Thielemann-Festtage mit den Wiener Philharmonikern

Wiener Philharmoniker Christian Thielemann Dirigent  Musikverein Wien, 17. Februar 2023

Foto: Christian Thielemann (links), klassik-begeistert-Autor Herbert Hiess

Jeunesse-Generalprobe

Arnold Schoenberg:  „Verklärte Nacht“ op. 4, Fassung für Streichorchester (1943)

Richard Strauss: Eine Alpensinfonie, op. 64

Wiener Philharmoniker
Christian Thielemann Dirigent

Musikverein Wien, 17. Februar 2023

von Herbert Hiess

Dies ist einmal kein Review im „klassischen Sinn“, sondern eher eine persönliche Darstellung der jüngsten Erlebnisse mit den Wiener Philharmonikern unter Christian Thielemann. Der Dirigent und das Orchester haben in der nächsten Zeit einiges vor – jetzt bis 26. Februar 2023 drei Konzerte im Wiener Musikverein und dann eine größere Tournee nach Frankfurt und in die USA.Thielemann ist heutzutage offenbar einer der ganz, ganz Wenigen, die tatsächlich Weltklasseformat haben und der die Wiener Philharmoniker zu absoluten Höchstleistungen anspornen kann.

Das Konzert am 19. Februar wird vom Kollegen Jürgen Pathy besucht und rezensiert; ich hatte das Vergnügen, einer Arbeitsprobe und einer Jeunesse-Probe beiwohnen zu können.

Bei der Arbeitsprobe und im ersten Teil wurde Schoenbergs „Verklärte Nacht“ einstudiert; hier war schon beeindruckend, dass der Maestro völlig auswendig probierte und erst die Partitur bei ein paar Korrekturen zur Hand nahm. Thielemanns Schlagtechnik ist mehr als souverän und dieses Meisterorchester folgte jedem Fingerzeig mehr als brillant.

Schoenbergs Werk wurde zuerst für Streichsextett komponiert und später für Streichorchester gesetzt; diese Fassung wurde 1917 uraufgeführt. Das Werk ist noch im spätromantischen Stil geschrieben und entwickelt sich von einem d-moll Motiv. Es basiert auf ein Gedicht von Richard Dehmel. Klangstilistisch erkennt man sowohl den späten Richard Strauss, Gustav Mahler und natürlich Schoenbergs Lehrer Alexander von Zemlinsky.

Höchst imposant, wie Thielemann und die Philharmoniker diese Partitur umsetzten. Rhythmisch hochkompliziert und mit äußerst komplexen Figuren und Läufen gesetzt; alles kein Problem für das Meisterorchester – sie machten aus diesem selten gespielten Werk ein Fest.

Bei Strauss „Alpensinfonie“ kommt richtige Nostalgie auf. Ich erinnere mich an den Oktober 2000, wo Thielemann das erste Mal mit dem Orchester in Berührung kam. Genau dieses Werk war da auch Programm und ich konnte bei den Proben anwesend sein und bewunderte dieses Klangerlebnis und wie souverän der Maestro mit den Leuten arbeitete.

Jetzt, nach fast 23 Jahren hat sich das Orchester völlig ausgetauscht und es sind von damals kaum noch Musiker vorhanden; trotzdem schaffte Thielemann auch hier ein Klangerlebnis der besonderen Art.

Das Werk ist bekanntermaßen extrem instrumentiert; es sind fast alle Instrumente vorhanden, die man sich vorstellen kann. Der Maestro schaffte es trotzdem, die Klangmassen so zu bändigen, dass man viele Stimmen hörte, die ansonsten untergehen.

Thielemann machte aus dieser Aufführung eine Bergtour der besonderen Art; von einer sanften Morgendämmerung zum brillanten Sonnenaufgang, vom Gebirgsfluss bis zu den Jagdhörnern war alles da. Ein enormer Gipfelsieg war hörbar und letztlich von der „Elegie“ bis zum Abstieg eine der berührendsten Abschiedsszenen von Strauss, die er ja so gern bei seinen Tondichtungen einsetzte.

In den fast 23 Jahren merkte man von Thielemann eine enorme Entwicklung, die seinen heuten singulären Status einfach nur bestätigt.

Und zum Schluss noch eine Anekdote, die – wenn sie nicht tatsächlich stattgefunden hat – gut erfunden ist:

Richard Strauss traf nach der Uraufführung bei einem Spaziergang in Bayern einen Komponistenkollegen. Er fragte ihn: „Na, wie hat Ihnen mein Werk gefallen?“ Der antwortete: „Ausgezeichnet, nur schade, dass Sie sich vor dem Gipfelsieg einen Bruch geholt haben“. (Anmerkung: Das Thema beim Gipfelsieg entspricht dem berühmten langsamen Satz von Bruchs g-moll Violinkonzert).

Herbert Hiess, 18. Februar 2023, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

Anton Bruckner: Symphonie Nr. 5 in B-Dur, Staatskapelle Dresden, Dirigent: Christian Thielemann Wiener Konzerthaus, 11. September 2022

Staatskapelle Dresden, Christian Thielemann, Anton Bruckner, Symphonie Nr. 9 d-Moll Musikverein Wien, Goldener Saal, 31. Mai 2022

Wiener Philharmoniker, Christian Thielemann, Camilla Nylund, Großer Musikvereinssaal Wien, 1. Mai 2022

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