Rosa Luftballons bei
L´elisir d´amore/Liebe macht blind

Gaetano Donizetti, L´elisir d´amore, Bayerische Staatsoper  18. Februar 2018

Foto: Wilfried Hösl (c)
Gaetano Donizetti, L´elisir d´amore, Bayerische Staatsoper

18. Februar 2018

Adina, Ekatrina Siurina
Nemorino, Pavol Breslik
Belcore, Andrei Bondarenko
Dulcamara, Ambrogio Maestri
Giannetta, Paula Iancic
Bayerisches Staatsorchester
Hammerklavier: Chad Kelly
Chor der Bayerischen Staatsoper
Statisterie der Bayerischen Staatsoper

von Maria Steinhilber

Wie verbringt das Münchner Kulturpublikum seine Sonntagnachmittage? Am besten in den rosa samtigen Sesseln der Bayerischen Staatsoper bei dem Melodrama Giocoso in zwei Akten. Einer der wichtigsten Belcanto Komponisten Gaetano Donizetti, verband artige Klänge einer Opera-Buffa mit einem Text von Felice Romani. Uraufgeführt wurde dieses Werk erstmals 1832 im Teatro alla Canobbiana in Mailand.

GELIEBT, GEHASST UND DREISECHSNULL: Ein virtuelles Opernerlebnis, das anlässlich des hundertsten Geburtstages der bayerischen Staatsoper in Angriff genommen wird. Mithilfe einer VR-Brille (=Virtual Reality) haben die Münchner zu den Opernfestspielen im Sommer die Möglichkeit, drei Minuten durch das Opernhaus zu reisen. Man erhält unverhoffte Einblicke in dieses prestigereiche Haus und zum krönenden Abschluss auch einen Applaus aus der Sicht der gefragtesten Sänger. Ein grandioses Abenteuer, nicht?

Um dieses Projekt in die Tat umsetzten zu können, wird überraschenderweise das Publikum aktiviert. Wir üben 30 Minuten Applaus. Drei Mal Standing-Ovation für den slowakischen Tenor Pavel Breslik und die Newcomer-Sopranisten des Opernstudios Paula Iancic. Und das vor (!) Vorstellungsbeginn. Somit sind die Erwartungen natürlich noch größer!

´Virtuell´ geht es weiter im Programm. Dass dieser Abend etwas Außergewöhnliches wird, ist mittlerweile bei allen angekommen. Die ´UHU´s´ (Publikum unter Hundert-zitiert nach Bayerische Staatsoper höchstpersönlich) toben.

Weiß-pulvrig glitzernd ist München vom Schnee verzaubert und die Kostüme von Falk Herold sind dem Wetter und dem überstandenen Karneval perfekt angepasst. Es glitzert, schillert, blinkt und lockt von jeder Ecke der Bühne. David Böschs Inszenierung ist im 21. Jahrhundert angekommen: Einem Videodreh entspricht die Vorstellung: Kopfhörer, Maschinen und Feuerwerke schmücken die Bühne.

Zwei Männer, so unterschiedlich in der Klangfarbe wie auch im sozialen Status: Nemorino und Belcore, Pavol Breslik und Andrei Bondarenko kämpfen um eine Frau im fliederfarbenen Kleid: Adina, dargestellt von der Sopranisten Ekaterina Siurina. Zum Spektakel gehört auch die junge Bäuerin, Sopran und Opernstudio-Mitglied Paula Iancic und der alte Medikus Dulcamara, Ambrogio Maestri Bariton.

Pavol Breslik ist der gekrönte Star des Abends. Er singt nicht nur herrlich ausdrucksvoll und beherrscht das als durchaus schwierig erklärte sotto voce (Anschwellen und Abschwellen der Stimme bei gefragten Passagen). Er spielt völlig frei auf der Bühne. Macht sie zu seinem Wohnzimmer. Er scheut weder Klettereien noch Striptease. Die UHUs erspähen seine Tattoos. Er ist perfekt für diese Rolle.

Sein Gegenspieler Belcore, Andrei Bondareko ist ihm stimmlich mehr als würdig und gibt einen herausragenden Rivalen.

Viel schillernder und ein Blickfang und Augenschmaus für das Publikum ist die Rolle der Giannetta, Paula Iancic. Die Bayerische Staatsoper weiß, wen sie sich ans Land zieht für das Opernstudio. Diese Rolle ist witzig und fesselnd. So auch die Sängerin. Das Publikum liebt solche Rollen und auch Paula Iancic hat einen Platz im Herz des Publikums ergattert.

Dulcamara ist für den verzweifelten und ´liebeskranken Kater´ Nemorino die erhoffte Rettung. Er verkauft diesem einen vermeintlichen Liebestrank, der eigentlich nur „Bordeaux“ ist, aber  heilen und jedes Übel lindern soll: Geldnot oder Knieprobleme. Neidvolle Blicke der UHUs.

Ambrogio Maestri – ein alter und tückischer Geschäftsmann. Seine Stimme trägt meilenweit. Überflügelt das Orchester. Ihn kann niemand kleinkriegen. Eine herrliche Wahl!

„Und ewig lockt das Weib“: Ekatrina Siurina gibt die Adina.

„Frauen sind merkwürdig“ singen die Männer. Erst liebt sie den Einen, dann den Anderen. Status und Geld generieren die vorherrschenden Entscheidungsprobleme. Selbst den weiblichen Zuschauern ist diese Rolle nicht sympathisch.

Keine leichte Partie für Ekatrina Siurina. Ihre Stimme aber setzt sich matriarchalisch durch, funkelt und glitzert mit der Bühne um die Wette.

Die Sympathie konstatiert: 1:0 für die Männer.

Am Schluss gibt es dann echte, keine eingeübten Standing Ovations und rosa Luftballons für alle. Die Münchner U-Bahnen sind auf einmal rosa gefärbt und die Message ist angekommen: Ehrlich währt am längsten, oder: Liebe macht blind?

Maria Steinhilber, 19. Februar
für klassik-begeistert.de

2 Gedanken zu „Gaetano Donizetti, L´elisir d´amore, Bayerische Staatsoper 18. Februar 2018“

  1. Wir kennenn seit längerer Zeit die zauberhafte junge Soprano Paula Iancic, die mit jeder Rolle eine schöne, unvergessliche Erinnerung hinterlässt.
    Dr. Matei Miko

  2. Neben Gewandschneidern, traditionellen Schuhmachern, einem Lederpunzierer, einem Schmied, einem historischen Brillenmacher, Marketenderinnen und Töpfern freuen sich die Besucher in diesem Jahr wieder auf Achim Häfner, den „Falkner der Herzen „, dessen Tiere man hautnah betrachten kann: Uhus, Falken und Bussarde, die bei den vielen Kids, die die Schauen gespannt verfolgen, den Atem stocken lassen, wenn sie fünf Zentimeter über deren Köpfe segeln.

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