elbphilharmonie Hamburg hören, als er mit der Kammerphilharmonie Bremen Schostakowitsch mit Asmik Grigorian und Matthias Goerne zum Besten gab. Das Publikum im ausverkauften Haus quittierte den Abend mit wahren Jubelsalven.

Foto: Anete Rudmieze; Dirigent Tarmo Peltokoski und Vida Miknevičiūtė als Brünnhilde im Hintergrund beim Schlussapplaus

Innerhalb des Cēsis Art Festival 2023 gab es nun mehrere konzertante Aufführungen des Siegfried mit einer namhaften Schar an internationalen Solisten. Die Aufnahme stammt vom 29. Juli 2023 und wurde im „Konzertsaal Cēsis„, der Stadt im Norden Lettlands aufgezeichnet.

Dieser Dirigent lässt bei der Aufnahme aufhorchen: Selten habe ich einen solchen transparenten, luftigen und dynamischen Klang vernommen. Das Tempo ist zügig bis atemberaubend aufregend und an vielen Stellen denkt man, das hat man so noch nie gehört. Das Latvian National Symphony Orchestra folgt seinen Klangvorstellungen mit äußerster Präzision, Wucht aber auch mit vielen kammermusikalischen Feinheiten. Der Übergang zur Erweckung Brünnhildes „Heil Dir, Sonne, Heil Dir, Licht“ ließ mich mit prickelnden Schauern auf dem Rücken zurück. Nicht nur dort…

Die Solistinnen und Solisten machen durch die Bank einen hochkonzentrierten und erstklassigen Eindruck bis in die kleineren Partien. Explizit erwähnen sollte ich zwei Protagonisten, die aus dem Ensemble ganz besonders herausragen. Da ist zum einen der Titelheld Siegfried von Michael Weinius, dessen Verkörperung der Rolle keine Wünsche offen lässt. So fein differenziert phrasierend, exakt intonierend und gestaltend unterwegs hört man heutzutage im Opernbusiness kaum noch einen Heldentenor. Eine Empfehlung für Bayreuth stellt das allemal dar.

Und da ist zum anderen der Bass-Bariton des Hamburgers Oliver Zwarg, der in den letzten Jahren immer tiefer in die Rollen des deutschen dramatischen Faches eingetaucht ist. Als Wanderer gibt er ein neues Rollendebüt, welches aufhorchen lässt. Vor einigen Jahren hörte ich ihn bereits als erfolgreichen Hans Sachs in Wiesbaden. Weiterentwickelt hat sich die fokussierte, klangschöne Stimme mit eleganter Schwärze und einzigartigem Charakter. Auch hier kann man sich einiges für die Zukunft vorstellen.

Ein wenig von dem Jubel in Lettland nach dem Konzert bekommt man am Ende mit. Und denkt sich, warum war ich eigentlich nicht vor Ort? Aber diese Chance hat man 3. August 2024, wenn die Götterdämmerung im Fokus des Festivals stehen wird. Dirigent wird der dann 24jährige Tarmo Peltokoski sein.

Patrik Klein, 17. August 2023, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

Der Link zum Audiomitschnitt: Riharda Vāgnera operas „Zīgfrīds“ koncertiestudējums Cēsu Mākslas festivālā / LR3 / / Latvijas Radio (lsm.lv)

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert