Foto: (c) Monika Rittershaus
Staatsoper Hamburg, Pfingstmontag, 21. Mai 2018
Richard Wagner, Das Rheingold
von Leon Battran
Es knallt und dampft. Claus Guths „Rheingold“-Inszenierung fordert eine gute Portion Humor von ihrem Publikum ein. Wenn es gelingt, diesen aufzubringen, kann man diese Inszenierung aber gutheißen und genießen. Und man verzeiht auch die stellenweise sehr ironische Behandlung von Wagners Weltenmythos.
Wer ist verantwortlich für den leichten Einschlag ins Variété? Es ist der Halbgott Loge mit Macht über das Feuer. Das scheint für die Regie Grund genug, die Figur als Taschenspieler mit Stock und Zylinder und natürlich jeder Menge Pyrotricks und Knalleffekten auszustatten.
Auch die übrigen Charaktere sind mehr modern als mythisch gehalten. Die Götterfamilie gehört der „besseren Gesellschaft“ an, Donner und Froh sind als lächerliche Trottel im Muttersöhnchenlook dargestellt und lassen die Inszenierung dezent ins Klamaukige abrutschen.
Die Riesen treten als schmierige Gauner mit Goldkettchen auf, und die Rheintöchter kabbeln sich im Nachthemd auf einem überlebensgroßen Bett und hauen sich die Kissen um die Ohren, bis die Federn fliegen. Eine Krone, wie es sie im Fast-Food-Restaurant als Menüdreingabe gibt, soll Alberich Reichtum und Macht verheißen.
Wie gut sich diese Elemente zusammenfügen, sei dahingestellt. Die Bilder sprechen jedenfalls eine klare, eindrückliche Sprache, und die bewegten, lebhaft durchdramatisierten Szenen lassen keine Langeweile aufkommen. Vor allem lebt dieses Rheingold von der mitreißenden darstellerischen und unterm Strich auch gesanglich guten Leistung, bei der sich das Ensemble der Staatsoper Hamburg von seiner Schokoladenseite präsentierte.
Jürgen Sachers Loge ließ nicht viel zu wünschen übrig. Den Loge brachte er mit viel Präsenz, Charisma und feuriger Gewandtheit auf die Bühne. Der Tenor ist langjähriges Mitglied der Staatsoper.
Werner Van Mechelen verkörperte einen grandiosen Alberich. Mit seiner Spielfreude und seinem raumeinnehmenden Stimmvolumen scheint der Bassbariton wie geschaffen für die Rolle des Nibelungen. Das melodiös, ja lyrisch anmutende Werben um die Rheintöchter gelingt ebenso wie sein hässlich-schimpfendes Parlando.
Nicht minder durchdringend aber im Vergleich eher zurückgenommen wirkte Vladimir Baykovs Wotan. Der russische Bassbariton ist seit der Saison 2015/16 Ensemblemitglied und gab als Wotan sein Rollendebut. Sein Bariton tönt dunkel-sonor, war aber nicht in allen Registern gleichermaßen stark.
Eine fabelhafte Fricka gab die Sopranistin Katja Pieweck – kontrolliert, austariert und auf den Punkt gesungen. Eine herausragende Partie!
Auch Katerina Tretyakova, Jenny Carlstedt und Nadezhda Karyazina überzeugten jede für sich als Rheintöchter und harmonierten auch im Trio-Gesang nahezu perfekt miteinander. Eine stolze Darbietung trotz der eigenwilligen Choreographie.
Die Riesen charakterstark besetzt mit Denis Velev als Fasolt und Alexander Roslavets als Fafner. Gerade die attraktivere und ansprechendere Partie des Fasolt hätte noch etwas größer gesungen werden können.
Fragezeichen hinterließ Doris Soffel als Erda. Der kurze Auftritt wackelte gewaltig, und es fehlte der Bayreuth-erprobten Mezzosopranistin an Strahlkraft.
Das Philharmonische Staatsorchester musizierte meist auf einem guten Niveau. An donnernden Fortissimi mangelte es nicht, beizeiten wünschte man sich aber klarer herausgearbeitete Klanggruppen und mehr Präzision. So gerät das Vorspiel eher moderat, auch im zweiten Zwischenspiel scheint etwas die Luft raus zu sein. Zudem dirigierte Christof Prick mit annähernd 2 Stunden und 40 Minuten ein sehr langsames Rheingold.
Leon Battran, 22. Mai 2018, für
klassik-begeistert.de
Claus Guth Inszenierung
Christof Prick Dirigent
Vladimir Baykov Wotan
Kay Stiefermann Donner
Oleksiy Palchykov Froh
Jürgen Sacher Loge
Werner Van Mechelen Alberich
Thomas Ebenstein Mime
Denis Velev Fasolt
Alexander Roslavets Fafner
Katja Pieweck Fricka
Iulia Maria Dan Freia
Doris Soffel Erda
Katerina Tretyakova Woglinde
Jenny Carlstedt Wellgunde
Nadezhda Karyazina Floßhilde
Philharmonisches Staatsorchester Hamburg
Für mich war es keine gute Aufführung. Richtig die Kritik über Doris Soffel. Allerdings von einmal in Bayreuth im Jahre 1983 kann man nicht von einer erprobten Sopranistin (sie war nie eine Sopranistin, sondern Mezzosopranistin) schreiben.
Bernd Volmer