Krzysztof Warlikowski degradiert Verdis „Macbeth“ zur Freakshow

CD/Blu-ray Besprechung: Giuseppe Verdi, Macbeth  Klassik-begeistert.de, 25. Juli 2024

Blu-ray Besprechung:

Giuseppe Verdi
Macbeth

Vladislav Sulimsky
Asmik Grigorian

Wiener Philharmoniker

Unitel 810704

von Peter Sommeregger

Die Produktion von Verdis düsterer Shakespeare-Vertonung „Macbeth“ hatte bei den Salzburger Festspielen im August 2023 Premiere. Den seinerzeit großen Publikumserfolg kann man nun anhand der soeben erschienenen DVD-und Blu-ray- Veröffentlichung kritisch hinterfragen.

Der Inszenierung von Krzysztof Warlikowski, in den Bühnenbildern und Kostümen von Malgorzata Szczęśniak gelingt es, die Hypothek der überbreiten Bühne des großen Salzburger Festspielhauses sinnvoll zu nutzen. Spektakulär füllt eine überlange hölzerne Sitzbank die Bühnenbreite, Videoinstallationen und streckenweise parallel laufende Handlungsfäden sorgen für eine große atmosphärische Dichte.

Bereits früh geschieht in der Handlung der erste Mord, Blut ist von da an immer wieder auch optisch im Spiel. Leider reduziert Warlikowski die Handlung und ihre Inszenierung im Laufe des Abends immer mehr in Richtung einer Freakshow mit Untoten, vor allem gemordete Kinder werden symbolträchtig immer wieder gezeigt. Dabei begeht der Regisseur einen Fehler, denn der eine Kindermord an Bancos Sohn findet erst gar nicht statt, und der Tod von Macduffs Kindern wird von Macbeth befohlen, aber nicht auf der Bühne sichtbar ausgeführt. Warlikowski inszeniert die Vergiftung einer ganzen Kinderschar durch ihre Mutter, was man schnell als Reminiszenz an Magda Goebbels erkennt, das so aber sachlich falsch und damit als Effekthascherei erkennbar ist.

Mehr und mehr entgleitet der Inszenierung danach eine klare Linie, am Ende wird mehrfach gegen den Text inszeniert und die Szenerie versinkt in kryptischen Symbolismen.

Die Besetzung der Aufführung ist spektakulär, wie in Salzburg nicht anders zu erwarten. Asmik Grigorian, die hier vor Jahren als Salome ihren internationalen Durchbruch erlebte, ist nun als die treibende Kraft des Bösen eingesetzt. Vom Stimmtypus her ist sie für die Rolle eigentlich nicht geeignet, die bevorzugt von dramatischen Mezzos oder Hochdramatischen gesungen wird. Grigorians jugendlicher Sopran verfügt über eine schöne und sichere Höhe, die Spitzentöne gelingen ihr souverän, aber letzten Endes bleibt sie für die Rolle zu lyrisch. Ähnlich steht es um die beiden Bässe. Vladislav Sulimsky gibt dem Macbeth ein sehr persönliches, hoch sensibles Porträt, aber auch bei ihm vermisst man den dominanten Tonfall. Das gilt ebenso für den Sänger des Banco, Tareq Nazmi, der mehr Wohlklang als schwarze Basstiefe vernehmen lässt. Jonathan Tetelmans strahlender Tenor setzt dagegen als unglücklicher Macduff starke Akzente.

Der Rest des Ensembles ist durchaus befriedigend besetzt. Die Konzertvereinigung Wiener Staatsopernchor und die St. Florianer Sängerknaben bringen ihre Stimmen vorteilhaft ein.

Philippe Jordan steht am Pult der Wiener Philharmoniker, die in gewohnt perfektem Klang diese Musik voll ausmusizieren. Von Seiten des Dirigenten hätte man sich vielleicht ein bisschen mehr Feuer und Temperament gewünscht.

Peter Sommeregger, 25. Juli 2024, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

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